Wolodymyr Selenskyj und das ukrainische Volk erhalten in Aachen den Karlspreis. Olaf Scholz hielt die Laudatio.
Selenskyj in NRWVerleihung des Karlspreises in Aachen – Scholz beginnt Laudatio auf Ukrainisch
Mit gut einer Stunde Verzögerung hat am Sonntag im Krönungssaal des Aachener Rathauses die feierliche Verleihung des Karlspreises an den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj begonnen. Lange war unklar gewesen, ob Selenskyj dafür persönlich nach Aachen kommen würde.
Dann aber betrat er am Nachmittag den mittelalterlichen Saal, in dem die Gäste schon warteten - gemeinsam mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) war er zuvor aus Berlin nach Nordrhein-Westfalen geflogen. Bei seinem Eintritt in den Saal bekam Selenskyj Standing Ovations. Der Karlspreis für Verdienste um die europäische Einigung wurde dieses Jahr Selenskyj und dem ukrainischen Volk für ihre Verteidigung europäischer Werte bei der Abwehr des russischen Angriffskriegs zuerkannt.
Bundeskanzler Scholz und Selenskyj reisten gemeinsam nach Aachen
In der Begründung wurde die Rolle Selenskyjs bei der Abwehr des russischen Angriffskriegs hervorgehoben: Er sei nicht nur der Präsident seines Volkes und der Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee. Er sei „auch der Motivator, Kommunikator, der Motor und die Klammer zwischen der Ukraine und der großen Phalanx der Unterstützer“.
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Olaf Scholz begann seine Rede mit „Lieber Wolodymyr“ – und blieb demnach bei der Begrüßung per „Du“, die er am Sonntagmorgen erstmalig gewählt hatte. Der Bundeskanzler eröffnete seinen Vortrag auf Ukrainisch, mit einem Selenskyj-Zitat vom Morgen des russischen Angriffs. „Der Präsident ist hier, wir alle sind hier“, spielte Scholz auf den Willen zum Widerstand des ukrainischen Präsidenten kurz nach Beginn des Krieges an. „Augenblicklich war klar, das ukrainische Volk wird nicht weichen vor Russlands Gewalt“, so Scholz über die damalige Videoansprache Selenskyjs.
Scholz bezeichnete in seiner Laudatio die Verleihung des Karlspreises an den ukrainischen Präsidenten und sein Volk als Auftakt für das weitere Zusammenwachsen in Europa bezeichnet. „Die Ukraine ist Teil unserer europäischen Familie.“ In Aachen nannte der SPD-Politiker dabei neben der Ukraine auch die Staaten des Westlichen Balkans, Moldau „und perspektivisch auch mit Georgien“.
Olaf Scholz lobt in Laudatio Selenskyj und ukrainisches Volk
„Falls Wladimir Putin geglaubt hat, er könnte die ukrainische Nation mit Gewalt von ihrem Weg nach Europa abbringen, dann hat er - mit all seinen Panzern, seinen Drohnen und Raketenwerfern - nichts als das Gegenteil bewirkt“, sagte Scholz laut Redemanuskript.
„Ihr Freiheitswille und Ihre Widerstandskraft in dunkler Zeit spenden Hoffnung und Ihr Freiheitswille und Ihre Widerstandskraft in dunkler Zeit spenden Hoffnung und Inspiration weit über die Ukraine hinaus. An der Spitze des gesamten ukrainischen Volks verteidigen Sie die Werte, für die Europa steht.“ Den Karlspreis erstmals an einen Präsidenten und dessen Volk zu vergeben, nannte der Kanzler eine „außerordentlich kluge Entscheidung“. Beide leisteten unermessliches, ergänzte er. Scholz beendete seine Laudatio, wie er sie begann: Mit einem Zitat des Preisträgers. „Die Ukraine ist hier, die Ukraine ist Europa“, so Scholz.
Ursula von der Leyen erinnert an ihre erste Reise in die Ukraine nach Kriegsausbruch
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen würdigte in ihrer Rede Preisträger Selenskyj und das ukrainische Volk. „Sie kämpfen buchstäblich für Freiheit, Menschlichkeit und Frieden“, sagte sie am Sonntag in Aachen. Selenskyj habe den unbedingten Glauben, dass diejenigen, die für etwas kämpften, immer stärker seien als diejenigen, die anderen ihr Joch aufzuzwingen wollten. Sie erinnerte auch an ihre erste Reise in die Ukraine nach Kriegsausbruch. „Ich habe die Massengräber neben der Kirche gesehen, die dicht an dicht liegenden Leichensäcke“, sagte sie mit Blick auf ihren Besuch des Kiewer Vororts Butscha, der im Frühjahr 2022 von russischen Truppen besetzt war und wo später die Leichen Hunderter Zivilisten gefunden wurden.
„Ich werde niemals das Bild der unzähligen Kerzen vergessen“, betonte sie. Jede einzelne habe für das Leben eines Vaters, einer Mutter, eines Sohnes, einer Tochter, eines Bruders oder einer Schwester gestanden, das sinnlos ausgelöscht worden sei. „Lang lebe die Ukraine“, beendete von der Leyen ihren Vortrag.
Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki lobte Selenskyj als einen Verteidiger europäischer Werte. Er sei „ein großer europäischer Führer“, ein „Held“ und herausragender Staatsmann des 21. Jahrhunderts, sagte Morawiecki bei der Verleihung des Karlspreises. „Präsident Selenskyj ist ein Vorbild für jeden Politiker.“
Selenskyj bezeichnet Karlspreis als „große Ehre“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seine Auszeichnung mit dem Karlspreis als „große Ehre“ bezeichnet. Er stehe hier für die Ukrainerinnen und Ukrainer, die jeden Tag für ihre Freiheit und für die Werte Europas kämpften, sagte Selenskyj am Sonntag in seinem Dankeswort bei der Verleihung des Karlspreises im Krönungssaal des Aachener Rathauses. „Jeder von ihnen würde es verdienen, hier zu stehen.“
Selenskyj betonte, dass die Ukraine nichts lieber wolle als den Frieden - dieser könne in dem derzeitigen Konflikt aber nur mit einem Sieg gewonnen werden. Der Krieg in der Ukraine entscheide auch über das Schicksal Europas, weil es Russland darum gehe, die Geschichte der europäischen Einigung ungeschehen zu machen. Russland sei „zu jeder Grausamkeit und Gemeinheit fähig“. „Um Frieden als Erbe zu hinterlassen, müssen wir mit Ihnen zu dem Tag gelangen, wenn wir sagen können, dass wir diesen Krieg mit unserem gemeinsamen Sieg beenden“, so Selenskyj. (pst mit dpa)
Sehen Sie oben die Verleihung des Karlspreises im Livestream.