Annalena Baerbock hat in einem Statement wohl versehentlich vom Krieg des Westens mit Russland gesprochen. Die Aufregung ist groß.
Kriegserklärung an Russland?Statement von Annalena Baerbock bringt sie in Erklärungsnot
Eine Rede von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bringt Deutschland in diplomatische Erklärungsnot. Am Dienstagmittag sprach die Grünen-Politikerin vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Straßburg.
Dort würdigt sie ebenjene Institution, dafür gibt es Applaus. Hängen bleibt davon am Ende allerdings nichts. Es ist eine Nachfrage beziehungsweise die Baerbocks Antwort, über die nun diskutiert wird.
Annalena Baerbock spricht von „Krieg gegen Russland“
Was es denn noch brauche, Deutschland dazu zu bringen, endlich Panzer zu liefern, will ein britischer Parlamentsabgeordneter wissen. Baerbock wirkt etwas verärgert. Sie fordert den Zusammenhalt der westlichen Verbündeten ein. Sie beendet ihr kurzes, auf Englisch formuliertes Statement mit einem folgenschweren Satz: „Ja, wir müssen mehr tun, auch in Bezug auf Panzer. Das Wichtigste und Entscheidende ist, dass wir es gemeinsam tun – und nicht Schuldzuweisungen machen in Europa. Denn wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander.“
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Ein Krieg gegen Russland? Und wen meint die deutsche Außenministerin mit „wir“? Diese Fragen werden seither heiß diskutiert. Denn bislang bestreiten die Spitzen-Politiker der EU und Nato seit Beginn dieses Krieges, selbst Kriegspartei zu sein.
Auswärtige Amt korrigiert Aussage von Annalena Baerbock
Das Auswärtige Amt hat das offensichtlich verrutschte Statement inzwischen kommentiert und zurückgerudert. „Die Ukraine dabei zu unterstützen, ihr in der UN-Charta verbrieftes individuelles Selbstverteidigungsrecht gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auszuüben, macht Deutschland nicht zu einer Konfliktpartei“, erklärte das Ministerium in der „Bild“.
Auf Twitter tobt indes eine Debatte, in der vor allem aus dem rechten Lager immer wieder das Wort „Kriegserklärung“ fällt. Maximilian Krah, der für die AfD im Europaparlament sitzt, schreibt auf Twitter: „Was ist das anderes als eine Kriegserklärung?“.
Aussage von Annalena Baerbock geht viral – und löst unsachliche Debatte aus
Dass Annalena Baerbock in Straßburg natürlich keine Kriegserklärung abgegeben hat, geht in der zu großen Teilen unsachlich geführten Debatte auf dem Kurznachrichtendienst unter. Am Ende ist Baerbock schlicht ein Fehler unterlaufen.
Tatsächlich ist es auch nicht der erste Versprecher dieser Art. Karl Lauterbach sprach im Oktober auf Twitter davon, wir seien „im Krieg mit Russland“. Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte noch vor seiner Vereidigung, dass Deutschland „indirekt“ am Krieg in der Ukraine beteiligt sei.
Aus Sicht des Kreml macht sich der Westen durch die Lieferung von Panzern zunehmendem zur Kriegspartei. „Alles, was die Allianz und die von mir erwähnten Hauptstädte (Europas und der USA) tun, wird in Moskau als direkte Beteiligung am Konflikt aufgefasst“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag in Moskau nach einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Interfax. Diese Rhetorik ist indes nichts Neues: Der Kreml hat bereits in der Vergangenheit nach Ankündigungen von neuen Waffenlieferungen von einem Krieg der NATO mit Russland gesprochen.
Waffenlieferungen bedeuten keine Kriegsbeteiligung
Völkerrechtler widersprechen hier eindeutig. Sie sind sich einig, dass Waffenlieferungen an eine Kriegspartei grundsätzlich keine Kriegsbeteiligung bedeuten. Die Ausbildung ukrainischer Soldaten auf Nato-Territorium sehen Experten in einer Grauzone.
Bundeskanzler Olaf Scholz betonte am Mittwochabend im ZDF noch einmal, dass sich Deutschland nicht aktiv am Krieg beteilige. „Es darf keinen Krieg zwischen Russland und der Nato geben“, so Scholz.