AboAbonnieren

„Bereitschaft, sich einzubringen“Immer mehr syrische Flüchtlinge werden deutsche Staatsbürger

Lesezeit 3 Minuten
Eingebürgert: Immer mehr Syrerinnen und Syrer haben in den letzten Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen.

Eingebürgert: Immer mehr Syrerinnen und Syrer haben in den letzten Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen.

Syrer waren in den letzten Jahren die größte Gruppe unter den neu Eingebürgerten. Experten sehen darin einen Ausdruck des Integrationswillens.

Der Integrationsexperte Hans Vorländer sieht in der hohen Zahl der Syrer mit neuer deutscher Staatsbürgerschaft einen Ausdruck des Willens zur Integration in den Arbeitsmarkt und die deutsche Gesellschaft. Es zeige sich „auch die Bereitschaft, die Sprache zu lernen und sich in die Bundesrepublik Deutschland durch die Einbürgerung auch politisch und partizipativ einzubringen“, sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR) bei der Vorstellung des SVR-Integrationsbarometers am Dienstag in Berlin.

Für viele Syrerinnen und Syrer ist Deutschland durch das Erlangen der deutschen Staatsbürgerschaft längst auch rechtlich zu ihrer dauerhaften Heimat geworden. Seit 2021 sind sie die größte Gruppe unter den neu Eingebürgerten in Deutschland. Dabei haben Syrer davor lange nur einen sehr kleinen Teil der Einbürgerungen ausgemacht. Im Jahr 2015 erhielten rund 2000 Syrer die deutsche Staatsangehörigkeit, im Jahr 2020 waren es 6700. 2021 stieg die Zahl dann erstmals sehr rasant auf mehr als 19.000 an. Im Jahr 2023 wurden mehr als 75.000 Syrerinnen und Syrer eingebürgert.

Fast 183.000 eingebürgerte Syrer seit 2000

Seit dem Jahr 2000 und bis Ende 2023 erhielten insgesamt fast 183.000 Syrer die deutsche Staatsbürgerschaft, davon mehr als 163.000 allein seit dem Jahr 2015, in dem erstmals Hunderttausende syrische Geflüchtete in Deutschland ankamen. Die Zahl der Einbürgerungen dürfte zunächst auch weiter ansteigen: Bis Juni dieses Jahres konnten Ausländer im Normalfall nach acht Jahren Aufenthalt in Deutschland eingebürgert werden, seitdem ist das schon nach fünf Jahren möglich.

Dazu müssen sie unter anderem ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können, dürfen nicht wegen einer Straftat verurteilt worden sein, müssen ausreichende Deutschkenntnisse vorweisen und einen Einbürgerungstest bestehen.

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums lebten mit Stand 31. Oktober 2024 etwas mehr als 974.000 Menschen mit syrischer Herkunft in Deutschland. Die Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, Juliane Seifert, sagte, nach Deutschland geflohene Syrer verfügten über überdurchschnittliche hohe Bildungsabschlüsse, es gebe mittlerweile viele syrische Ärzte in Deutschland.

Darauf verwies auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Auf X schrieb er: „In Deutschland arbeiten derzeit mehr als 6000 Ärzte aus Syrien. Sie sind voll integriert und für die Versorgung unabkömmlich.“ Lauterbach warnte vor einer „parteipolitische(n) Wahlkampfdebatte für schnellstmögliche Abschiebungen“.

Syrer in Deutschland: Hofreiter gegen „populistische Abschiebedebatte“

Der Grünen-Politiker und Vorsitzende des Europa-Ausschusses des Deutschen Bundestags, Anton Hofreiter, sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Anstatt eine populistische Abschiebedebatte zu führen, muss Deutschland verantwortungsvoll vorgehen. Wir müssen Syrien stabilisieren.“

Hofreiter warb für eine konstruktive Rolle Deutschlands und seiner Partner, um das Land beim Übergang zu unterstützen. „Wir verfügen über umfangreiche Erfahrungen im Bereich friedensbildender Maßnahmen, die es jetzt einzubringen gilt. Im besten Falle entwickelt sich Syrien zu einer Demokratie und wird in dieser schwierigen Region ein Verbündeter“, sagte Hofreiter. „Wenn Syrien in Zukunft ein Partner im Nahen Osten werden soll, müssen wir Syrerinnen und Syrern auf Augenhöhe und mit Respekt begegnen. Auf ihrem Rücken Bundestagswahlkampf zu machen, ist nicht nur inhuman. Es ist auch geopolitisch unklug.“