Nach wochenlangem Machtkampf hat sich Donald Trump gegen den Rat seines Buddies Elon Musk für einen konventionellen Finanzminister entschieden.
Gegen Elon Musks EmpfehlungDer graumelierte Kassenwart in Trumps Clown-Kabinett
Der Rat von Elon Musk war eindeutig. „Meiner Meinung nach wäre Scott Bessent eine Business-as-usual-Wahl, während Howard Lutnick echte Veränderung bewirken würde“, hatte der reichste Mann der Welt vor acht Tagen Donald Trump gewarnt. Um seinem Einspruch die nötige Wucht zu verleihen, postete Musk ihn für seine 200 Millionen Follower auf der Plattform X und setzte hinzu: „Business as usual hat Amerika in den Bankrott getrieben. Wir brauchen Veränderung.“
Doch Trump ignorierte die Belehrung: Drei Stunden nach Börsenschluss gab er am Freitagabend die Nominierung des Hedgefonds-Managers Bessent zum neuen US-Finanzminister bekannt. Der düpierte Musk verkniff sich öffentlich eine Reaktion. Doch das Grummeln in den rechten Echokammern des Netzes war hörbar. „Der Sumpf wird nicht ausgetrocknet“, empörte sich etwa der Neonazi Nicholas Fuentes, der die Kandidatur Trumps anfangs heftig unterstützt und von diesem hofiert worden war.
Ein Bekannter von König Charles III.
Tatsächlich erscheint Bessent, ein graumelierter 62-Jähriger mit randloser Brille, im schrillen Panoptikum des Kabinetts auf den ersten Blick wie ein Fremdkörper. Der Sohn eines Immobilienmaklers hat an der Elite-Universität Yale studiert, sein Geld an der Wall Street gemacht, mehr als ein Jahrzehnt für den im Trump-Lager verhassten Investor und Philanthropen George Soros gearbeitet, ist mit dem britischen König Charles III. persönlich bekannt - und außerdem schwul. Mit seinem Ehemann hat er zwei Kinder. Während andere Minister als Fernseh-Quacksalber oder Wrestling-Darstellerin auf sich aufmerksam machten, gilt Bessent als anerkannter Währungsexperte.
Doch die Zeiten, in denen der Hedgefonds-Manager Geld für Barack Obama und Hillary Clinton spendete, sind lange vorbei. Nach Trumps Wahlsieg 2016 schwenkte er ganz auf dessen Kurs ein und schickte dem Politiker erstmals einen Scheck. Im Wahlkampf 2024 sammelte er Millionenbeträge für Trumps Kampagne. Demonstrativ warb Bessent bei Fernsehauftritten für die Trump-Agenda, trat für Zölle, niedrigere Unternehmenssteuern und die Entmachtung von Zentralbankchef Jerome Powell ein. Bald wurde er zum Wirtschaftsberater des Kandidaten. „Er ist einer der brillantesten Männer an Wall Street“, schwärmte Trump bei einer Kundgebung im August und setzte anerkennend hinzu, Bessent sehe aus wie „central casting“ - eine Hauptbesetzung beim Film.
Game of Thrones in Mar-a-Lago
So galt der Hedgefonds-Manager früh als Favorit für den wichtigen Finanzministerposten. Doch hinter den dichten Hecken von Trumps Anwesen Mar-a-Lago entspann sich zuletzt ein regelrechter Machtkampf. Von einem „Game of Thrones voller Spannungen, persönlicher Feindseligkeiten und Wendungen in der letzten Minute“ schreibt das „Wall Street Journal“, das die Ereignisse nachrecherchiert hat. Ein Teil der Trump-Berater äußerten intern massive Vorbehalte gegen den Frontrunner, weil dieser für Soros gearbeitet und Trumps Lieblingsidee pauschaler Sanktionen gegen Produkte aus dem Ausland relativiert hatte.
Im Wahlkampf hat Trump Zölle von 20 Prozent auf alle Importe angekündigt. Für Einfuhren aus China soll der Satz bei 60 Prozent und für Autos aus Mexiko gar bei 200 Prozent liegen. Bessent deutete an, dass der künftige Präsident diese Drohungen vor allem als Druckmittel einsetzen wolle: „Ich glaube, das er eigentlich ein Freihändler ist. Er eskaliert, um zu deeskalieren“, sagte er in einem Interview. „Präsident Trump hat einige sehr gute Ideen“, relativierte er in einem anderen: „Aber das letzte was er will, ist die Inflation anheizen.“
Lebenslauf mit rechten Schönheitsfehlern
Offenbar stand die Personalie danach in Mar-a-Lago auf der Kippe. Trump erwog ganz neue Kandidaten, holte sich Rat an der Wall Street ein - und entschied sich dann doch für Bessent. Sein künftiger Finanzminister sei „seit langem ein starker Befürworter der America-First-Agenda“ lobte er in seiner Erklärung. Offenbar hatte Trump gleichwohl das Gefühl, den Lebenslauf des Yale-Absolventen und Ex-Soros-Investmentbankers für seine Basis etwas schönen zu müsen. Wegen der prekären finanziellen Lage zuhause habe Bessent „schon als Neunjähriger seinen ersten Sommer-Job“ annehmen müssen, behauptete er. Im übrigen sei Bessent immer ein „Vorkämpfer der Main Street“ gewesen - also der kleinen Leute gegen das Großkapital.
Tatsächlich verhökert der Milliardär gerade für 22 Millionen Dollar eine prächtige Kolonialvilla in Charleston, die er vor acht Jahren für ein Drittel des Preises gekauft hatte. In der neuen Regierung wird er die zentrale Rolle besetzen: Der Finanzminister soll die von Trump angekündigten Steuersenkungen durchbringen, die Verhandlungen mit China leiten sowie Deregulierungen und Privatisierungen vorantreiben. Schon im Januar muss er einen Weg finden, trotz aller Lippenbekenntnisse zur Haushaltsdisziplin den Schuldendeckel erneut anzuheben, ohne die Börsen zu verschrecken.
Die Entwicklung der Aktienkurse nämlich sieht Trump als Gradmesser seines Erfolges. Das erklärt, weshalb er beim Finanzressort - ganz anders als bei den Kabinettsposten, die den Verwaltungsstaat zerstören sollen - auf eine konventionelle Lösung setzt. Anscheinend, kommentierte die „Washington Post“, gebe es doch „eine Sache, die Trump einschüchtert: die Märkte“.