Donald Trump hat mit Wladimir Putin telefoniert – und Europa spielt keine Rolle. Die Reaktionen fallen auch in Deutschland eindeutig aus.
Entsetzen nach Ukraine-Telefonat„Putin und Trump beenden die demokratische Weltordnung“
![Donald Trump im Gespräch mit Wladimir Putin. (Archivbild)](https://static.ksta.de/__images/2025/02/02/71d8a221-1179-429c-8603-4bb29553aee1.jpeg?q=75&q=70&w=2000&h=1126&fm=jpeg&s=ecc97bca128139c88a34d6f27902d206)
Donald Trump im Gespräch mit Wladimir Putin. (Archivbild)
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Er hatte es angekündigt: Donald Trump hat mit Kremlchef Wladimir Putin telefoniert und den „unverzüglichen“ Beginn von Verhandlungen über die Ukraine verkündet. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wurde unterdessen lediglich nachträglich, so erklärte es Trump, über das Telefonat des US-Präsidenten mit Moskau informiert.
Während es bei Trump klang, als sei Frieden in der Ukraine damit so gut wie sicher, reagierte die zunächst übergangene Ukraine deutlich verhaltener: „Wir haben lange über mögliche Wege zur Erreichung von Frieden gesprochen“, erklärte Selenskyj am Mittwoch im Onlinedienst X. Trump habe ihn in dem „langen“ und „sehr gehaltvollen“ Gespräch zudem über „Einzelheiten seines Gesprächs mit Putin“ unterrichtet, fügte Selenskyj an.
Ukraine drängt bei Donald Trump auf „gerechten Frieden“
Der Chef der ukrainischen Präsidialverwaltung, Andrij Jermak, ergänzte, Selenskyj habe „den Standpunkt der Ukraine bekräftigt, nämlich, dass es wichtig ist, dass dieser Krieg mit einem gerechten Frieden endet“. Doch genau dieses Ziel droht nun aus dem Blickfeld zu geraten.
Vor Trumps Telefonat mit Putin hatte bereits der neue US-Verteidigungsminister Pete Hegseth für wenig Optimismus in Kiew gesorgt. So hatte Hegseth erklärt, dass es wohl keinen Nato-Beitritt für die Ukraine geben werde, auch, dass Kiew die von Russland besetzten Gebiete zurückerlange, sei „unwahrscheinlich“, so der US-Minister.
EU-Außenminister fordern Beteiligung an Verhandlungen
Damit aber nicht genug: Die europäische Sicherheit sei fortan nicht mehr die Priorität der USA, erklärte Hegseth, und deutete an, dass Europa einen möglichen Verhandlungsfrieden in der Ukraine militärisch absichern müsse – und nicht die USA.
Auch in Trumps anschließendem Telefonat und den dort besprochenen Plänen waren keine europäischen Vertreter eingebunden. „Die Ukraine und Europa müssen Teil jeglicher Verhandlungen sein“, erklärten die Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Polens, Großbritanniens, Spaniens, Italiens sowie der Europäische Auswärtige Dienst und die EU-Kommission am Mittwochabend dementsprechend eilig in einer gemeinsamen Mitteilung.
Die Minister ließen auch die Bereitschaft zu zusätzlicher Verantwortung für die Ukraine erkennen und kündigten an, die Unterstützung für das Land verstärken zu wollen. „Es kann keine Entscheidungen über die Ukraine ohne die Ukraine geben“, bekräftigte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock den Kurs der EU. Ob diese Rufe auf offene Ohren in Washington und Moskau treffen werden, bleibt jedoch offen.
Scharfe Kritik an Europas Ukraine-Politik: „Wir stehen blank da“
Überraschend komme die Ausbootung Europas nämlich nicht, kritisierten Experten am Mittwochabend schnell. „Wir stehen blank da. So wie wir drei Jahre lang keine Strategie für diesen Krieg hatten, haben wir jetzt keine Strategie für die Zeit danach“, kritisierte Carlo Masala, Professor der Münchner Bundeswehr-Universität.
Der Militärexperte rechnet nicht damit, dass Trump und Putin die Europäer einbinden werden. „Sie werden das Ergebnis akzeptieren müssen.“ Zudem könnten Trump und Putin nun auch über die Köpfe der Ukrainer hinweg entscheiden, erklärte Masala. „Putin wird von daher diesen Krieg gewonnen haben. Er hat erreicht, dass die Amerikaner sich aus diesem Konflikt zurückziehen.“
„Europa trägt Mitverantwortung für beschissene Lage“
„Europa trägt die Mitverantwortung für die beschissene Lage der Ukraine. Trump gibt Tempo und Richtung vor, weil wir die vergangenen Monate nicht genutzt haben, um die Ukraine in eine stärkere Verhandlungsposition zu bringen“, kritisierte auch SPD-Außenpolitiker Michael Roth das für Europa ernüchternde Telefonat zwischen Trump und Putin. „Ukrainische und europäische Interessen drohen unter den Tisch zu fallen“, fügte Roth an.
Auch CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen schlug in die gleiche Kerbe. „Es war immer klar, dass es so kommen könnte“, schrieb Röttgen auf der Plattform X. „Trotzdem wurde in Europa nicht gehandelt, um die Ukraine in eine Position der Stärke zu bringen. Jetzt verhandeln Trump und Putin, von der Teilnahme der Ukraine ist nicht die Rede“, führte Röttgen aus.
Kremlkritiker wütend: „Putin ist ein Massenmörder“
Das Vorgehen Washingtons sorgt unterdessen auch bei russischen Kremlkritikern für Empörung. „Trumps Telefonat mit Putin beachtet nicht die Tatsache, dass Russland diese grundlose Invasion begonnen hat und dass Putin sie jeden Tag fortsetzt und das Töten jederzeit beenden könnte“, schrieb der ehemalige Schachweltmeister und nunmehrige Kremlkritiker Garri Kasparow.
„Putin ist ein Kriegsverbrecher, ein Massenmörder, der immer noch auf freiem Fuß ist“, fügte er an. „Ihn zu normalisieren ist abscheulich“, hieß es weiter über Trumps Kurs, der auch persönliche Treffen mit Putin angekündigt hat.
„Alles, was die USA seit 1945 erreicht haben, droht zusammenzubrechen“
Ähnlich ernüchtert zeigen sich auch deutsche Russland-Experten. „Im Kreml knallen die Sektkorken. Putin und Trump beenden die demokratische Weltordnung“, sagte der Historiker und Russland-Experte Matthäus Wehowski dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Donnerstag. „Alles, was die USA seit 1945 erreicht haben, droht zusammenzubrechen“, fügte Wehowski an.
„Es ist erschreckend zu sehen, wie unser Oberbefehlshaber sich so leicht von einem der Hauptgegner Amerikas manipulieren lässt“, schrieb auch die demokratische US-Senatorin Tammy Duckworth über den Kurs des US-Präsidenten, der seit Jahren immer wieder öffentlich von Putin und seiner guten Beziehung zum Kremlchef geschwärmt hatte. Auch bei den amerikanischen Trump-Kritikern wie Duckworth lautet das Fazit vorerst: „Putin hat Trump genau da, wo er ihn haben will.“ (mit afp)