AboAbonnieren

FBI veröffentlicht Kreml-Dokumente„Mit allen Mitteln“ für die AfD – Putins Geheimplan für Deutschland enthüllt

Lesezeit 5 Minuten
Kremlchef Wladimir Putin bei einem Wirtschaftsforum in Wladiwostok.

Kremlchef Wladimir Putin bei einem Wirtschaftsforum in Wladiwostok.

Ein FBI-Dossier liefert Informationen über russische Geheimoperationen in Europa. Deutschland steht in Moskau besonders im Fokus.

Russland hat Deutschland und andere europäische Länder mit geheimer psychologischer Kriegsführung attackiert und dabei gezielt die AfD unterstützt, das geht aus einem Dossier der amerikanischen Sicherheitsbehörde FBI hervor. Demnach hat Moskau eine „Kampagne zur Manipulation“ deutscher, französischer und britischer Politiker, Geschäftsleute, Journalisten und Influencer durchgeführt, wie „Politico“ berichtet. Zum Ziel hatte die Operation laut dem FBI-Bericht, die europäischen Gesellschaften zu spalten, die USA zu diskreditieren und die Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine zu untergraben.

In Deutschland sollte den Dokumenten zufolge explizit die AfD „mit allen Mitteln“ unterstützt werden. Dabei sollten mit gefälschten Inhalten AfD-Politiker als „Märtyrer, die für die Demokratie und die nationalen Interessen Deutschlands leiden“ inszeniert werden. Der Kreml war in die Geheimoperation demnach bis auf höchste Ebene involviert. Laut FBI war mit Sergei Kirijenko einer der engsten Mitarbeiter von Wladimir Putin eingebunden. Kirijenko, stellvertretender Leiter der Präsidialverwaltung, wird mitunter auch als „Putins rechte Hand“ bezeichnet.

FBI enthüllt: Russland unterstützt AfD „mit allen Mitteln“

Das FBI stützt seine Untersuchung auf eine ganze Reihe russischer Dokumente, Memos und Protokolle von geheimen Sitzungen zur psychologischen Kriegsführung gegen den Westen. Am Mittwoch hatte die US-Regierung zwei russische Staatsbürger angeklagt und mehr als 30 Internet-Domains beschlagnahmt, die zur Manipulation der kommenden US-Wahl im November eingesetzt worden seien. Im Zuge der Anklageerhebung war das 277 Seiten starke FBI-Dossier öffentlich geworden – und damit auch die Informationen über die gegen Deutschland gerichteten russischen Geheimoperationen.

Wladimir Putin mit seiner „rechten Hand“, Sergei Kirijenko. (Archivbild)

Wladimir Putin mit seiner „rechten Hand“, Sergei Kirijenko. (Archivbild)

Die Anweisungen darin sind eindeutig: Über Beiträge bei X, Facebook, Telegram und Co. sollen in großer Zahl anti-amerikanische und anti-ukrainische Botschaften verbreitet werden. Ziel der Kampagne sei es, „beim Publikum rationale und emotionale Reaktionen hervorzurufen“, zitiert das FBI aus einem russischen Dokument. Als Beispiele werden zwei Botschaften aufgeführt: „Warum müssen WIR der Ukraine wirklich helfen?“ und „Die Amerikaner sind solche Drecksäcke!“

Doppelgänger-Webseiten für Moskaus Märchen

Für die Verbreitung dieser Propaganda sind laut FBI aber nicht nur massenhaft Fake-Accounts zum Einsatz gekommen, sondern auch gefälschte Webseiten, deren zu diesem Zweck angefertigte „Artikel“ wiederum bei Facebook, X und Co. verbreitet wurden. Bereits 2022 hatte eine Recherche von ZDF und t-online russische Einflussversuche mittels gefälschter Webseiten aufgedeckt.

Dabei werden die Seiten bekannter Nachrichtenportal optisch kopiert, um einen seriösen Eindruck zu erwecken und gleichzeitig Fake-News zu verbreiten. Die Operation wurde als „Doppelgänger“-Kampagne bekannt. In Deutschland waren neben „t-online“ auch der „Spiegel“, „Bild“, „Welt“, die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ sowie die „Süddeutsche Zeitung“ von den Fakes betroffen.

„In zweiter Linie müssen wir die Deutschen überzeugen“

Auch aus den nun veröffentlichten FBI-Dokumenten geht hervor, dass Deutschland im Fokus der russischen „Psy-Ops“ steht, wie psychologische Kriegsführung auch genannt wird. „Die Deutschen sind abhängiger als die Franzosen“, notierten die russischen Hinterleute in den Unterlagen. Ein internes Memo, aus dem das FBI zitiert, enthält derweil klare Zielvorgaben aus Moskau: „In erster Linie müssen wir die USA, Großbritannien und die NATO diskreditieren und in zweiter Linie die Deutschen davon überzeugen, sich der ‚ineffizienten Sanktionspolitik‘ zu widersetzen.“

„Interne Spannungen eskalieren (…), um die Interessen der Russischen Föderation zu fördern“, sei das Ziel, heißt es in einem anderen Dokument. In den Zielländern sollen demnach „reale Konflikte beeinflusst und Konfliktsituationen künstlich geschaffen werden“, so die Vorgabe aus Moskau.

Putins Plan für Deutschland: „Spannungen eskalieren“

Was damit gemeint ist, wurde zuletzt bei den Krawallen in Großbritannien nach dem Mord an mehreren Kindern in Southport deutlich. In Windeseile verbreitete sich das Gerücht, bei dem Täter habe es sich um einen muslimischen Flüchtling gehandelt. Schnell zeigten Recherchen: Auch diese Desinformation fand ihren Ursprung auf einer gefälschten Website, die mit Russland in Verbindung gebracht wird.

Exakt solche Methoden werden nun auch in den veröffentlichten Dokumenten beschrieben. Die „Destabilisierung der gesellschaftlichen Situation“ in Deutschland sei das Ziel, heißt es dort. Für die Verbreitung der Propaganda sollten neben Beiträgen in sozialen Netzwerken auch „gefälschte Videos, Dokumente und Aufzeichnungen von Telefongesprächen“ genutzt werden. Auch „gefälschte und echte Zitate von Influencern“ kämen infrage.

Mit Jolie, Pitt und Co: Fake-Kampagnen in Social Media

Immer wieder hat es zuletzt Wellen mit massenhaft gefälschten Zitat-Grafiken gegeben, insbesondere bei X. Darauf sprachen sich angeblich Weltstars wie Angelina Jolie gegen die Unterstützung der Ukraine aus. Die Zitate waren tatsächlich alle frei erfunden.

Neben der Einflussnahme auf die Meinungsbildung durch Social-Media-Kampagnen, versucht Moskau auch politische Parteien im Westen zielgerichtet zu stärken, wie aus den geheimen Unterlagen hervorgeht. Während es bereits mehrfach Berichte über die Unterstützung der AfD durch russische Kampagnen gegeben hat, rückte zuletzt auch das Bündnis Sahra Wagenknecht in den Fokus der Einflussversuche.

„Doppelgänger“-Webseiten loben auch Sahra Wagenknecht

So findet sich auf einigen der Fake-Webseiten, die der russischen „Doppelgänger“-Kampagne zugerechnet werden, überschwängliches Lob für die neu gegründete Partei. Insbesondere Gründerin Sahra Wagenknecht, die „Deutschland wieder großartig“ machen könne, wie es in einem der Artikel heißt, steht dabei im Fokus. Für Wagenknechts Forderung nach der Wiederaufnahme von Gasimporten aus Russland gibt es derweil Lob.

Auch in den russischen Staatsmedien kommen AfD und BSW immer wieder ausführlich zur Sprache. „Sahra Wagenknecht wird in russischen Medien ziemlich häufig zitiert, also in die Propaganda mit eingebunden“, hatte der Historiker Matthäus Wehowski bereits Mitte Juni im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ erklärt. Ein „marionettenhafter Strippenzieher“ mit unmittelbarer Kontrolle über Parteien wie AfD und BSW sei Wladimir Putin trotz der Moskauer Kampagnen aber nicht, führte Wehowski aus. Auch die nun veröffentlichten FBI-Dokumente deuten eher auf indirekte Unterstützung bestimmter politischer Strömungen durch Russland hin.

Russland-Experte warnt: „Die Kampagnen laufen weiter“

„Die russischen Kampagnen laufen weiter“, warnte Wehowski nach den Europawahlen. Auch bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen könnten sie demnach eine Rolle gespielt haben. Destabilisierung bleibe dabei das Ziel des Kremls, so der Historiker. Putin wolle schlussendlich die Bundesregierung „erledigen“, hatte Wehowski zuvor bereits gewarnt.

Demokratische Regierungschefs wie Bundeskanzler Olaf Scholz oder der französische Präsident Emmanuel Macron wolle Moskau am liebsten „durch Leute wie Viktor Orbán ersetzen, die sich relativ leicht durch Geld korrumpieren und kontrollieren lassen.“ Dafür setzt Moskau offenbar weiterhin auf Spaltung und Zwietracht – ob im Netz oder Parlamenten.