Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Festnahme von Ekrem Imamoglu„Millionen“ protestieren in der Türkei – Musk-Plattform blockiert offenbar Erdogan-Kritik

Lesezeit 3 Minuten
Beamte der Bereitschaftspolizei stoßen mit Demonstranten zusammen, nachdem der Bürgermeister von Istanbul, Imamoglu, verhaftet und ins Gefängnis gesteckt wurde.

Beamte der Bereitschaftspolizei stoßen mit Demonstranten zusammen, nachdem der Bürgermeister von Istanbul, Imamoglu, verhaftet und ins Gefängnis gesteckt wurde. 

Die CHP spricht von einer Million Teilnehmer allein in Istanbul. Gegen Tech-Milliardär Elon Musk werden unterdessen Vorwürfe laut. 

In der Türkei sind nach der Absetzung und Inhaftierung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu erneut Hunderttausende Menschen auf die Straße gegangen. In Istanbul fanden sich am Abend abertausende Demonstranten vor der Stadtverwaltung auf dem Sarachane-Platz ein, trotz eines weiter geltenden Demonstrationsverbotes in der Millionenmetropole.

Der Chef der Oppositionspartei CHP, der auch Imamoglu angehört, sprach von einer Million Teilnehmern bei der von der CHP angekündigten Demonstration vor der Stadtverwaltung. Von lokalen Behörden gibt es keine Angaben zu der Größe der Demonstrationen.

Berichten zufolge setzte die Polizei am späten Abend Wasserwerfer und Tränengas gegen die Demonstrierenden ein. Auch in Ankara, wo ebenfalls aktuell Demonstrationen offiziell untersagt sind, setzten Tausende Menschen Berichten zufolge die Proteste fort.

Proteste in der Türkei: Wasserwerfer und Tränengas im Einsatz

„Ich grüße die Millionen, die heute Abend auf dem Sarachane-Platz und auf den Plätzen überall in meinem Land ihre Stimme erhoben haben“, hieß es in einer Mitteilung, die auf Imamoglus X-Account veröffentlicht wurde. „Sie haben Erdogan gesagt: ‚Jetzt reicht es!‘“

Während das Statement Imamoglus auf der Plattform von Tech-Milliardär und Trump-Mitarbeiter Elon Musk ohne Einschränkungen veröffentlicht wurde, geht X türkischen Berichten zufolge gegen Kritik am türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und seiner Regierung auf der Plattform vor. Zahlreiche Accounts von feministischen und studentischen Zusammenschlüssen seien auf X seit Beginn der Proteste blockiert worden.

Elon Musks Plattform X sperrt offenbar türkische Regierungskritiker

Laut der türkischen Initiative zur Überwachung von Internetzensur Engelliweb wurden seit der Festnahme des Istanbuler Bürgermeisters mindestens 85 Accounts gesperrt. So war etwa auch die Seite der bedeutenden Frauenrechtsorganisation Mor Dayanışma am Samstag nicht erreichbar.

„Ein Account nach dem anderen wird in der Türkei weiterhin unsichtbar gemacht, ohne Rücksicht auf die Zivilgesellschaft, die Solidarität, die Presse und die Journalisten“, schrieb der türkische Cyberrechtsexperte Yaman Akdeniz auf der Plattform und kritisierte Musk persönlich.

Elon Musk behaupte zwar, „dass ‚X immer für die Meinungsfreiheit und das Recht der Menschen auf freie Meinungsäußerung kämpfen wird‘, doch dann zensiert X willkürlich Hunderte von Konten von Studenten und der Zivilgesellschaft“, warf Akdeniz dem Tech-Milliardär und seiner Plattform vor. 

Türkei: Mögliche weitere Eskalation der Proteste?

Die Demonstrationen in der Türkei dauern mittlerweile den fünften Tag in Folge an. Sie begannen am Mittwoch nach der Festnahme Imamoglus in Zusammenhang mit Korruptions- und Terrorermittlungen. Am Sonntag wurde Imamoglu in Untersuchungshaft genommen und „vorübergehend“ als Bürgermeister abgesetzt.

Zugleich wählte ihn die CHP am Sonntag zu ihrem Präsidentschaftskandidaten für eine künftige Wahl. Beobachter waren davon ausgegangen, dass die Inhaftierung und Absetzung Imamoglus die Demonstrationen gegen das Vorgehen der türkischen Regierung weiter anfachen könnten. Imamoglu bestreitet alle Vorwürfe und wirft der Regierung vor, ihn mit den Ermittlungen als politischen Rivalen kalt stellen zu wollen. (das/dpa)