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Kriegsblogger wütend auf KremlUkraine startet unerwartete Offensive – Putin räumt „sehr schwierige“ Lage ein

Lesezeit 4 Minuten
Ein Screenshot aus einem Video des russischen Verteidigungsministeriums soll Gefechte in der Region Kursk zeigen. (Archivbild)

Ein Screenshot aus einem Video des russischen Verteidigungsministeriums soll Gefechte in der Region Kursk zeigen. (Archivbild)

Die Ukraine hat überraschend einen neuen Vorstoß in Kursk gestartet. Die Blamage für Kremlchef Putin im Grenzgebiet dauert somit an.

Die Ukraine hat nach Angaben der russischen Regierung sechs Monate nach ihrer ersten Offensive in der westrussischen Region Kursk einen überraschenden neuen Angriff gestartet. Die russische Armee habe eine „versuchte Gegenoffensive der ukrainischen Streitkräfte vereitelt“, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau am Donnerstag. Belege dafür, dass der ukrainische Vorstoß verteilt wurde, legte Moskau derweil nicht vor.

Nach russischen Angaben fanden die Kämpfe in der Gegend um die wenige Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernten Ortschaften Ulanok und Tscherkasskaja Konopelka statt. Diese liegen südöstlich der Stadt Sudscha, die sich weiterhin unter ukrainischer Kontrolle befindet.

Überraschung für Putin: Ukraine startet neuen Vorstoß in Kursk

Die Ukraine setzte für die Offensive nach russischen Angaben zwei Bataillons der mechanisierten Infanterie sowie Kampfpanzer und weitere gepanzerte Fahrzeuge ein. Ukrainische Behörden machten zunächst keine Angaben zu der neuen Offensive.

Alles zum Thema Wolodymyr Selenskyj

Einiges spricht derzeit aber gegen die Angaben aus Moskau: So berichtete das amerikanische Institut für Kriegsstudien (ISW) am Freitag, dass die ukrainische Armee mit 30 bis 50 gepanzerten Fahrzeugen rund fünf Kilometer hinter die russischen Linien vorgerückt sei. Mehrere Dörfer seien dabei erfolgreich eingenommen worden.

ISW: Ukraine rückt rund fünf Kilometer in Kursk vor

„Am 6. Februar veröffentlichte Aufnahmen zeigen, dass ukrainische Streitkräfte südwestlich von Machnowka (südöstlich von Sudscha) und nördlich und östlich von Tscherkasskaja Konopelka entlang der Autobahn vorgerückt sind und Kolmakow eingenommen haben“, teilten die Analysten in ihrem aktuellen Lagebericht mit.

Auch dass Wladimir Putin sich zu den Gefechten in Kursk geäußert hat, spricht nicht für eine schnelle Beendigung des Vorstoßes durch die russische Armee, der es seit der ukrainischen Invasion in Kursk im August 2024 nicht gelingt, das eigene Grenzgebiet zurückzuerobern. Bei einem Treffen mit Gouverneuren der Region räumte Putin nun eine „sehr schwierige“ Lage in Kursk ein.

Russische Kriegsblogger wütend über dauerhafte Blamage in Kursk

Auch in den Telegram-Kanälen russischer Kriegsblogger wurde der neue ukrainische Vorstoß thematisiert, auch die Eroberung einiger Dörfer meldeten einige Blogger am Donnerstag. Mitunter herrscht bei den russischen Kriegsberichterstattern deutliches Unverständnis über das Vorgehen des Kreml.

„Die Situation ist völlig unerklärbar. Ich habe keine logische Erklärung dafür. Wie ist das möglich? Wieso wurde das Problem noch nicht gelöst?“, zeigte sich einer der sogenannten „Z-Blogger“ erstaunt über den für Moskau erneut peinlichen Vorstoß der Ukrainer.

Wolodymyr Selenskyj lobt in Kursk eingesetzte Soldaten

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lobte unterdessen in Online-Netzwerken die in Kursk eingesetzten Soldaten und zeichnete mehrere Einheiten aus. „Der Besatzer kann und sollte auf seinem eigenen Staatsgebiet geschlagen werden“, schrieb Selenskyj weiter. Der Einsatz in Kursk verdeutliche das Prinzip „Frieden durch Stärke“. Auf den neuen Vorstoß der Armee ging Selenskyj jedoch nicht konkret ein.

Die Ukraine hatte Anfang August 2024 überraschend eine Offensive in Kursk gestartet. Für den Kreml gilt der Vorstoß seitdem als andauernde Peinlichkeit. Nach anfänglichen ukrainischen Erfolgen und Gebietsgewinnen konnten die russischen Streitkräfte inzwischen einen Teil der verlorenen Gebiete zwar zurückerobern. Die Ukraine kontrolliert derzeit jedoch noch dutzende Ortschaften.

Nach hohen Verlusten: Nordkoreaner wohl aus Kursk abgezogen

Für Aufsehen gesorgt hatte in den letzten Monaten auch der Einsatz nordkoreanischer Soldaten in Kursk. Die Unterstützungstruppen aus Pjöngjang sollten helfen, die Grenzgebiete zurückzuerobern. Auch dieser Plan Moskau scheint jedoch misslungen zu sein.

In dieser Woche meldete der südkoreanische Geheimdienst, dass die nordkoreanischen Einheiten nach enormen Verlusten von der Front abgezogen worden seien. Die Ukraine hat bisher zwei nordkoreanische Soldaten gefangen genommen, in Befragungen bestätigten die Nordkoreaner heftiger Verluste in den eigenen Reihen.

Kiew zufolge sind die Gebietsgewinne in Kursk eine wichtige Verhandlungsmasse für mögliche Friedensgesprächen mit Russland, dessen Truppen an der Front in der Ostukraine stetig an Boden gewinnen. Seit August nahm die Ukraine in Kursk nach eigenen Angaben mehr als 900 russische Soldaten in Kriegsgefangenschaft.

Kursk-Offensive: Mehr als 900 russische Soldaten in Gefangenschaft

„Hunderte russische Soldaten befinden sich derzeit in unserer Gefangenschaft – Soldaten, die wir austauschen werden, um Ukrainer aus russischen Gefängnissen nach Hause zu bringen“, erklärte Präsident Selenskyj am Donnerstag.

Dass auch Nordkoreaner in Kursk gefangengenommen worden seien, könne belegen, „dass Putin ein weiteres Land – Nordkorea – in diesen Krieg hineingezogen hat und es in moderner Kriegsführung ausbildet“, schrieb Selenskyj weiter. „Das stellt eine Bedrohung für alle dar.“ (mit afp)