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Ukraine erhält weniger Raketenwerfer als zunächst geplant

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Brüssel – Deutschland wird der Ukraine zunächst lediglich drei statt vier Mehrfachraketenwerfer vom Typ Mars II liefern.

„Ich bin damit, mit dieser Abgabe, an die Grenze gegangen, was ich leisten kann, um nicht zu gefährden, dass wir die Landes- und Bündnisverteidigung als Bundeswehr nicht mehr gewährleisten können”, erklärte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) nach Beratungen der internationalen Kontaktgruppe zur Koordinierung von Waffenlieferungen an die Ukraine.

Lambrecht verwies zudem darauf, dass neben Deutschland auch die USA und Großbritannien der Ukraine Mehrfachraketenwerfer zur Verfügung stellten. Vier Systeme liefern ihren Angaben zufolge die USA und drei Großbritannien.

Anfang Juni hatte es am Rande einer Generaldebatte im Bundestag noch aus Regierungskreisen geheißen, Deutschland werde vier Mehrfachraketenwerfer vom Typ Mars II liefern. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte damals eine deutliche Ausweitung der Waffenlieferungen an die Ukraine angekündigt.

Das Mittlere Artillerieraketensystem (Mars) kann Flugkörper unterschiedlicher Wirkungsweise verschießen - etwa gelenkte Raketen mit GPS-System oder Minenausstoßraketen zum Sperren von Geländeabschnitten. Die Abschussbatterien mit einer Kampfbeladung von zwölf Raketen sind dabei auf Kettenfahrzeuge montiert, die bis zu 50 Stundenkilometer schnell fahren können.

Die von Deutschland genutzten Raketen haben nach Angaben der Bundeswehr eine Reichweite von bis zu 84 Kilometern. Nach Angaben von Lambrecht sollen von ihnen zunächst „mehrere Hundert” an die Ukraine geliefert werden. „Das ist die Strecke, die verantwortbar ist”, sagte die SPD-Politikerin. Ihren Angaben zufolge wird sich Deutschland auch um die Ausbildung der ukrainischen Soldaten für das System sowie um die Ersatzteil-Versorgung kümmern.

Training für ukrainische Soldaten

Mit dem Training für die ukrainischen Soldaten soll nach Angaben von Lambrecht im Juni begonnen werden. „Ende Juli, Anfang August” könnten die Systeme dann an die Ukraine geliefert werden.

Vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gab es zunächst keine Reaktion auf die Ankündigungen zur Lieferung der zehn Mehrfachraketenwerfer aus den USA, Großbritannien und Deutschland. Präsidentenberater Mychajlo Podoljak hatte noch am Montag auf Twitter geschrieben, die Ukraine brauche neben anderer Ausrüstung 300 solcher Systeme, um im Krieg gegen Russland „Waffengleichheit” herzustellen.

US-Generalstabschef Mark Milley sagte in Brüssel mit Blick auf die vergleichsweise geringe Zahl an Mehrfachraketenwerfern, diese Systeme seien sehr präzise und dadurch sehr effektiv. „Wenn sie die Waffe richtig benutzen und sie richtig einsetzen, sollten sie in der Lage sein, eine beträchtliche Anzahl von Zielen auszuschalten - und das wird einen Unterschied machen.”

Die Russen seien zahlenmäßig auf dem Papier überlegen, sagte Milley weiter. Aber Krieg sei nicht einfach ein Spiel der Zahlen, sondern entscheidend sei, wie Kräfte und Material eingesetzt würden. Russland feuere in großer Masse Geschosse ab, ohne unbedingt die gewünschte militärische Wirkung zu erzielen. „Die Ukrainer dagegen setzen eine viel bessere Artillerietechnik ein.” Und das zeige Wirkung.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin verteidigte die Waffenlieferungen der Vereinigten Staaten und anderer westlicher Partner generell gegen Kritik aus Kiew, die Rüstungshilfen seien nicht ausreichend und kämen zu langsam. Wenn man mitten im Kampf stecke, dann „kann man nie genug bekommen, und man kann es nie schnell genug bekommen”, sagte er in Brüssel. Dies kenne er aus eigener Erfahrung. Er könne die Ukrainer daher verstehen. Die USA täten aber „alles Menschenmögliche”, um die Ukraine mit allem zu versorgen, was sie bräuchten.

© dpa-infocom, dpa:220615-99-680225/5 (dpa)