Bald soll Anna Netrebko in der Berliner Staatsoper auftreten. Gegen das Konzert der Russin gibt es nun erheblichen Widerstand.
Foto zeigt Sängerin mit Kriegssymbol„Putin-Unterstützerin“ – Proteste gegen Auftritt von Anna Netrebko in Deutschland
Gegen einen Auftritt der österreichisch-russischen Sängerin Anna Netrebko an der Berliner Staatsoper Unter den Linden haben zahlreiche Organisationen und Unterzeichnende – unter anderem aus Wissenschaft und Kultur – in einem offenen Brief Protest angekündigt. Mehr als 35.000 Menschen haben zudem eine Petition gegen Netrebkos Auftritt unterzeichnet.
Netrebko verbreite „seit Jahren Kreml-nahe Narrative“ und sei in der Vergangenheit „Wahlkampfhelferin“ von Kremlchef Wladimir Putin gewesen, heißt es in dem offenen Brief. „Bislang hat sie sich nicht eindeutig zu ihrer langjährigen Unterstützung des russischen Präsidenten geäußert“, heißt es weiter.
Anna Netrebko soll an Berliner Staatsopfer auftreten
Die 51-Jährige ist an diesem Freitag in Giuseppe Verdis „Macbeth“ in der Rolle der Lady Macbeth besetzt. Sie war wegen angeblicher Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin nach Beginn des Ukraine-Krieges in die Kritik geraten.
In den sozialen Netzwerken kursiert ein Foto von Netrebko, das sie mit einem T-Shirt mit der Aufschrift „Nach Berlin!“ und dem Sankt-Georgs-Band zeigt, das in Russland als militärisches Symbol verwendet wird. Medienberichten zufolge handelt es sich dabei um eine Aufnahme aus dem Jahr 2010, die nun wieder zirkuliert. Der Spruch „Nach Berlin!“ wurde von russischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg als Slogan verwendet. Netrebko trug das Shirt offenbar anlässlich des „Tag des Sieges“ im Jahr 2010.
„Wenn Frau Netrebko ein Shirt mit der Aufschrift ‚Na Berlin!‘ trägt, dann meint sie kein Opernkonzert“, schrieb der Historiker Jan Claas Behrends im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter) zu dem Foto. „Sie versucht vielmehr Deutschland mit Verweis auf den Zweiten Weltkrieg einzuschüchtern“, führte Behrends aus, der die Forderungen nach einer Absage von Netrebkos Auftritten unterstützt.
Demonstration gegen Auftritt von Anna Netrebko in Berlin angekündigt
Geplant sei eine Demonstration vor der Staatsoper, sollten die Auftritte Netrebkos nicht abgesagt werden, hieß es derweil in dem am Montag veröffentlichten Schreiben an den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner, Kultursenator Joe Chialo (beide CDU) und Opernintendant Matthias Schulz unter dem Titel „Keine Bühne für Anna Netrebko!“.
Es würde der erste Auftritt Netrebkos in Berlin seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine sein. „Damit tritt eine Künstlerin in einem öffentlich finanzierten Theater in Berlin auf, die in der Vergangenheit mehrfach und explizit als Unterstützerin des diktatorischen und menschenverachtenden Regimes des derzeitigen Russlands aufgetreten ist.“ Davon habe sie sich weder distanziert noch dafür um Entschuldigung gebeten.
Vorwurf an Netrebko: „Unterstützerin des diktatorischen und menschenverachtenden Regimes“
Die Zusammenarbeit der Staatsoper „mit einer solchen Künstlerin“ sei unsolidarisch und stelle einen Affront gegenüber allen Menschen dar, die sich eine eindeutige Positionierung deutscher Kulturschaffender gegen Russlands imperialen Krieg wünschten. Kunst und Kultur seien niemals unpolitisch, dafür sei Netrebko ein Beispiel.
Wegner und Chialo reagierten am Dienstag auf den offenen Brief. Der Regierende Bürgermeister erklärte, er sehe Netrebkos Auftritt „sehr kritisch“ und verwies auf den „aufopferungsvollen Freiheitskampf“ der Ukraine. Dass Netrebko sich bisher nicht „klar und unmissverständlich“ vom russischen Angriffskrieg distanziert habe, sei bedauerlich, so Wegner. Die „Freiheit von Kunst und Kultur“ sei jedoch im Gegensatz zur Lage in Russland „in unserem Land ein hohes Gut“, so der CDU-Politiker. Das gelte auch für Kultureinrichtungen in Berlin.
Berliner Kultursenator will Netrebko-Auftritt boykottieren
Kultursenator Chialo kündigte derweil einen Boykott von Netrebkos Auftritten an. „Ich habe mich entschieden, keine der Aufführungen zu besuchen“, sagte der CDU-Politiker am Dienstag. Chialo werde sich am Freitag gemeinsam mit dem ukrainischen Botschafter Oleksii Makeiev die Fotoausstellung „Russian War Crimes“ ansehen.
Die Staatsoper verwies derweil auf ihr jüngstes Statement. Es sei wichtig, differenziert zwischen vor und nach dem Kriegsausbruch zu unterscheiden, hieß es darin.
Netrebko habe seitdem keine Engagements in Russland angenommen. Sie habe sowohl durch ihr Statement als auch durch ihr Handeln seit dem Beginn des Kriegs in der Ukraine eine klare Position eingenommen und sich distanziert, das gelte es anzuerkennen. „Ohne eine deutliche Positionierung der Künstlerin war und wäre eine weitere Zusammenarbeit für die Staatsoper Unter den Linden nicht tragbar.“ (mit dpa)