Der Flugzeugabsturz, bei dem Prigoschin getötet wurde, ist weiterhin nicht aufgeklärt. In Russland gibt es neue Erkenntnisse.
Mysteriöse Geheimdienst-MaßnahmeWie verliefen die letzten Minuten von Wagner-Chef Prigoschin?
Wie verliefen die letzten Momente im Leben von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin? Ein russisches Rechercheteam will der Antwort auf diese Frage nun zumindest nähergekommen sein. Nach einer monatelangen Untersuchung hat der populäre russische Telegram-Kanal VChK-OGPU am Montag seine neuen und teilweise mysteriösen Ergebnisse veröffentlicht.
Die wichtigste Erkenntnis: Die Flugschreiber der Embraer-Maschine seien unmittelbar nach ihrem Fund im Wrack an der Unfallstelle von Agenten des russischen Geheimdienstes FSB beschlagnahmt worden, berichtete der Telegram-Kanal, dem mehr als eine Million Menschen folgen, am Montag. Eine Bewertung dieses Umstands nahm das Rechercheteam nicht vor, auch wenn die Beschlagnahmung augenscheinlich für eine Vertuschungsmaßnahme spricht.
Russischer Geheimdienst beschlagnahmt Flugschreiber sofort: „Block Boxes“ für den FSB
„Alle an der Untersuchung beteiligten Spezialisten erhielten grünes Licht, ohne Berücksichtigung der Daten aus den ‚Black Boxes‘ zu arbeiten“, berichtete das Rechercheteam. Weder die Flugschreiber noch die Ergebnisse ihrer eigenen Untersuchung sollten den beteiligten Spezialisten demnach zugänglich gemacht werden.
Auch am Flughafen Scheremetjewo, wo Prigoschins Privatjet gestartet war, sei einem Mitarbeiter des russischen Luftverkehrsamts sofort nach dem Absturz der Maschine am 23. August 2023 und auch danach die Arbeit untersagt worden, berichtet VChK-OGPU weiter.
Passagiere in Prigoschin-Maschine sollen bei Bewusstsein gewesen sein
Der Absturz des Flugzeugs, vor dem es in der Maschine offenbar eine Explosion gegeben hatte, wurde ebenfalls unter die Lupe genommen. Es habe sich um eine „schwache“ Explosion an Bord gehandelt, erklärten die russischen Blogger.
Die Piloten der Maschine seien nach der Explosion wahrscheinlich noch bei Bewusstsein gewesen – und hätten erfolglos versucht, den drohenden Absturz zu verhindern. Eine Distanz von sechs Kilometern habe die Maschine nach der Explosion noch zurückgelegt, berichtete das Rechercheteam.
Flugzeugabsturz von Jewgeni Prigoschin: Rettungsversuche der Piloten gescheitert
Auf den meisten Videos des Vorfalls sei jedoch nicht die Explosion, sondern lediglich der Zerfall des Flugzeugs kurz darauf zu sehen gewesen. „Mit großer Wahrscheinlichkeit waren die Piloten nach der Explosion bei Bewusstsein und versuchten, das Verkehrsflugzeug zu retten“, schilderten die russischen Blogger ihre Erkenntnisse.
„Aufgrund der Beschädigung kollabierte die Maschine und stürzte schließlich ab.“ Was genau die Explosion im Flugzeug des Söldnerchefs Prigoschin ausgelöst hat, bleibt weiterhin ungeklärt. Auch VChK-OGPU hat dazu keine neuen Erkenntnisse.
Jewgeni Prigoschin: Privatjet von Wagner-Chef flog nach Explosion noch sechs Kilometer
Die letzten Momente vor dem Absturz der Maschine soll der Wagner-Chef, der vor seinem Tod kurzzeitig zur Meuterei gegen Kremlchef Wladimir Putin angesetzt hatte, bewusst erlebt haben, berichtet der Telegram-Kanal und beruft sich dabei auf Einschätzungen von Mitarbeitern des Luftverkehrsamtes. Trotz der durch die Explosion ausgelöste Dekompression im Innenraum der Maschine seien die Passagiere demnach wahrscheinlich bis zum eigentlichen Absturz des Flugzeugs bei Bewusstsein gewesen.
Prigoschin war mit seinen Wagner-Söldnern vor allem in der Frühphase des russischen Angriffskrieges ein wichtiger Faktor auf Seiten Russlands. Insbesondere durch den Kampf um die ukrainische Stadt Bachmut wurde der Einsatz der Söldner unübersehbar – und prägte aufgrund der enormen Verluste den Begriff der „Fleischwolf-Taktik“. Fortan wurden die mitunter aussichtslos scheinenden russischen Angriffe, bei denen viele Soldaten offenbar bewusst als „Kanonenfutter“ geopfert werden, so bezeichnet.
Neue Erkenntnisse zu tatsächlichen Verlusten von Wagner in Bachmut
Zuletzt hatten die BBC und das russische Medium „Mediazona“ ebenfalls neue Erkenntnisse über Prigoschin und seine Söldner-Gruppe veröffentlicht und über die wahren Verluste in Reihen der Wagner-Söldner beim Kampf um Bachmut berichtet.
Demnach waren von den fast 20.000 „Wagneriten“, die beim Kampf um die ukrainische Stadt gefallen sind, mehr als 17.000 Kämpfer, die zuvor in russischen Gefängnissen rekrutiert worden waren. Prigoschin hatte stets behauptet, lediglich die Hälfte der in Bachmut getöteten Wagner-Kämpfer seien ehemalige Gefangene gewesen.