Der Schritt in Richtung Frieden kann nur gelingen, wenn die Europäer die Ukraine voll unterstützen, meint Sven Christian Schulz.
UkraineEuropa muss jetzt alles geben – und das ganz schnell
Es ist eine gigantische Summe, mit der westliche Partner die Ukraine für ihren Sieg auf dem Schlachtfeld unterstützen müssten. Von 900 Milliarden US-Dollar ist hinter verschlossenen Türen in Brüssel die Rede. Niemand will und kann diese Summe aufbringen – nicht die USA, nicht die Europäer. So wächst der Druck auf die Ukraine, einen Weg aus dem Krieg herauszufinden.
Die Ukraine hat schon viele rote Linien Putins wegradiert
Etwa 20 Prozent der Ukraine hält Russland illegal besetzt, mordet und foltert ukrainische Zivilisten. Putin hat verbreiten lassen, dass eine Rückgabe der Gebiete nicht zur Verhandlung stehe. Doch viele von ihm gesetzten roten Linien hat die Ukraine schon wegradiert. Sie dürfte mit der Offensive auf russisches Staatsgebiet in Kursk die Hoffnung verbinden, dass Putin womöglich erstmals Verhandlungen zustimmt. Der Kreml weiß genau, dass es dann nicht um ein paar Kilometer mehr oder weniger im Donbass gehen wird, wo es für die Ukraine gar nicht gut aussieht, sondern um den Tausch großer Gebiete – und mit Kursk hält die Ukraine erstmals überhaupt Verhandlungsmasse in der Hand.
Die Zeit drängt. Weder lässt sich absehen, wie lange die ukrainische Armee in Kursk weiter vorrücken kann, noch was ein möglicher US-Präsident Donald Trump für Verhandlungen bedeuten würde. Die Ukraine will daher noch vor der US-Wahl einen neuen Friedensplan vorlegen. Sollte Putin diesmal darauf eingehen, wäre dies ein erster Schritt in Richtung Frieden.
Jetzt ist Europa gefragt, jetzt scheint einer der wenigen Momente des Krieges gekommen, wo die Ukraine Russland an den Verhandlungstisch zwingen könnte. In dieser entscheidenden Phase müssen die EU-Staaten alles tun, damit die Ukraine den Druck erhöhen und sich in die beste Verhandlungsposition bringen kann. Viele zugesagte Luftverteidigungs- und Langstreckenwaffen stehen bereit und müssen nur noch übergeben werden. Europa darf jetzt keine Zeit verlieren. Sonst droht der Krieg sich noch lange hinzuziehen und mehr und mehr Menschen werden die Frage stellen, was uns das Versprechen „so lange wie nötig“ noch kosten wird.