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Lawrow droht mit AtomwaffenMoskau lehnt Friedensgespräche ab – Staats-TV will nuklearen Fallout über Europa

Lesezeit 3 Minuten
Russlands Außenminister Sergej Lawrow steht vor einem Portrait von Kremlchef Wladimir Putin. Aus Russland kommen erneut Drohungen statt Diplomatie. (Archivbild)

Russlands Außenminister Sergej Lawrow steht vor einem Portrait von Kremlchef Wladimir Putin. Aus Russland kommen erneut Drohungen statt Diplomatie. (Archivbild)

Während Kiew einen Friedensgipfel plant, kommen aus Moskau bedrohliche Worte. Im Propaganda-TV will man nuklearen Niederschlag.

Russland hat erneut bekräftigt, dass es kein Interesse an einer von Kiew mit geplanten diplomatischen Lösung für den Krieg gegen die Ukraine hat: Auch an einem möglichen zweiten Ukraine-Friedensgipfel werde Russland nicht teilnehmen, bekräftigte Moskau am Samstag.

„Der Gipfel wird die gleichen Ziele verfolgen: die illusorische ‚Selenskyj-Formel‘ als Grundlage für eine Beilegung des Konflikts zu fördern, die Unterstützung der Mehrheit der Welt zu erhalten und dies zu nutzen, um Russland ein Ultimatum zur Kapitulation zu stellen“, erklärte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa.

Moskau: „Wir werden nicht an solchen ‚Gipfeln‘ teilnehmen“

„Wir werden nicht an solchen ‚Gipfeln‘ teilnehmen“, betonte die Sprecherin. Moskau ist nach eigenen Angaben bereit, „ernsthafte Vorschläge“ zu erörtern, die der von Präsident Wladimir Putin im Juni beschriebenen „geopolitischen Realität vor Ort“ Rechnung tragen.

Putin hatte damals gesagt, dass Russland Friedensgesprächen zustimmen werde, wenn die Ukraine vier ihrer Regionen aufgibt, die Moskau für sich beansprucht. Darunter fallen auch Gebiete, die Russland bisher militärisch nicht eingenommen hat. Die Bedingungen kommen somit einer ukrainischen Kapitulation nahe.

Kriegerische Signale aus Russland: Lawrow droht mit Atomwaffen

Insgesamt kommen derzeit keine Zeichen des Wohlwollens aus Russland. Am Freitag drohte Außenminister Sergej Lawrow erneut indirekt mit Atomschlägen. Moskaus Atomwaffen seien in „in voller Kampfbereitschaft“, erklärte Lawrow, einer der langjährigsten Mitarbeiter im Kabinett von Kremlchef Wladimir Putin. Russland verfüge über Waffen, „die für die Lenker des ukrainischen Regimes schwerwiegende Folgen haben werden“, fügte Lawrow hinzu.

Der russische Außenminister schränkte jedoch ein: „Es ist nicht seriös zu sagen, wenn Sie morgen nicht tun, was ich von Ihnen verlange, drücken wir den ‚roten Knopf‘“, zitierte die russische staatliche Nachrichtenagentur Tass den Minister.

Moskaus neuste „rote Linie“: Freigabe für weitreichende Raketen

Es gehe um „rote Linien“, in Moskau erwarte man, dass „unsere Einschätzungen von intelligenten Entscheidungsträgern gehört werden“, erklärte Lawrow, der mit seinen Äußerungen auf die Debatte um eine Freigabe für Angriffe mit weitreichenden westlichen Raketen auf Ziele in Russland angespielt haben dürfte.

Putin und weitere hochrangige russische Politiker haben seit dem Beginn der groß angelegten Invasion Russlands in der Ukraine im Februar 2022 wiederholt mit einer nuklearen Eskalation gegen Kiew und seine westlichen Partner gedroht. Meist kamen derartige Drohungen, während im Westen weitere Waffenlieferungen an die Ukraine diskutiert worden waren.

Ukraine wirft Russland Angriffspläne auf Atomanlagen vor

Experten sehen die Atom-Drohungen aus Russland daher eher als strategische Drohung, denn als reale Gefahr. Zwar ließ der Kremlchef in diesem Jahr bereits Übungen der Atomstreitkräfte durchführen, bisher gab es jedoch nie Anzeichen, dass Russland die Nuklearwaffen für den tatsächlichen Einsatz vorbereitet.

Russischer Außenminister: Sergej Lawrow hat erneut mit Atomwaffen gedroht. (Archivbild)

Russischer Außenminister: Sergej Lawrow hat erneut mit Atomwaffen gedroht. (Archivbild)

Die Ukraine wirft Russland derweil Angriffspläne gegen die Atomanlagen im Land vor. „Das betrifft insbesondere offene Verteileranlagen in Atomkraftwerken und Umspannwerken, die für den sicheren Betrieb der Kernenergie entscheidend sind“, schrieb Außenminister Andrij Sybhiha bei der Plattform X. Ein Zwischenfall bei den Atomkraftwerken könnte globale Auswirkungen haben. Die Informationen der ukrainischen Geheimdienste seien bereits der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA) übermittelt worden.

Im Staats-TV spricht man über Angriff auf AKW – und Fallout in Europa

Neben Kiews geheimdienstlichen Erkenntnissen deutet auch die Debatte in russischen Staatsmedien daraufhin, dass Russland derartige Schläge vor dem harten Winter in der Ukraine in Betracht ziehen könnte, um die Energieversorgung des Landes weiter zu stören. „Für Kindergärten sind Generatoren ausreichend“, befand der führende Moskauer TV-Propagandist Wladimir Solowjow am Wochenende in seiner Sendung im Staatsfernsehen. „Dafür brauchen sie keine Atomkraftwerke“, fügte er an.

Damit aber nicht genug. In den Moskauer TV-Studios spricht man derzeit noch über viel weitreichendere Optionen – und unterstreicht damit den unerbittlichen russischen Kriegskurs. „Wenn die Windrichtung stimmt, wird ein Angriff auf die ukrainischen Kernkraftwerke dazu führen, dass sich der nukleare Niederschlag nach Europa bewegt“, erklärte Solowjow einem Video der US-Journalistin Julia Davis zufolge jüngst im Staatsfernsehen. „Dann werden die Europäer sicher verstehen, was sie seit Jahren so gerne unterstützen“, fügte der TV-Moderator an.