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Auch Deutschland im FokusLawrows Entgleisung und Putins geheime Pläne – Moskau reagiert auf Trumps Kurs

Lesezeit 4 Minuten
Russlands Außenminister Sergej Lawrow zusammen mit Kremlchef Wladimir Putin. (Archivbild)

Russlands Außenminister Sergej Lawrow zusammen mit Kremlchef Wladimir Putin. (Archivbild)

Moskaus Tonfall gegenüber der Ukraine bleibt auch nach Trumps Waffenstopp radikal. Auch Friedrich Merz rückt in den Fokus.

US-Präsident Donald Trump hat der Ukraine die amerikanische Militärhilfe gestrichen – und damit für Freude und faschistische Töne in Moskau gesorgt. Den Kurs setzt der Kreml auch am Mittwoch fort. „Ich kann die Gedanken dieses Menschen nicht lesen“, erklärte Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch auf die Frage eines Reporters, ob der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj angesichts von Trumps Entscheidung „an den Verhandlungstisch“ kommen werde. Dann folgte erneut eine Entgleisung von Lawrow. „Andererseits kann man ihn kaum als Menschen bezeichnen“, fügte der dienstälteste russische Minister an.

Sergej Lawrow: Entgleisung gegenüber Selenskyj

Die abfällige Bemerkung folgte auf Beleidigungen als „Nazi“ und „Verräter am jüdischen Volk“, die Lawrow am Wochenende gegen Selenskyj vorgebracht hatte. Am Dienstag hatte schließlich auch der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew den ukrainischen Präsidenten mit einer seiner Tiraden überzogen und Selenskyj als „Köter“, der „eingeschläfert“ werden müsse, bezeichnet.

Einen Tag später meldete sich Medwedew jetzt erneut zu Wort – und bekräftigte die russischen Ambitionen in der Ukraine erneut. „Die spezielle Militäroperation geht weiter“, zitierte die russische staatliche Nachrichtenagentur den Vizechef des russischen Sicherheitsrates.

Dmitri Medwedew: „Spezielle Militäroperation geht weiter“

„Der Feind leistet Widerstand und ist noch nicht besiegt“, führte Medwedew aus und drohte Selenskyj schließlich, dass ein Kriegsende auch sein „persönliches unvermeidliches Ende“ darstellen würde. „Daher bleibt es auch heute unsere Hauptaufgabe, dem Feind vor Ort maximalen Schaden zuzufügen“, kündigte Medwedew die Fortsetzung der Kampfhandlungen an.

Die USA würden die Waffenlieferungen an Kiew ohnehin bald wieder aufnehmen, mutmaßte der Moskauer Lautsprecher weiter. US-Präsident Trump habe die „reumütige Ansprache“ Selenskyjs in seiner Rede vor dem Kongress ebenso wohlwollend erwähnt wie das geplante Abkommen über den Abbau Seltener Erden zwischen Washington und Kiew, führte Medwedew aus. „Das bedeutet, dass die amerikanischen Waffenlieferungen unmittelbar nach dessen Abschluss höchstwahrscheinlich wieder aufgenommen werden“, lautete seine Prognose.

Kreml-Insider schildern Putins Pläne für Ukraine und Selenskyj

Die dynamische Lage der letzten Tage sorgt unterdessen auch im Kreml für Bedenken, wie Insider nun der russischen Zeitung „The Moscow Times“ schilderten. Kremlchef Wladimir Putin werde angesichts der unklaren Lage hinsichtlich weiterer Gespräche mit den USA und der amerikanischen Unterstützung für die Ukraine zunächst auf zwei Strategien setzen, zitierte die Zeitung eine Quelle aus dem Kreml.

Einerseits werde Putin weiterhin probieren, Selenskyj als den Hauptverantwortlichen für das Scheitern eines Friedensprozesses darzustellen, damit Moskau wiederum als lösungsorientiert wahrgenommen werde. „Wir müssen alles tun, um sicherzustellen, dass Kiew die Schuld für die Verlängerung des Konflikts trägt“, zitierte die Zeitung den Kreml-Insider.

„Wir werden den Druck an der Front aufrechterhalten“

Die zweite Strategie, die zeitgleich umgesetzt werden soll, passt unterdessen zu Medwedews martialischen Worten. Russland werde, bevor irgendeine Art von Abkommen zustande kommen kann, zunächst so weit wie möglich auf dem Schlachtfeld vordringen, erklärte der Insider. „Solange wir die strategische Initiative haben, wäre ein Stopp irrational“, so die Quelle. „Wir werden den Druck an der Front aufrechterhalten.“

Während Lawrow und Medwedew sich mit ihren Statements vorrangig an der Ukraine abgearbeitet haben, widmete die russische Staatsagentur Ria Novosti am Mittwoch auch der deutschen Politik große Aufmerksamkeit. In einem ausführlichen Stück berichtete der Autor Dmitri Bavyrin über das Finanzpaket, das Union und SPD am Dienstagabend festgezurrt hatten, und das bald im Bundestag verabschiedet werden soll.

Staatsmedien schießen gegen Merz – und hoffen auf AfD und Linke

„Deutschland bereitet sich auf einen Krieg vor – das ist kein Witz“, lautete der Titel der Analyse. Dass 500 Milliarden Euro in Infrastruktur fließen sollen, erwähnt die Staatsagentur zwar, der Fokus liegt jedoch auf den geplanten Investitionen in die Landesverteidigung. Friedrich Merz gehe es „vor allem um den Krieg: Er versucht, die Rolle eines harten und entschlossenen Kanzlers zu spielen, dessen Auftreten in der Weltpolitik die Machtverhältnisse beeinflussen könnte“, heißt es dazu aus Moskau, wo der Kurs des womöglich nächsten Bundeskanzlers nicht auf viel Gegenliebe zu treffen scheint.

Merz, so hofft man bei den russischen Staatsmedien, drohe angesichts seines Vorgehens „eine innerparteiliche Revolte“ oder die „Spaltung der Regierungskoalition“. Schließlich treibe der CDU-Chef Deutschland mit seinem Vorhaben in die „Schuldenfalle“, so lautete das Fazit des Moskauer Analysten, der keinen Zweifel aufkommen ließ, welche Parteien man in Russland bevorzugt. Merz’ Finanzpaket brauche schließlich noch die Zustimmung des Bundestags, betonte der Autor – und fügte an: „Die Parteien ‚Alternative für Deutschland‘ und ‚Die Linke‘ werden kein Unrecht zulassen.“