Der Kreml veröffentlicht ein Video des laut Kiew getöteten Vizeadmirals. Die Bilder von Wiktor Sokolow wecken jedoch Zweifel.
Rätselraten um Putins AdmiralKreml kontert Todesmeldung mit Video von Kommandeur der Schwarzmeerflotte
Nach dem ukrainischen Angriff auf das Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte hat der Kreml sein langes Schweigen zu ukrainischen Berichten über den Tod vieler russischer Offiziere gebrochen. Am Montag hatte Kiew zudem den Tod des Kommandeurs der Schwarzmeerflotte, Vizeadmiral Wiktor Sokolow, verkündet. Ein rund einminütiges Video und mehrere Fotos sollen nun belegen, dass Sokolow bei dem Angriff auf Sewastopol keinen Schaden genommen hat. Der Kommandeur der Schwarzmeerflotte habe am Dienstag an einer Videokonferenz des Verteidigungsministeriums teilgenommen, berichtete die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA, die den Clip verbreitete, zudem.
Schwarzmeerflotten-Kommandeur: Video zeigt Wiktor Sokolow kurz und regungslos
In dem Video ist hauptsächlich Verteidigungsminister Sergei Schoigu zu sehen. Sokolow erscheint zu Beginn und kurz vor Ende des Videos jeweils kurz auf einer großen Videowand, auf der die Teilnehmer der Konferenz zu sehen sind. Eine Wortmeldung von Sokolow enthält das Video nicht, zudem zeigt der Admiral, wenn er überhaupt im Bild zu sehen ist, kaum eine Regung. Weitere Informationen veröffentlichte das russische Verteidigungsministerium nicht. Auch in einem vom Ministerium bei Telegram veröffentlichten, rund acht Minuten langen Video, das die komplette Rede Schoigus beinhaltet, ist Sokolow nur in ähnlicher Weise zu sehen.
Ukrainischen Angaben zufolge sollen neben Sokolow noch 34 weitere russische Militärangehörige bei dem Angriff auf das Flottenhauptquartier getötet worden sein. Eine unabhängige Bestätigung gibt es für die Angaben aus Kiew nicht. Einen Beleg für die Echtheit der vom Kreml veröffentlichten Aufnahmen gibt es derzeit ebenfalls nicht.
Angriff auf Schwarzmeerflotte: Kreml bricht tagelanges Schweigen
Moskau hatte sich bis jetzt kaum zu dem Angriff geäußert, bei dem das Hauptquartier der Schwarzmeerflotte laut Angaben der Ukraine „zerstört“ wurde. Videoaufnahmen zeigten mindestens zwei Einschläge von Raketen und erhebliche Schäden an dem Gebäude in der Krim-Hauptstadt Sewastopol.
Laut ukrainischem Militärgeheimdienst hat zum Zeitpunkt des Angriffs ein Treffen des Führungsstabs der Schwarzmeerflotte stattgefunden. Auch ukrainische Partisanen berichteten von entsprechenden Hinweisen, die sie gegen Geldzahlungen von frustrierten russischen Offizieren erhalten hätten. Ein russischer Soldat berichtete gegenüber der „Nowaja Gaseta Europa“ ebenfalls von deutlich mehr Todesopfern, als vom Kreml dargestellt.
Sprecher von Wladimir Putin mit knappem Statement zu Krim-Admiral Sokolow
Moskau verkündete zunächst, ein Soldat werde nach dem Angriff vermisst – und schwieg dann tagelang. Auch am Dienstag zeigte man sich im Kreml weiterhin wortkarg. Während das Verteidigungsministerium lediglich das Video von Sokolow veröffentlichte, kommentierte Dmitri Peskow, Sprecher von Kremlchef Wladimir Putin, den angeblichen Tod des Vizeadmirals noch kryptischer.
„Es gibt bei uns keine Informationen des Verteidigungsministeriums. Das ist das Vorrecht des Ministeriums. Wir haben nichts zu sagen“, erklärte Peskow gegenüber der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA.
Über den Tod Sokolows, über den erstmals bereits am Freitagabend in sozialen Netzwerken berichtet wurde, wird unterdessen auch bei westlichen Analysten noch spekuliert. „Wir haben noch keine Bestätigung dafür erhalten, dass der ukrainische Angriff Sokolow oder andere hochrangige russische Kommandeure getötet hat“, hieß es vor der Veröffentlichung des russischen Videos im Lagebericht des US-Thinktanks „Institute for the Study of War“.
Putins Schwarzmeerflotte trotz Angriff wohl handlungsfähig
Es spreche jedoch für die ukrainischen Angaben, dass das „russische Kommando problemlos in der Lage wäre, ukrainische Berichte zu widerlegen“, das aber bisher nicht getan habe, erklärte die US-Analysten. Ob das Video aus Moskau die Zweifel nun auflösen kann, bleibt offen. Sicher sei jedoch: „Der gemeldete Tod von Sokolov und anderen russischen Offizieren würde zu erheblichen Störungen bei der Führung der russischen Schwarzmeerflotte führen.“
Unabhängig von der Frage des Schicksals von Vizeadmiral bleibe die russische Schwarzmeerflotte nach dem ukrainischen Angriff jedoch handlungsfähig, erklärte am Dienstag der britische Militärgeheimdienst. „Die Flotte bleibt mit ziemlicher Sicherheit weiterhin in der Lage, ihre Kernaufgaben im Krieg – Angriffe mit Marschflugkörpern und örtliche Sicherheitspatrouillen – zu erfüllen“, schrieb das Verteidigungsministerium in London.
Die Briten halten es aber für möglich, dass die Flotte nun weniger Kapazitäten hat, um weitergehende Patrouillen fortzusetzen und die Blockade ukrainischer Häfen aufrechtzuerhalten, eigene Anlagen im Hafen zu verteidigen und routinemäßige Wartungsarbeiten durchzuführen. (mit dpa/afp)