Russland hat einen neuen Raketentyp eingesetzt. Einen Tag nach dem Angriff auf Dnipro werden erste Details über Putins „Nussstrauch“ bekannt.
„Der Himmel spuckt die Hölle aus“„Oreschnik“ trifft Kölns Partnerstadt – Was über Putins neue Rakete bekannt ist
Zunächst gab es nur erste Meldung: Russland habe eine Interkontinentalrakete gegen ein Ziel in der Ukraine eingesetzt – und kurz dürften vielerorts die Atom-Glocken geläutet haben. Dann stellte sich jedoch schnell heraus: Die auf die Kölner Partnerstadt Dnipro abgefeuerte Rakete war nicht mit atomaren Sprengköpfen bestückt.
Die durch sie verursachten Schäden, auch das wurde schnell klar, waren vergleichsweise gering. Die Ukraine habe bereits Angriffe mit größeren Sprengladungen überstanden, hieß am Freitag schließlich aus den USA. Während die Folgen des Angriffs überschaubar ausfielen, stellte sich schnell die Frage: Was für eine Rakete hat Russland eingesetzt?
Am Donnerstagabend sorgte dann Kremlchef Wladimir Putin für Aufklärung. Es habe sich um eine Mittelstreckenrakete gehandelt, die von Russland auf den Namen „Oreschnik“ getauft worden sei, erklärte der Präsident in einer wütenden Ansprache. Übersetzt heißt die Rakete demnach „Nussstrauch“ – warum sie den Namen trägt, ist unbekannt, so wie auch viele Details über „Oreschnik“. Was bisher über die neue russische Rakete bekannt ist:
Putins neue „Oreschnik“: Das ist über die Rakete bekannt
Nach dem Einsatz der neuen russischen Rakete entbrannte schnell eine Diskussion darüber, ob es sich nun um eine Interkontinental- oder eine Mittelstrecken-Rakete handelt. Während die Ukraine von einer ICBM (so die Abkürzung für Interkontinentalraketen) berichtet, kamen aus den USA schnell Zweifel an dieser Darstellung.
Das US-Militär erklärte, das Design der „Oreschnik“ basiere zwar auf der russischen Interkontinentalrakete RS-26 „Rubesch“, diese habe jedoch eine größere Reichweite, während „Oreschnik“ vermutlich nicht die Entfernungen abdeckt, die für die Klassifizierung als ICBM eigentlich gängig sind. Bei „Oreschnik“ geht man in Washington derzeit von einer Reichweite von weniger als 5.500 Kilometern aus. Genug, um Europa abzudecken, aber zu wenig für einen Angriff auf die USA.
Rakete befindet sich noch in „experimenteller“ Phase
Außerdem befinde sich das russische Geschoss noch in einer „experimentellen“ Erprobungsphase, zitierte der „Guardian“ die amerikanischen Streitkräfte. Vermutlich verfüge Moskau derzeit nur über „eine Hand voll“ dieser Raketen. Auch dürften für die wenigen vorhandenen „Oreschnik“ im Vergleich zu kleineren Raketen oder Marschflugkörpern deutlich höhere Kosten anfallen.
Bei dem Angriff auf Dnipro war die Rakete mit konventionellen Sprengköpfen bestückt, sie könne jedoch grundsätzlich auch als Atomwaffe eingesetzt werden, erklärte eine Pentagon-Sprecherin. „Sie kann umgerüstet werden, um verschiedene Arten konventioneller oder nuklearer Sprengköpfe zu tragen“, sagte Sabrina Singh. Das gilt jedoch für die meisten Mittelstrecken- und Interkontinentalraketen.
„Oreschnik“-Rakete erreichte wohl mehr als 13.000 km/h
Am Freitag gab der ukrainische Militärgeheimdienst dann weitere Informationen über die Rakete bekannt: Den Angaben nach war das Geschoss rund 15 Minuten vom Startpunkt in der russischen Region Astrachan bis zum Einschlag in Dnipro unterwegs.
Die Rakete habe sechs Sprengköpfe getragen, von denen jeder mit sechs Untersprengköpfen ausgerüstet gewesen sei. Auf dem letzten Teil ihrer Flugbahn kurz vor dem Einschlag in Dnipro habe die Rakete eine Geschwindigkeit von Mach 11, mehr als 13.475 km/h erreicht, hieß es weiter aus Kiew.
Videoaufnahmen zeigen ein bedrohliches Schauspiel über Dnipro
Mittlerweile gibt es auch Videoaufnahmen, die den Angriff über Dnipro zeigen. Dort ist zu sehen, wie die sechs Sprengköpfe über der Millionenstadt niedergehen. Auf anderen Aufnahmen ist auch die Submunition als sechs Leuchtspuren erkennbar. Es ist ein bedrohliches Schauspiel, das „Oreschnik“ über Dnipro bewirkt hat. „Der Himmel spuckt die Hölle aus“, kommentierte der „Bild“-Journalist Julian Röpcke die Aufnahmen.
Genau darum dürfte es Moskau bei dem Einsatz der Rakete auch gegangen sein. Angesichts der geringen Schäden wollte Moskau offenbar vor allem ein Zeichen setzen – und die eigenen Fähigkeiten demonstrieren, nachdem die russischen Interkontinentalraketen zuletzt noch für Negativschlagzeilen gesorgt hatten.
So war noch im September ein Test der Interkontinentalrakete RS-28 „Sarmat“ fehlgeschlagen. Die Rakete explodierte Berichten zufolge noch in ihrem Startsilo. Auf Satellitenaufnahmen war ein Krater zu sehen.