Moskau will die Militärausgaben erhöhen – die Russen sollen davon aber wohl nur wenig mitbekommen. Nicht ohne Grund, sagen Analysten.
Kreml verschweigt MilitärbudgetPutin bleibt auf Kriegskurs – und plant neue Rekordausgaben für seine Armee
Russland plant zur weiteren Finanzierung seines Angriffskrieges in der Ukraine einen drastischen Anstieg der Militärausgaben. Wie aus dem am Montag auf der Website des russischen Parlaments veröffentlichten Haushaltsplan für 2025 hervorgeht, sollen alleine die offiziell im Bereich Verteidigung verbuchten Ausgaben um rund 30 Prozent auf 13,5 Billionen Rubel (umgerechnet rund 129,4 Milliarden Euro) ansteigen. Für den Krieg in der Ukraine sind zudem weitere Ausgaben in Höhe von 3,5 Billionen Rubel im Bereich Innere Sicherheit sowie als streng geheim klassifizierte Budgetposten vorgesehen.
Insgesamt belaufen sich die Bereiche Verteidigung und Innere Sicherheit demnach auf rund 17 Billionen Rubel und machen rund 40 Prozent des gesamten für 2025 geplanten russischen Staatshaushalts im Umfang von 41,5 Billionen Rubel aus. Schon 2024 ist mit 10,4 Billionen Rubel (etwa 104 Milliarden Euro) für den Verteidigungssektor ein absolutes Rekordjahr gewesen. Der Haushaltsentwurf muss nun noch im Herbst vom russischen Parlament verabschiedet und schließlich von Präsident Wladimir Putin ausgefertigt werden.
Putins Kriegskasse: Höchstes Niveau seit Ende der Sowjetunion
In den vergangenen Jahren hatte Russland seine Militärausgaben bereits auf das höchste Niveau seit dem Ende der Sowjetunion angehoben, um die Produktion von Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen hochzufahren und den Sold der im Kampf befindlichen Einheiten zu erhöhen. Alleine im Jahr 2024 waren die Ausgaben um 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erhöht worden.
Die Schritte sind für den Kreml auch nötig, um ausreichend neues Personal für die Armee rekrutieren zu können. So hat Russland die Prämien für eine Unterschrift bei den Streitkräften ebenso wie den Sold der Soldaten kontinuierlich erhöht, um den Kriegsdienst für die Russen attraktiver zu machen.
Hohe Verluste in Russlands Krieg gegen die Ukraine
Nach Schätzung westlicher Geheimdienste hat Russland mittlerweile rund 600.000 Soldaten in der Ukraine verloren, das berichtete das „Wall Street Journal“ kürzlich. 200.000 russische Soldaten seien getötet und mehr als 400.000 verwundet worden. Offizielle Angaben zu den Verlusten in der Ukraine gibt es aus Moskau nicht.
Immer wieder hat es jedoch Berichte über enorme Verlustraten bei der russischen Armee gegeben. Insbesondere in langwierigen Schlachten setzte Moskau immer wieder auf eine „Fleischwolf“ genannte Taktik, bei der Infanterie in großer Zahl zum Einsatz kommt – und oftmals in diesem Einsatz stirbt.
Kreml treibt Umstellung auf Kriegswirtschaft weiter voran
Seit 2022 treibt der russische Staat die Umstellung auf eine Kriegswirtschaft mit großen Schritten voran, unter anderem durch eine rasche Weiterentwicklung neuer Rüstungsbetriebe mit hunderttausenden zusätzlichen Beschäftigten. Zu den längerfristigen Auswirkungen dieser Entwicklung gehören eine starke Abhängigkeit der Wirtschaft von der Militärführung des Landes – und eine Inflationsrate von mittlerweile neun Prozent. Diesen Entwicklungen scheint der Kreml jedoch bislang kaum Beachtung zu schenken.
Vor der Übermittlung des Haushaltsentwurfs an das Parlament hatte die Regierung in Moskau erklärt, neben den Militärausgaben würden auch die Mittel für sozialpolitische Maßnahmen und die Investitionen erhöht. Die „oberste Priorität“ des Haushalts sei die „soziale Unterstützung für die Bürger“, hatte Finanzminister Anton Siluanow vergangene Woche betont.
Kreml betont Sozialausgaben – und verschweigt enormes Militärbudget
Den nun veröffentlichten Zahlen zufolge sind die Militärausgaben aber mehr als doppelt so hoch wie jene im sozialen Bereich – und höher als die Ausgaben für jeden anderen Wirtschaftsbereich. Der Kreml scheint das jedoch der eigenen Bevölkerung eher verschweigen zu wollen. So berichtete das russische Oppositionsmedium „Meduza“, dass in der Pressemitteilung des Kremls die Sozialausgaben hervorgehoben worden seien, während die Verteidigungsausgaben nicht einmal zur Sprache gekommen seien.
Die Analysten des amerikanischen Instituts für Kriegsstudien (ISW) sehen in der Fokussierung auf die Sozialausgaben eine bewusste Strategie des Kremls, „wahrscheinlich aufgrund von Bedenken des Kremls hinsichtlich einer Kriegsmüdigkeit in der russischen Bevölkerung“. Die anhaltend hohen Verteidigungsausgaben werden es Moskau erschweren, die Finanzierung von Sozialprogrammen aufrechtzuerhalten, prognostiziert der US-Thinktank.
Fürchtet Wladimir Putin die „Kriegsmüdigkeit“ der Russen?
Auch könne Russland so die niedrige Geburtenrate im Land mit finanziellen Anreizen für Familien nicht im nötigen Ausmaß fördern, schreiben die Analysten in ihrem aktuellen Lagebericht. Da Kremlchef Putin die „Stabilität seines Regimes“ und die „Unterstützung im Inland“ berücksichtigen müsse, könnten „öffentliche Forderungen nach höheren Sozial- und niedrigeren Verteidigungsausgaben in Zukunft die Fähigkeit des Kremls erschweren, den Krieg in der Ukraine aufrechtzuerhalten“, so die Einschätzung des ISW.
Die Ukraine gibt ihrerseits im kommenden Jahr unterdessen rund 60 Prozent ihrer Haushaltsmittel für Verteidigung und Sicherheit aus. Mit umgerechnet rund 48,4 Milliarden Euro liegt der Verteidigungshaushalt Kiews aber nur bei gut einem Drittel jener der russischen Regierung. Die Ukraine ist stark auf die militärische und finanzielle Unterstützung durch ihre westlichen Verbündeten angewiesen. (mit afp)