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Putins nächster perfider SchachzugRussland bestätigt Großoffensive – Geländegewinne und Evakuierungen

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Ein russischer Panzer an der Front. Russische Truppen rücken derzeit in der ukrainischen Region um die Millionenstadt Charkiw vor. (Archivbild)

Ein russischer Panzer an der Front. Russische Truppen rücken derzeit in der ukrainischen Region um die Millionenstadt Charkiw vor. (Archivbild)

Moskau meldet die Einnahme von Dörfern in der Region Charkiw. Experten glauben zu wissen, was hinter Putins Strategie steckt.

Die ukrainische Armee wehrt sich nach Angaben des Generalstabs weiter gegen eine russische Offensive im Grenzgebiet bei der Millionenstadt Charkiw. Das Militär berichtete am Samstagmorgen von neun Gefechten an diesem Frontabschnitt. Dabei hieß es pauschal, die russischen Vorstöße seien abgewehrt worden. Diese Angaben waren nicht unabhängig überprüfbar.

„Der Feind setzt Bodentruppen und Technik ein“ hieß es in einer Mitteilung des Generalstabs noch vom Freitagabend. Das ukrainische Militär berichtet seit Freitag von russischen Vorstößen an zwei breiten Frontabschnitten. Die Offensive war erwartet worden, weil die russische Armee nahe der Grenze mehrere Zehntausend Soldaten zusammengezogen hat. Auch Präsident Wladimir Putin hatte schon im März eine Offensive angedroht.

Russland meldet Einnahme von sechs Dörfern in Ostukraine

Am Samstagmittag meldete Moskau schließlich die Einnahme von sechs Dörfern in der Region Charkiw. Die Soldaten hätten die Dörfer Borisiwka, Ohirzewe, Pleteniwka, Pylna und Striletscha in der Region Charkiw sowie das Dorf Keramik in der Region Donezk „befreit“, erklärte das Ministerium am Samstag im Onlinedienst Telegram. Überprüfen lassen sich die Angaben nicht.

„Heute haben die russischen Truppen versucht, ihre Operationen gegen die Ukraine auszuweiten“, hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Freitagabend die russische Offensive bereits bestätigt. „Wir wissen, wie groß die Truppen der Besatzer sind und was sie vorhaben“, fügte er an.

Der Präsident kündigte zudem Unterstützung für die Streitkräfte in der Region Charkiw an, berichtete die Nachrichtenagentur Interfax. „Sowohl entlang unserer Staatsgrenze als auch entlang der gesamten Frontlinie werden wir die Besatzer so zerstören, dass alle russischen Offensivabsichten zunichtegemacht werden“, erklärte Selenskyj demnach.

Ukraine will russische Offensive auf Charkiw „zerstören“

Unterdessen laufen Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung in der Region. „Insgesamt wurden 1.775 Menschen evakuiert“, erklärte der Gouverneur von Charkiw, Oleg Synegubov, der Zeitung „Kyiv Post“. Er berichtete von russischen Artillerie- und Mörserangriffen auf 30 Siedlungen in der Region in den letzten 24 Stunden.

Die ukrainische Armee erwartet am Samstag eine weitere Intensivierung der russischen Angriffe, das sagten Militärangehörige der Zeitung „Ukrainska Prawda“. Demnach hat das „feindliche Feuer“ bereits am frühen Samstagmorgen wieder zugenommen. Weitere Angriffe wird in anderen Richtungen erwartet, zitierte die Zeitung eine Quelle in den Streitkräften.

Russische Offensive auf Charkiw: US-Analysten sehen „begrenzte operative Ziele“

Ukrainische und russische Militärbeobachter wie auch ausländische Experten gehen unterdessen aber davon aus, dass der russische Vorstoß noch nicht auf die Stadt Charkiw ziele. Das amerikanische Institut für Kriegsstudien (ISW) sprach in der Nacht auf Samstag von „begrenzten operativen Zielen“. Die Angriffe sollten die ukrainischen Kräfte von der Grenze abdrängen; durch das Vorrücken solle Charkiw wieder in die Reichweite russischer Rohrartillerie kommen.

Strategisches Ziel sei, die Ukrainer zu zwingen, Soldaten und Material von anderen bedrängten Abschnitten der Front im Osten abzuziehen. Der begrenzte Einsatz lege nicht nahe, „dass russische Kräfte in großem Maßstab eine Offensivoperation durchführen, um Charkiw einzuschließen, einzukreisen oder zu erobern“, schrieb das ISW.

„Das russische Eindringen in die Region Charkiw ist kein Sturm auf die Stadt Charkiw“, erklärte auch der Sicherheitsexperte Nico Lange bei X. „Russland will die Grenzregion destabilisieren, ukrainische Kräfte aus dem Donbass abziehen und ukrainische Bewohner vertreiben“, führte Lange aus. Gleich zu Beginn des Angriffskriegs im Frühjahr 2022 waren russische Truppen nach Charkiw eingedrungen, konnten aber abgewehrt werden.

Russische Offensive hat zwei Stoßrichtungen

Den Berichten von der Front nach hat der Angriff zwei Stoßrichtungen. An einem Grenzabschnitt etwa 30 Kilometer nördlich von Charkiw besetzten russische Truppen mehrere ukrainische Dörfer. Sie lagen nach übereinstimmenden Angaben in einer Art grauer Zone noch vor der vordersten ukrainischen Verteidigung. Der ukrainische Generalstab nannte das Dorf Lipzy als Stoßrichtung dieses Angriffs.

Eine Einheit der US-Armee feuert eine Artillerie-Kurzstreckenrakete vom Typ ATACMS ab. (Archivbild)

Eine Einheit der US-Armee feuert eine Artillerie-Kurzstreckenrakete vom Typ ATACMS ab. (Archivbild)

Der zweite Angriff zielte auf die Stadt Wowtschansk etwa 40 Kilometer nordöstlich von Charkiw. Auch dort wurden mehrere kleine Orte entlang der Grenze besetzt. Im Fall Wowtschansk sehen Experten eher die russische Absicht, Nachschublinien der Ukraine in Richtung Kupjansk zu stören.

Ukraine attackiert Treibstoffdepot mit ATACMS-Raketen

Die Ukraine wehrte sich nach russischen Angaben auch, in dem sie in der Nacht auf Samstag das russische Grenzgebiet Belgorod mit Raketenartillerie und Drohnen angriff. Auch am Morgen wurde in Belgorod zeitweise Raketenalarm ausgelöst. In Rowenki im russisch besetzten Gebiet Luhansk löste Beschuss einen Brand in einem Treibstoffdepot aus.

Laut ukrainischen Medienberichten kamen dafür die von den USA kürzlich gelieferten ATAMCS-Raketen mit großer Reichweite zum Einsatz. Die Ukraine kämpft seit mehr als zwei Jahren gegen eine großangelegte russische Invasion.