- Die kurzfristige Absage von Großveranstaltungen, weil die Corona-Zahlen zu hoch liegen, ist nicht nur für Besucher ein Ärgernis.
- Gibt es bessere Möglichkeiten, Veranstaltungen wie Fußballspiele in Zeiten der Pandemie zu planen?
- Ein Überblick über alternative Ansätze
Köln – Die kurzfristige Absage der Bundesligaspiele des 1. FC Köln und von Fortuna Köln haben die Diskussion über die Verhältnismäßigkeit der Corona-Schutzverordnung neu entfacht. Was kann man künftig besser machen? Gibt es neue Vorschläge? Das sind die Ideen von Fußball und Politik.
Wie plant der FC für künftige Spiele?
In dieser Woche wird es ein Treffen des 1. FC Köln mit Vertretern der Stadt geben, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Zuvor will der Klub herausfinden, wie viel Vorlauf tatsächlich für eine Absage nötig ist – oder eben für eine kurzfristige Ansetzung, denn es könnte ja auch umgekehrt laufen. Die Kölner müssen mit ihren Dienstleistern sprechen, etwa mit den Catering-Unternehmen, die das Essen für die Stadiongäste vorbereiten. Aber auch das Ticketing muss organisiert sein.
Welches Vorgehen wünscht sich der FC darüber hinaus?
FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle hatte am Wochenende das Phantasialand in Brühl als Beispiel genannt, wo Tausende Menschen zugelassen waren. Zwar liegt Brühl im Rhein-Erft-Kreis, wo ein anderes Infektionsgeschehen als in Köln herrscht, die 7-Tages-Inzidenz dort lag am Montag bei 17. Doch wie die Besucher eines FC-Spiels nicht sämtlich aus dem Kölner Stadtgebiet kommen, ist auch nicht jeder Gast im Phantasialand ein Brühler. Daher könnte der FC noch beim Land anregen, die Berechnung zu verändern und einen Durchschnittswert zu errechnen aus der Inzidenz in Köln und aller angrenzenden Kreise. Diese Zahl würde wohl besser abbilden, wie sich das Publikum im Stadion zusammensetzt.
Wie wäre es, wenn man Veranstaltungen statt von Infektionszahlen von der Intensivbetten-Auslastung abhängig machen würde?
„Wir sollten die Entscheidung über die Austragung von Spielen mit Zuschauern weiter an die 7-Tages-Inzidenz ankoppeln“, sagt CDU-Gesundheitsexperte Peter Preuß. Vorschläge, die freien Klinikbetten als Richtwert zu benutzen, gingen in die völlig falsche Richtung. „Das Ziele einer präventiven Politik ist es ja gerade, möglichst viele Betten frei zu haben. Deswegen wäre eine Orientierung an Bettenkapazitäten zwar gut für die Veranstalter, die keine Restriktionen zu befürchten hätten. Dem Gesundheitsschutz würde aber ein Bärendienst erwiesen.“
Ist die Regelung, die 7-Tage-Inzidenz von 35 zum Kriterium für ein Zuschauer-Verbot zu machen, richtig?
Ja, sagt Andreas Teerhag, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP im Landtag. Ohne Spielregeln wären Zuschauer in den Stadien immer noch tabu, erklärt der Liberale: „Gleichzeitig muss betont werden, dass wir uns nun in einer sechswöchigen Erprobungsphase befinden, die gerade auch dazu dienen soll, den Umgang mit Zuschauern in Stadien zu erlernen.“ Nach nur einem Spieltag könne noch keine Bilanz gezogen werden.
Ist es ok, Bundesligaspiele so kurzfristig abzusagen?
Damit müssten Vereine und Zuschauer leben, sagt CDU-Experte Preuß: „Als Gesundheitspolitiker würde ich Großveranstaltungen wie Bundesligaspiele in der aktuellen Phase am liebsten ganz verbieten. Das wäre die aus meiner Sicht angemessene Reaktion auf die Tatsache, dass die Infektionszahlen weiter ansteigen“ Man habe sich in der Koalition von CDU und FDP in Absprache mit den Vereinen darauf verständigt, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gelte: „Dieser Kompromiss kann allerdings auch zu kurzfristigen Absagen führen, wenn der Grenzwert von 35 überschritten wird. Damit müssen die Veranstalter leben. Die Alternative dazu wäre ein generelles Verbot von Veranstaltungen.“ Josefine Paul, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, sieht das ähnlich: „Eine hundertprozentige Planungssicherheit kann es in einer pandemischen Zeit nicht geben.“
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Helfen neue Testmethoden weiter?
Das glaubt SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty: „ In wenigen Tagen wird ein Schnelltest auf den deutschen Markt kommen, der innerhalb von 15 Minuten ein Ergebnis bringt“, sagt der Politiker aus Essen. Die Kosten für den Test würden sich auf wenige Euro belaufen. „Wenn sich zum Beispiel die Fußballvereine und die Zuschauer die Kosten für den Test teilen würden, könnten die Fans direkt vor dem Stadion getestet werden. Dann wüssten alle im Stadion, dass dort niemand ansteckend infiziert ist. Und im Stadion wäre schon wieder sehr viel Normalität möglich“, so Kutschaty. Testkapazitäten seien in ausreichendem Maß vorhanden: „Wissenschaftler des Instituts des Deutschen Roten Kreuzes in Frankfurt haben ein Testverfahren entwickelt, wie man mit einem Test gleichzeitig zehn Personen testen kann. Das Verfahren ist wissenschaftlich geprüft und patentiert.“
Wie können derart kurzfristige Zuschauer-Verbote künftig verhindert werden?
Am sichersten, indem die Fallzahlen wieder zurückgehen. „Kurzfristige Reaktionen auf ein verändertes Infektionsgeschehen können zum Schutz der Bevölkerung immer wieder notwendig sein“, sagte die Grüne Josefine Paul. Jeder Fall sei einzeln zu behandeln. Die AfD im Landtag hält Geisterspiele in der Bundesliga grundsätzlich für verzichtbar. Zuschauerverbote müssten auf ihre Verhältnismäßigkeit „und insbesondere auf ihre Stringenz im Hinblick auf eine Gesamtkonzeption“ überprüft werden. Für AfD-Fraktionschef Markus Wagner machen Zuschauerverbote grundsätzlich „wenig Sinn“.
Wird bei den Corona-Beschränklungen mit zweierlei Maß gemessen?
Das räumt der CDU-Politiker Peter Preuß indirekt ein. Die Corona-Maßnahmen träfen nur auf Akzeptanz, wenn sie nachvollziehbar seien, sagte der Landtagsabgeordnete. „Ausdrücklich nicht nachvollziehbar ist für mich, dass zum Beispiel in Köln ein Fußballspiel verboten wird, während im benachbarten Brühl sich Tausende in einem großen Freizeitpark tummeln.“ Da müsse man zu einer Gleichbehandlung kommen. „Es kann nicht sein, dass bei der Einhaltung der Corona-Schutzverordnung mit unterschiedlichem Maß gemessen wird“, ergänzte Peter Preuß.