Düsseldorf – Mit Kritik reagiert die Opposition im Düsseldorfer Landtag auf die Ankündigung von Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP), eine Drei-Jahres-Lizenz für ein Paket des Brockhaus-Online-Nachschlagewerks zur Verwendung im digitalen Schulunterricht zu kaufen. Die Abgeordneten Matthi Bolte-Richter und Sigrid Beer von Bündnis 90/Die Grünen reichen dazu eine Kleine Anfrage ein. „Die Ministerin verkündet einen Brockhaus-Deal, der viele Fragen provoziert“, sagt Beer. So ist in einer Mitteilung des Bildungsministeriums davon die Rede, dass man „die Schulen und Schulträger durch den Erwerb von zusätzlichen digitalen Lernmitteln in der Höhe von 2,6 Millionen Euro“ unterstütze. Unklar bleibt, ob sich diese Summe in Gänze auf das Brockhaus-Lexikon bezieht.
Brockhaus-Lizenz kostete laut Schulministerium 1,6 Millionen Euro
Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger" sorgt das Schulministerium mittlerweile für eine Klarstellung: „Für 1,6 Millionen Euro wurde eine Dreijahres-Lizenz für das Online-Angebot des Brockhaus erworben. Damit wird den fast 2,5 Millionen Schülerinnen und Schülern sowie den rund 200.000 Lehrkräften des Landes Nordrhein-Westfalen ein attraktives und für sie kostenfreies Angebot zur Verfügung gestellt. Die Kosten in Höhe von 19 Cent pro Jahr pro Nutzerin bzw. Nutzer sind eine sinnvolle und lohnenswerte Investition. Auch in anderen Ländern wird Schulen das Angebot bereits zur Verfügung gestellt."
Hören Sie hier die erste Folge des Podcasts „Schul-Check – Zukunft der digitalen Schule“:
Die Online-Plattform Netzpolitik.org hält den Kauf weder aus ökonomischen noch aus didaktischen Gründen für sinnvoll – wirtschaftlich, weil sich die Landesregierung mit Steuergeld in eine wirtschaftliche Abhängigkeit von einem Privatunternehmen begebe; didaktisch, weil die Internetrecherche über Google und Wikipedia näher an der Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler liege.
Auch der SPD-Bildungsexperte im Düsseldorfer Landtag, Jochen Ott, bezweifelt, „dass dieser Weg zeitgemäß und zielführend ist. In analogen Zeiten hätte die Ministerin an den Schulen ja auch keine Lexika verteilt“. Der Einsatz von freien Materialien – sogenannte Open Educational Ressources – sei wesentlich sinnvoller und nachhaltiger. „Das viele Geld für die zeitlich befristeten Lizenz hätte die Landesregierung besser in die digitale Ausstattung und Software investiert“, so Ott.
Bilder, Grafiken, Karten
In dem Brockhaus-Paket sei ein Online-Kurs „Richtig Recherchieren“ enthalten, schreibt das Ministerium. Neben Informationstexten, Bildern, Grafiken und Karten biete das Nachschlagewerk auch Audio- und Videodateien. Ministerin Gebauer verbindet den Lizenzerwerb mit dem Ziel, „die Schullandschaft Nordrhein-Westfalens ins Zeitalter des digitalen Lehrens und Lernens zu führen“.
Neben der Dreijahres-Lizenz für das Online-Angebot des Brockhaus stelle das Ministerium für Schule und Bildung eine weitere Million Euro für den Erwerb weiterer umfangreicher Landeslizenzen für einzelne Altersstufen und Fächer zur Verfügung. Die Lizenzen werden über Edmond NRW zur Verfügung gestellt. Edmond NRW umfasse ein von den Schulen geschätztes Angebot an digitalen Materialien, welche den Schulen durch die Schulträger zur Verfügung gestellt wird, heißt es aus dem Ministerium. Das Land habe bereits in der Vergangenheit durch den Erwerb von Landeslizenzen dafür gesorgt, dass es einen einheitlichen Grundstock an digitalen Lernmaterialien für die Schulen in NRW gibt. Dieser Grundstock soll nun erweitert werden. Ein entsprechender Kriterienkatalog wurde erstellt, das Vergabeverfahren befindet sich in Vorbereitung.
Die Brockhaus Enzyklopädie wurde zuletzt als mehrbändiges Nachschlagewerk von der Bertelsmann-Tochter „Wissen Media Verlag“ herausgegeben und 2014 als Druckerzeugnis eingestellt, eine Online-Fassung des traditionsreichen Lexikons existiert bereits seit dem Jahr 2002.