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Kommentar

Zäsur für Grüne
Baerbocks Rückzug hinterlässt einen schalen Beigeschmack

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Lesezeit 2 Minuten
Prägten die Grünen seit 2018 wie niemand sonst: Annalena Baerbock und Robert Habeck

Prägten die Grünen seit 2018 wie niemand sonst: Annalena Baerbock und Robert Habeck

Bei den Grünen entsteht ein Machtvakuum. Noch größer als die Personal- sind aber die inhaltlichen Probleme, kommentiert Markus Decker.

Bei den Grünen geht es jetzt Schlag auf Schlag: Nachdem sich Robert Habeck als Konsequenz aus seiner Wahlniederlage aus der ersten Reihe zurückgezogen hatte, folgt ihm die Kanzlerkandidatin von 2021, Annalena Baerbock. Damit geht jenes Duo, das die Partei seit 2018 geprägt hat wie niemand sonst. Das ist eine Zäsur.

Habeck kann nach der Schlappe keine Ansprüche mehr stellen – und ist so integer, es auch nicht zu tun. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil hielt es in ähnlicher Lage umgekehrt: Er nahm nach dem Partei- noch den Fraktionsvorsitz. Baerbock, die sich kürzlich von ihrem Mann getrennt und zwei Kinder hat, macht für ihren Verzicht persönliche Gründe geltend. Das muss man respektieren.

Allerdings drängte sie zuletzt ebenso wie Habeck mit Macht wieder in die Regierung. Überdies war der Eindruck entstanden, als würde die Außenministerin die Wahl zur Fraktionschefin als nicht akzeptablen Rückschritt empfinden. Das hinterlässt einen schalen Beigeschmack.

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Nach Habeck und Baerbock: Die Grünen müssen neu ansetzen

Die Grünen müssen nun ganz neu ansetzen. Die Vorsitzenden von Partei und Fraktion strahlen bisher nicht die Dominanz der scheidenden Spitzenleute aus. Andererseits gilt in der Politik: Wo ein Machtvakuum entsteht, wird es gefüllt.

Gravierender ist die Unklarheit über die eigene Identität und den inhaltlichen Kurs. Habeck und Baerbock hatten die Grünen weit in die Mitte geführt und die Flügel fast neutralisiert. Sie taten dies um den Preis eines klaren Profils.

So ist auch die Äußerung des stellvertretenden Parteivorsitzenden Sven Giegold zu verstehen, der sagte, Wählerinnen und Wählern gehe es „durchaus um die Sache, nicht die Verpackung“. So stehen wieder grundlegende Fragen im Raum: Wer sind wir? Was wollen wir? Wie können wir das erreichen? Antworten wird es so schnell nicht geben.