Berlin – Die Bundesregierung stoppt vorerst das Genehmigungsverfahren für die umstrittene Pipeline Nord Stream 2. Das sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstag in Berlin.
Konkret zieht die Regierung einen Bericht an die Bundesnetzagentur zurück. Er habe das Wirtschaftsministerium gebeten, den bestehenden Bericht zur Analyse der Versorgungssicherheit bei der Bundesnetzagentur zurückzuziehen, sagte Scholz. „Das klingt zwar technisch, ist aber der nötige verwaltungsrechtliche Schritt, damit jetzt keine Zertifizierung der Pipeline erfolgen kann.“ Ohne diese Zertifizierung könne Nord Stream 2 nicht in Betrieb gehen, betonte Scholz.
Die zuständige Abteilung des Wirtschaftsministeriums werde eine neue Bewertung der Versorgungssicherheit unter Berücksichtigung dessen vornehmen, „was sich in den vergangenen Tagen verändert hat“. Das Verfahren gehe jetzt „einen neuen Gang“, sagte der Kanzler. „Das wird sich sicher hinziehen, wenn ich das mal vorhersagen darf“, fügte Scholz hinzu.
Er betonte: „In dieser Phase ist es jetzt wichtig, neben ersten Sanktionen eine weitere Eskalation und damit eine weitere Katastrophe zu verhindern. Darauf zielen alle unsere diplomatischen Anstrengungen.“ Dem Vernehmen nach ließ Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) einen solchen Schritt bereits nach seinem Amtsantritt prüfen.
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Der russische Präsident Wladimir Putin hat am Montagabend die Unabhängigkeit der Separatistenregionen Donezk und Luhansk in der Ostukraine anerkannt. Der Kremlchef ordnete auch eine Entsendung russischer Soldaten in die Ostukraine an. Er plant damit bereits zum zweiten Mal nach 2014 einen Einmarsch in die Ukraine. Der Westen wirft ihm vor, damit gegen das Völkerrecht zu verstoßen. Russland hat nach westlichen Angaben etwa 150 000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen.
Nord Stream 2: Pipeline ist fertig, Gas fließt nicht
Die umstrittene Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 war nach Angaben des russischen Gaskonzerns Gazprom im September 2021 fertiggestellt worden, sie ist noch nicht in Betrieb. Die Pipeline ist noch nicht zertifiziert, es fehlt die Freigabe durch die zuständigen Behörden.
Der 1230 Kilometer lange Doppelstrang führt vom westrussischen Wyborg nach Lubmin bei Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern). Seit Ende Dezember sind beide Stränge vollständig mit technischem Gas befüllt. Die Leitung, deren Bau 2018 begann, soll künftig 55 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr nach Deutschland liefern, die Baukosten wurden bislang mit mehr als zehn Milliarden Euro angegeben.
Projektgesellschaft Nord Stream 2 AG ist Gazprom-Tochter
Nord Stream 2 läuft parallel zu Nord Stream 1, die Ende 2011 in Betrieb genommen wurde. Ihr Bau war 2005 vereinbart worden. Im Jahr 2021 waren nach Angaben des Betreiberkonsortiums Nord Stream AG gut 59 Milliarden Kubikmeter Erdgas transportiert worden, was eine nahezu 100-prozentige Auslastung bedeutete. Seit 2011 seien mehr als 441 Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas nach Lubmin gelangt.
Die Projektgesellschaft Nord Stream 2 AG mit Sitz im schweizerischen Zug ist eine Tochtergesellschaft des russischen Gasmonopolisten Gazprom. Zu den Pipeline-Investoren gehören die deutschen Konzerne Wintershall Dea und Uniper, die niederländisch-britische Shell, das österreichische Energieunternehmen OMV und Engie aus Frankreich. (dpa)