AboAbonnieren

Studien aus Südafrika und UKImpfschutz gegen Omikron verringert – was helfen kann

Lesezeit 6 Minuten
Omikron Symbolbild

Die Omikron-Variante kommt besser gegen den Impfschutz an als ihre Vorgängerinnen.

Köln – Die Omikron-Variante wird die Corona-Pandemie wohl auf eine neue Ebene heben. Gab es in den ersten Tagen und Wochen größtenteils nur Vermutungen, wie sich die Mutation des Virus auf das Infektionsgeschehen auswirken könnte, gibt es nun nach und nach erste Ergebnisse aus Studien. Diese deuten an, dass der Schutz Geimpfter vor Infektionen und leichten Verläufen sinken könnte. Gegen schwere Verläufe wirkt die Impfung allerdings wohl auch bei Omikron gut. Eine wichtige Rolle werden aller Voraussicht nach Auffrischungsimpfungen spielen.

In einer Bevölkerungsstudie haben Forschende Hinweise darauf gefunden, dass die Wirkung der Corona-Impfstoffe von Biontech und Astrazeneca gegen die Omikron-Variante schwächer ausfällt als gegen die Delta-Variante. Eine Auffrischungsimpfung hebe den Schutz vor symptomatischer Infektion wieder an, berichten die Forschenden um Nick Andrews von der UK Health Security Agency (UKHSA) in einer noch nicht von Fachkollegen geprüften Studie. „Diese wichtige UK-Studie zu Omikron zeigt erstmals klarer, wie ansteckend Variante ist“, schreibt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am Samstag dazu auf Twitter. „Frühe Boosterimpfung scheint sinnvoll, wahrscheinlich notwendig.“ Die Forscher betonen, dass die Ergebnisse unter anderem aufgrund der noch geringen Zahl von Ansteckungen mit der Omikron-Variante mit Vorsicht zu interpretieren seien.

Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen hatten bei insgesamt 581 symptomatischen Infektionen die Omikron-Variante nachgewiesen. Im gleichen Zeitraum wurden mehr als 56.000 Infektionen mit der Delta-Variante bestätigt. Die Auswertung der Daten ergab, dass der Schutz vor symptomatischer Infektion mit Omikron 15 Wochen nach der zweiten Dosis Biontech auf 34 Prozent sinkt. Menschen, die mit zwei Dosen des Astrazeneca-Präparats geimpft worden waren, hatten keinen Schutz mehr vor symptomatischer Infektion. Zwei Wochen nach einer Booster-Impfung stieg die Schutzwirkung bei beiden Präparaten auf über 70 Prozent.

Alles zum Thema Christian Drosten

Bei der Delta-Variante waren diese Werte auch Wochen später deutlich besser, weshalb die Forschenden folgern, dass zwei Dosen der untersuchten Impfstoffe nicht ausreichen, um wirksam vor Ansteckung und milder Erkrankung nach Infektion mit der Omikron-Variante zu schützen. Unklar sei, wie lange der verbesserte Schutz nach der Booster-Impfung halte. „Diese frühen Schätzungen sind mit Vorsicht zu genießen, aber sie deuten darauf hin, dass einige Monate nach der zweiten Impfung das Risiko, sich mit der Omikron-Variante anzustecken, höher ist als mit dem Delta-Stamm“, sagte Mary Ramsay von der UKHSA laut einer Mitteilung der Behörde.

Auch Biontech sieht schlechteren Impfschutz gegen Omikron

Trotz der Unsicherheiten: Die Ergebnisse der Forschenden weisen in die gleiche Richtung wie auch vor einigen Tagen vorgestellte Ergebnisse erster Laboruntersuchungen. So hat das Mainzer Unternehmen Biontech erste vorläufige Ergebnisse einer Studie zur Wirksamkeit des eigenen Corona-Impfstoffs gegen die neue Omikron-Variante veröffentlicht. Am Mittwoch (8.12.) teilte das Unternehmen aus Mainz mit, dass zweifach Geimpfte deutlich schlechter gegen die Omikron-Variante geschützt seien, da bei Testpersonen deutlich geringere Mengen an neutralisierenden Antikörpern gefunden worden seien.

Nach der dritten Dosis, also der Booster-Impfung, habe sich die Menge im Vergleich zur Doppel-Impfung um das 25-Fache erhöht. „Diese ersten Daten lassen darauf schließen, dass eine Auffrischungsimpfung einen ausreichenden Schutz gegen eine durch die Omikron-Variante ausgelöste Erkrankung jeglicher Schwere bieten kann“, wird Biontech-Gründer Uğur Şahin in der Mitteilung zitiert.

Weitere Studien zur Wirksamkeit des Impfstoffs veröffentlicht

Zuvor hatten zwei Studien zur Wirksamkeit der bisher zugelassenen Impfstoffe gegen die neue Omikron-Variante des Coronavirus' nahegelegt, dass die Entwicklung eines abgewandelten Impfstoffs sinnvoll sei. Eine entsprechende Studie veröffentlichte die deutsche Virologin Dr. Sandra Ciesek am Mittwoch (8.12.). Demnach liege die Zahl der neutralisierenden Antikörper gegen die Omikron-Variante des Virus nach sechs Monaten bei zwei Impfungen mit Biontech, Moderna oder einer Kreuzimpfung mit Astrazeneca und Biontech bei nahezu null Prozent.

Bei Personen, die zweimal mit Biontech geimpft und anschließend mit dem selben Impfstoff geboostert wurden, liegt die Neutralisation drei Monate nach dem Booster ebenfalls nur noch bei 25 Prozent. Bei der Delta-Variante läge diese zum selben Zeitpunkt bei 95 Prozent. Die neutralisierenden Antikörper sind in der Lage, das Virus zu bekämpfen und tragen im Wesentlichen zu einem hohen Impfschutz bei, sind aber nicht mit diesem gleichzusetzen.

Omikron: Neutralisierende Antikörper gegenüber Delta deutlich reduziert

Ciesek twitterte, dass einige gebildete Antikörper gegen das Virus wirkungslos sind, eine Entwicklung eines abgewandelten Impfstoffs werde empfohlen. Die Studie könne allerdings keine Aussage über die Schwere des Verlaufs bei der Infektion mit der Omikron-Variante treffen.

Der Neutralisationsfaktor bei der Omikron-Variante im Vergleich zur Delta-Variante wäre damit um das bis zu 37-Fache reduziert. „Die Studie ist keine gute Nachricht für zweifach geimpfte Menschen. Eine dritte Dosis wird notwendig sein“, twitterte Virologe Dr. Christian Drosten mit Bezug auf Cieseks Studie. Drosten betonte aber auch nochmal, dass eine 37-fache Reduktion nicht gleichbedeutend mit einem ähnlichen Effekt beim Impfschutz sei: „Im Moment ist Dreifachimpfung der beste Schutz. Neue Impfstoffe erst nach der Winterwelle. Nicht warten, sondern boostern“, twitterte der Virologe der Berliner Charité.

Erkenntnisse zur Abnahme des Impfschutzes bringt auch eine Studie aus Südafrika, auf die Alex Sigal, Professor am Africa Health Research Institute, hinweist. Sigal gilt mit seinem Team vom Afrikanischen Gesundheits-Forschungsinstitut AHRI als weltweit erster Wissenschaftler, der das Virus künstlich gezüchtet hat. Die Neutralisierung von Omikron habe im Vergleich zu einem früheren Covid-Stamm sehr stark abgenommen, schreibt er. Die Wirkung eines Boosters hat Sigal aber laut „Tagesspiegel“ noch nicht untersucht.

Impfung schützt wohl vor schwerem Omikron-Verlauf

Der Impfschutz vor einer Infektion mit der Omikron-Variante sowie vor einem leichten Krankheitsverlauf scheint im Vergleich zur Delta-Variante also niedriger zu sein. Bei der Verhinderung von schweren Krankheitsverläufen bleiben die Impfstoffe aber wohl weiterhin sehr effektiv, betont Alex Sigal: „Wir sehen keinen Grund zu glauben, dass Impfungen nicht vor schweren Omikron-Erkrankungen schützen“, sagte er.

US-Virologe und Gesundheitsberater von Präsident Joe Biden, Anthony Fauci, schätzte die Omikron-Variante dagegen nicht so gefährlich ein wie die derzeit überwiegend grassierende Delta-Variante: „Es ist nahezu sicher, dass sie nicht schlimmer ist als Delta“, erklärte Fauci am Dienstag (7.12.). In Südafrika sei bei einer Studie gezeigt worden dass, „das Verhältnis zwischen der Zahl der Infektionen und der Zahl der Krankenhausaufenthalte wohl geringer ist als bei Delta.“ Fauci bezieht sich damit offenbar auf die Verläufe der Krankheit und nicht auf den Impfschutz.

Komplettes Aushebeln des Impfschutzes „höchst unwahrscheinlich“

Ein Experte der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hält es für „höchst unwahrscheinlich“, dass die neue Omikron-Variante des Coronavirus den Schutz von Impfstoffen komplett aushebeln könnte. „Wir haben hochwirksame Impfstoffe, die sich bisher gegen alle Varianten als wirksam erwiesen haben, was schwere Erkrankungen und Krankenhausaufenthalte angeht“, sagte der Leiter der WHO-Notfallabteilung, Michael Ryan, der Nachrichtenagentur afp am Dienstag (7.12.).

Eine gute Nachricht gibt es bei den Antigen-Schnelltests. Diese sollen laut Ciesek nach wie vor funktionieren, in einem ersten Versuch schlugen die Test drei verschiedener Hersteller bei der Omikron-Variante ebenfalls an und lieferten ein positives Ergebnis. (shh/tli/dpa)