In Sachen LiebeIch komme beim Sex zu schnell zum Orgasmus – was kann ich tun?
- Was gibt es Schöneres und Wichtigeres im Leben als die Liebe? Wie wir sie finden, pflegen und sie uns erhalten; was geschieht, wenn sie vergeht oder wir sie verlieren – darum geht es in unserer PLUS-Kolumne „In Sachen Liebe“.
- Im wöchentlichen Wechsel beantworten die erfahrenen Psychologen Damaris Sander und Peter Wehr sowie Urologe Volker Wittkamp und Schauspielerin Annette Frier Ihre Fragen rund ums Liebesleben, Sex, Kindererziehung und alles, was Paaren begegnet.
- In dieser Folge stellt sich Volker Wittkamp der Frage, wie man mit frühzeitigem Samenerguss umgehen kann.
Köln – Schon seit meiner Jugend habe ich ein heikles Problem: Beim Geschlechtsverkehr komme ich recht schnell, nach circa drei Minuten, zum Orgasmus. Bis jetzt habe ich mich noch niemandem (privat oder professionell) anvertraut. Haben Sie Tipps, wie ich mit dem Problem umgehen kann?
Der frühzeitige Samenerguss, oder Ejaculatio praecox, wie wir Mediziner das nennen, zählt zu den häufigsten sexuellen Funktionsstörungen beim Mann. Manche Statistiken gehen von bis zu 20 Prozent Betroffenen aus.
Der frühzeitige Samenerguss zählt zu den häufigsten sexuellen Funktionsstörungen beim Mann
Trotz dieser enormen Zahl bleibt das Thema mit großer Scham behaftet, und den Betroffenen fällt es – wie Ihnen – äußerst schwer, ihr Problem offen anzusprechen, egal ob in einer dauerhaften Partnerschaft, bei einem One-Night-Stand oder aber im Freundeskreis.
Ebenso groß ist die Hürde, sich einem Arzt anzuvertrauen. Dabei gibt es Situationen, in welchen es fast normal sein kann, recht früh zum Orgasmus zu gelangen. Zum Beispiel nach einer längeren Enthaltsamkeit, beim ersten sexuellen Kontakt oder in einer neuen Beziehung. Zum wirklichen Problem wird der vorzeitige Samenerguss, wenn er regelmäßig auftritt und ein Leidensdruck besteht.
Unrealistische Erwartungen wegen der Pornoindustrie
Manchmal sind unrealistische Erwartungen Teil des Problems. Was schätzen Sie, wie lang es durchschnittlich dauert, bis der Mann beim Geschlechtsverkehr zum Samenerguss kommt? Es sind etwa fünfeinhalb Minuten.
Davon sind Sie zum Beispiel gar nicht so weit entfernt. Unrealistische Vorstellungen mit weitaus höheren Zeitangaben haben sicher mit der Pornoindustrie zu tun. In deren Erzeugnissen sind allerdings Profis am Werk, und zudem sind die Filme natürlich geschnitten und bearbeitet. Es kann helfen, sich von den darin suggerierten Verhältnissen zu verabschieden.
Oder gehen Sie nach dem neuesten Actionfilm auch traurig aus dem Kino, weil Sie nicht all die Fähigkeiten des Superhelden besitzen? Auf der anderen Seite gibt es tatsächlich sehr extreme Fälle von frühzeitigem Samenerguss. Hier kann es bereits nach weniger als einer Minute zum Samenerguss kommen oder – noch schlimmer – bereits vor dem eigentlichen Sexualakt. Ein weiteres Problem ist es, den bevorstehenden Samenerguss nicht aufhalten zu können.
Präparate gegen den frühzeitigen Samenerguss
Wie sieht es mit den Ursachen aus? Diese sind – wie leider so oft in der Medizin – noch nicht völlig geklärt. Vermutet wird jedoch eine Beteiligung des Glückshormon Serotonin. Hier setzt dann auch die medikamentöse Behandlung mit Tabletten an.
Bei dem Medikament handelt es sich um eine Substanz aus der Gruppe der Antidepressiva, die den Serotonin-Haushalt des Körpers beeinflusst und so den vorzeitigen Samenerguss hinauszögert. Allerdings ist das einzige zugelassene Medikament aus dieser Substanzgruppe nicht das zugleich wirkungsvollste.
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Eine weitere Möglichkeit der Behandlung ist der Einsatz betäubender Gels, die direkt auf die Eichel aufgetragen werden oder bereits im Kondom enthalten sind. Sie setzen die Empfindlichkeit des Mannes herab und verhelfen so zu einem längeren Geschlechtsverkehr. Ohne Kondom sollte man darauf achten, die Präparate nach der Einwirkzeit wieder abzuwaschen, da sonst auch sensible Körperpartien der Partnerin oder des Partners mitbetäubt werden, was natürlich nicht gewünscht ist.
Mit der richtigen Technik zum längeren Vergnügen
Neben diesen medikamentösen Formen gibt es noch Verhaltensmaßnahmen, die unter professioneller (medizinischer) Anleitung erlernt werden können. Bei der Stopp-Start-Technik wird der Geschlechtsakt kurz vor dem Höhepunkt unterbrochen und nach Abklingen des Ejakulationsreizes wieder fortgesetzt.
Die Squeeze-Technik (vom Englischen „to squeeze“ – quetschen) funktioniert ähnlich, allerdings wird hierbei der Ejakulationsreiz durch einen festen Druck auf die Eichel unterbrochen und danach der Geschlechtsverkehr wieder aufgenommen.
Der letzten Endes einfachste und wichtigste Schritt für Betroffene ist und bleibt der offene Umgang mit dem Thema in der Partnerschaft und/oder die Suche nach professioneller Hilfe. Nur Mut! Und wie Sie sehen, haben Sie die erste Hürde jetzt schon mit Erfolg genommen.