- Seit Hotels wieder Gäste empfangen dürfen, steigen auch die Fahrgastzahlen bei der Deutschen Bahn wieder an.
- Doch wie sicher ist eine Reise mit der Bahn in Zeiten der Corona-Pandemie?
- Unsere Experten verraten, wo die Infektionsgefahren im Fernverkehr besonders hoch sind und wo sie sich vermeiden lassen.
Berlin/ Köln – Züge – ob im Nah- oder Fernverkehr – haben seit Beginn der Corona-Krise einen schlechten Ruf. Um rund 90 Prozent waren die Fahrgastzahlen seit Beginn der Pandemie etwa bei der Deutschen Bahn eingebrochen. Denn Kontakt-Verfolgungs-Studien aus den chinesischen Städten Shenzhen und Ningbo kamen zum Ergebnis, dass sich die zweitmeisten Covid-19-Fälle durch den Aufenthalt mit einem Infizierten in einem Zug oder anderen Verkehrsmittel ereignet haben. Nur wer mit einem Infizierten im selben Haushalt lebt, ist laut den beiden Studien einem noch höheren Infektionsrisiko ausgesetzt.
Noch mehr Bahnreisende an Pfingsten
Seit den bundesweiten Lockerungen der Corona-Maßnahmen nehmen die Reservierungen bei der Deutschen Bahn trotzdem wieder zu. Um die Fahrgäste zu schützen, hat der Konzern eine Reihe von Maßnahmen eingeführt. Von einer Beschränkung der Fahrgastzahlen, über ein Warnsystem bei zu vollen Waggons bis zu Abstandsregelungen. Aber: Erhöht das die Sicherheit beim Bahnfahren überhaupt?
Einen ersten Stresstest gab es bereits am vergangenen langen Wochenende: Mehr als 750.000 Reisende nutzten das viertägige Wochenende, um mit der Deutschen Bahn erstmals wieder zu verreisen, wie der Konzern Anfang dieser Woche mitteilte. Verglichen mit dem Vorjahr waren das lediglich halb so viele Kunden. Doch mit Blick auf die Vorwochen in der Corona-Krise bedeutete das einen erheblichen Anstieg für das Unternehmen. Sehr wahrscheinlich, dass die Zahl der Reisenden an Pfingsten nochmal steigen wird.
Deutsche Bahn setzt auf Reduzierung der Fahrgäste und Eigenverantwortung
Um die Auslastung möglichst gleichmäßig auf alle Züge zu verteilen, hat die Bahn schon lange vor der Krise eine Auslastungsanzeige in der eigenen Buchungs-App installiert. Diese wird nun den neuen Bedingungen angepasst: Schon wenn ein Zug nur zur Hälfte ausgebucht ist, wird eine hohe Auslastung angezeigt – in der Hoffnung, dass weitere Kunden auf eine andere Fahrt ausweichen. Steigen die Buchungen weiter, könne auch der Ticketverkauf ausgesetzt werden, hieß es. Eine Reservierungspflicht soll es aber weiterhin nicht geben.
Zudem erhöht der Konzern auch sein Angebot im Fernverkehr. Auf den Routen zwischen den großen Städten wie etwa zwischen Berlin und dem Ruhrgebiet und weiter Richtung Süden sollen wieder Doppel- statt Einzelzüge eingesetzt werden. Damit werde sich das Sitzplatzangebot verdoppeln.
Aerosole: Die unsichtbare Gefahr?
Doch wie sinnvoll sind die Beschränkungen der Fahrgäste pro Waggon im Hinblick auf neuere Studien zum Coronavirus? Diese legen nahe, dass sich das Virus nicht allein, wie bisher angenommen, über Tröpfchen verbreitet, sondern auch durch sogenannte Aerosole. Aerosolpartikel sind um ein vielfaches kleiner als die gröberen Tröpfchen, die etwa beim Husten ausgestoßen werden, und gelangen daher schon durch das Atmen in die Luft.
Eingeschlossen in Flüssigkeit können sich in den Aerosolen auch Viren befinden, die aktuellen Studien zufolge mehrere Stunden lang an der Luft infektiös bleiben. Aufgrund ihres extrem niedrigen Gewichts können sich die Partikel in geschlossenen Räumen lange in der Luft halten. Dem Virologen Christian Drosten zufolge sei es möglich, dass gar die Hälfte aller Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus durch solche Aerosole übertragen werden. So empfiehlt der Virologe, häufiger gründlich zu lüften. Das sei wesentlich effektiver als ständiges Desinfizieren von Oberflächen.
Mund-Nasen-Bedeckung und Klimaanlagen in Zügen
Lüften ist in Zügen wie dem ICE aber nicht möglich. Stattdessen empfiehlt die Deutsche Bahn allen Reisenden, Mund-Nase-Bedeckungen zu tragen. Eine Pflicht gibt es aber nicht. Die Klimaanlagen in den Zügen sorgten für einen schnellen und stetigen Luftaustausch, sagte Berthold Huber, Personenverkehrsvorstand bei der Deutschen Bahn der Deutschen Presse Agentur. Seitens der Landesverordnungen einiger Bundesländer allerdings gilt eine Tragepflicht, die sich somit auch auf Züge der Deutschen Bahn erstreckt. Darunter ist auch Nordrhein-Westfalen.
Für den Verbraucherzentrale Bundesverband reichen solche „beruhigenden Hinweise“ allerdings nicht aus. „Ein Ausfall oder Defekt einer Klimaanlage ist in Corona-Zeiten dann nicht mehr nur ärgerlich, sondern muss zu einer sofortigen Sperrung des Waggons führen“, teilte der Verband mit. Er forderte zudem dazu auf, mehr Personal in den Zügen einzusetzen, um bei Problemen zu helfen und mögliche Konflikte zu entschärfen. „Nur auf soziale Kontrolle zu setzen, wird nicht ausreichen und kann Bahnfahren stressig machen.“
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Auch Thomas Preis, Chef der Apothekerverbände Nordrhein und Köln, sieht die häufigen Ausfälle der Klimaanlagen in Zügen der Deutschen Bahn kritisch. „Selbst zu normalen Zeiten würde niemand gerne in ein Abteil einsteigen, in dem die Luft steht“, so Preis. Er empfehle, in einem solchen Fall lieber auf das Bauchgefühl zu hören und nicht einzusteigen oder ein anderes Abteil aufzusuchen. „Wenn im Fernverkehr keine Maskenpflicht, sondern nur eine Trageempfehlung seitens der Deutschen Bahn gilt, würde ich generell bei solchen Fahrten zum Tragen einer FFP2-Maske raten“, empfiehlt Preis. „Mittlerweile gibt es sie auch wieder zu relativ günstigen Preisen in der Apotheke.“
Den Fernverkehr besser nur mit FFP2-Maske nutzen
Denn während einfache Masken nur andere schützen, können die speziellen FFP2-Masken auch den Träger selbst vor einer Infektion mit dem Coronavirus schützen. Im Nahverkehr seien laut Preis dennoch keine FFP2-Masken notwendig. „Hier reicht auch eine einfache oder sogar selbstgenähte Mund-Nasen-Bedeckung, da aufgrund der Maskenpflicht alle Fahrgäste eine tragen müssen“, weiß Preis. Wichtig sei bei einer fehlenden Maskenpflicht im Fernverkehr da wo eben möglich, das Abstandsgebot einzuhalten, denn Preis warnt: „Gerade in geschlossenen Räumen ist die Gefahr einer Übertragung des Virus höher.“
Wer also am Pfingstwochenende plant, mit dem Zug zu verreisen, sollte einige vorsorgende Maßnahmen treffen.
Die Empfehlungen der Experten im Überblick:
- Warnhinweise der Deutschen Bahn beachten. Ist ein Abteil zu 50 Prozent ausgebucht, lieber auf eine andere Fahrt ausweichen
- Während der Fahrt eine FFP2-Maske tragen
- Am Bahnhof und während der Fahrt auf Abstand zu den Mitreisenden achten
- Unklimatisierte Abteile besser meiden
(ReL/mit dpa)