Spar-Check: MobilitätWie ich gedanklich nach Windeck zog – und dadurch sparte
Köln – Eine Woche lang versucht unser Autor, möglichst nachhaltig, klimaneutral und sparsam zu leben. In Sachen Mobilität ist er ziemlich vorbildlich unterwegs und wagt daher ein rechnerisches Gedankenexperiment: Was wäre, lebte er nicht mitten in Köln, sondern auf dem Land? Eine Musterrechnung, die sehr deutlich ausfällt.
Ein Fünftel des CO2-Ausstoßes in Deutschland wird durch den Verkehr in die Luft geblasen. So viel steht fest: Um die Klimawende hinzubekommen, müssen mehr Menschen vom Verbrennermotor auf E-Mobilität, öffentliche Verkehrsmittel, am allerbesten aufs Fahrrad umsteigen.
Der Spar-Check
Die Idee
Unser Autor Florian Holler hat eine Woche lang versucht, so sparsam und nachhaltig wie möglich zu leben. Hier erzählt er von seinen Erfahrungen.
Der Tester
Florian Holler ist 27 Jahre alt, er lebt seit 2014 in Köln und liebt die Kultur, das Kölsch und manchmal auch das Chaos der Stadt. Was Klimaschutz angeht, hat er sich bisher immer eher durchgewurschtelt. Nun prüft er, was für ihn wirklich funktioniert.
Der Hintergrund
Die Klimakrise verschärft sich, und jetzt treibt die Inflation auch noch die Preise in die Höhe. Wie damit umgehen? Wie viel CO2 lässt sich durch individuellen Konsum einsparen? Welche Tricks lassen sich in den Alltag integrieren? Welche Spartipps sind besonders wirkungsvoll? Und vor allem: Wie teuer ist das?
Die Versuchsanordnung
Dies ist ausdrücklich ein Selbsttest und keine wissenschaftliche Versuchsanordnung. Wir wollen möglichst realitätsnah zeigen, wie viel man für sich im Alltag sparen, wie nachhaltig jeder und jede leben kann, daher gehen wir auch von einer alltäglichen und nicht von einer künstlich kreierten Situation aus.
Das Vorgehen
Um einen Vergleich zu haben, hat Florian Holler eine Woche lang Daten erhoben: den Stromverbrauch gecheckt, die Menge des produzierten Mülls festgestellt, geschaut, wie viel Wasser er pro Tag verbraucht. In der Folgewoche wurde dann gespart. Danach hat er verglichen.
Zumindest auf diesem Gebiet kann ich ohne Übertreibung sagen, dass ich sehr vorbildlich unterwegs bin. Ein Auto besitze ich nicht, durch Köln bewege ich mich ausschließlich mit Bus oder Bahn, noch öfter aber mit dem Rad. Weil es bei diesem Experiment aber nicht darum gehen soll, mich selbst zu beweihräuchern (oder nicht nur): Der Grund für meine Vorbildlichkeit liegt nicht in meinem superprogressiven Umweltbewusstsein begründet, sondern in günstigen Bedingungen. Ich wohne mitten in Köln.
Der Spar-Check - alle Folgen
• Folge 1: Strom sparen Wie ich eine Woche nach Robert Habecks Tipps Energie sparte
• Folge 2: Plastik sparen Wie ich meine Vorurteile gegen Unverpackt-Läden überwunden habe
• Folge 3: Ernährung Es ist verdammt schwer, günstig und klimafreundlich einzukaufen
• Eine Übersicht über alle Folgen
Sich hier in der Großstadt ein Auto anzuschaffen und sich durch den zähen Verkehrsfluss zu quälen, macht in meinen Augen wenig Sinn. Außerdem bin ich noch relativ fit, und das Fahrrad ist in meinem Büroalltag eine willkommene Gelegenheit, wenigstens ab und zu Bewegung zu bekommen.
Auf nach Windeck
Mein Fall ist deswegen nicht repräsentativ. Viele Pendlerinnen und Pendler aus dem Umland haben es deutlich schwerer, sich klimabewusst fortzubewegen. Was wäre also, wenn mir der Trubel und die Mietpreise in Köln irgendwann einmal zu viel werden und ich aufs Dorf ziehen würde? Die Wahl für meinen neuen Wohnsitz, so viel weiß ich, würde auf Windeck fallen – eine schnucklige Gemeinde mit rund 66 Ortschaften im östlichen Rhein-Sieg-Kreis und dank S-Bahn-Stationen trotzdem ganz gut angebunden.
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Wie schwer also würde es mir fallen, auf das Auto zu verzichten, wenn ich jeden Tag von Windeck nach Köln in die Redaktion pendeln würde? Wie teuer wäre das? Und wie viel CO2 würde ich einsparen?
Von Windeck nach Köln: Die Dauer
Mit dem Auto dauert die – je nach Streckenführung – rund 63 Kilometer lange Fahrt aus Windeck bis vor die Pforten der Redaktion ohne Stau etwa 55 Minuten. Die Anreise mit der Bahn dauert erwartungsgemäß länger, der Unterschied fällt aber gering aus. Zwei S-Bahnen tuckern bis zum Kölner Hauptbahnhof. Um zur Redaktion zu kommen, müsste ich dann noch in die Straßenbahnlinie 16 umsteigen. Insgesamt dauert die Fahrt etwa 1 Stunde und 15 Minuten.
Die Kosten
Hin- und Rückfahrt zusammengenommen, müsste ich jeden Tag etwa 125 Kilometer fahren, bei einer Fünf-Tage-Woche wären es also 625 Kilometer wöchentlich.
Bei den aktuellen Spritpreisen müsste ich dafür etwa 78 Euro für Benzin pro Woche einrechnen. Als Berechnungsgrundlage habe ich den beliebtesten Kleinwagen der Deutschen genommen: den VW Polo, der etwa 6,2 Liter verbraucht. Rechnet man dann noch Versicherung, Verschleiß und Steuern dazu (für einen Kleinwagen durchschnittlich etwa 50 Euro pro Woche) komme ich auf Kosten von 128 Euro, die mich das Pendeln mit dem Auto jede Woche kosten würde.
Durch das 9-Euro-Ticket ist das Pendeln momentan natürlich unschlagbar günstig. Aber selbst, wenn das Ticket nach dem August ersatzlos gestrichen würde, ist auch das normale Monatsticket günstiger als das Auto: Satte 241,70 muss man ohne 9-Euro-Ticket für ein Monatsticket aus Windeck nach Köln zahlen. Pro Woche kommt man also auf etwa 60 Euro. Das ist natürlich viel Geld, aber immerhin nur halb so teuer wie das Auto.
Die Klimabilanz
Auch der CO2 Vergleich fällt eindeutig aus. Die Kolleginnen und Kollegen von Quarks haben einen CO2-Rechner für Mobilität aufgesetzt, der auf Zahlen des Instituts für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg basiert. Mit dem Auto würde ich jede Woche 107,7 kg CO2 in die Luft blasen, um zur Arbeit zu kommen.
Was womöglich überraschend anmutet: Auch das Pendeln mit der Bahn ist alles andere als klimaneutral. Pro Woche wäre ich für 39,8 kg CO2 verantwortlich. Das ist aber immerhin fast nur ein Drittel.
Fazit: Nicht nur für die Umwelt besser
Selbst aus dem Umland ist das Pendeln nach Köln mit dem Zug nicht nur klimaschonender, sondern auch wesentlich günstiger. Aus Windeck würde ich zwar etwas länger in der Bahn sitzen, aber auch was die Dauer angeht ist der Unterschied nicht riesengroß.
Zur Wahrheit gehört aber natürlich auch: Noch immer gibt es viel zu viele Ortschaften, die viel schlechter ans Bahnnetz angeschlossen sind als das beschauliche Windeck, wo immerhin zwei S-Bahnen durchfahren. Außerdem kann ich jeden verstehen, der beim Gedanken an ausfallende und verspätete Bahnen, überfüllte Züge und den immer noch hohen Preisen zögert, umzusteigen. Lohnen würde es sich allerdings.
Anmerkung der Redaktion: In einer vorherigen Version dieses Textes stand, dass Windeck ein Ort sei. Das ist nicht richtig: Windeck ist eine Gemeinde, die aus vielen kleineren Orten besteht.