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Trotz Trump10 Gründe, warum die USA immer noch echt „great“ sind

Lesezeit 19 Minuten
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Ein Land, viele Besonderheiten

  1. Zugegeben: Die USA machen es einem in letzter Zeit nicht leicht. Rassismus, eine katastrophale Corona-Politik, ein Präsident im Wahn.
  2. Dennoch gibt es jenseits des großen Teichs weiterhin einzigartige Dinge, die wir lieben und für die die USA immer noch echt „great“ sind.
  3. Von Fast Food, über Late Night bis zur NBA – hier lesen Sie, warum wir die Vereinigten Staaten nicht aufgeben sollten. Das Land bleibt ein Sehnsuchtsort.

Die Häuser höher, das Land weiter, die Burger gigantisch. Das war das Amerika-Bild, wenn man als Kind in den 1970er Jahren in Westdeutschland aufgewachsen ist. Disneyland und Freiheitsstatue reichten auch noch in den kindlichen Horizont hinein. Später lernte man auch den Einfluss der Musik schätzen; New-York-Funk aus einer Zeit, als die Stadt noch mit einer extremen Kriminalitätsrate statt mit abstrus hohen Immobilienpreisen in Verbindung gebracht wurde, sollte die musikalische Vorliebe dieser Generation prägen – weniger der Gitarrenrock, der später aus Seattle weltweit Fans generierte.

Im Laufe der Jahre die Sichtweise vieler amerikanischer Schriftsteller kennenzulernen, beförderte ebenfalls die Vereinigten Staaten zum Sehnsuchtsland und verhalf zur Urteilskraft über amerikanische Hochkultur (Central Park, Jackson Pollock), Trash (Chicken Nuggets und Sitcoms) und einem oszillierenden Dazwischen (Alf, Madonna, Sex and the City). Und alles, was von der südkalifornischen Surferszene irgendwann in Mitteleuropa angekommen ist – Mode, Lässigkeit, Lebenslust –, komplettierte die Vorstellung von Amerika in Sachen Größe, Höhe und Weite um den wichtigen Baustein Freiheit.

Schüleraustausch, NBA, Fast-Food

So hat jeder, gleich in welchem Jahrzehnt geboren, seine Amerika-Erlebnisse gemacht, seine Erfahrungen gesammelt. Wichtige oder besonders einprägsame, die bis heute zu einer hohen Affinität mit den Staaten auch in unserem Ressort führen, stellen wir auf den folgenden Seiten vor. Ob es die Freundlichkeit seiner Bürger oder fettiges Fast Food ist. Der Schüleraustausch bei den Mormonen in Salt Lake City, der zum Freundschaftsverhältnis beitrug. Walt Disney, die Freude an der Prärie, die Lust, sich vor dem heimischen Fernseher die Basketballspiele der NBA-Liga mitten in der Nacht anzusehen oder Late-Night-Shows mit Stephen Colbert oder Jimmy Kimmel.

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All das hat dazu beigetragen, dass sich das Bild eines einzigartigen Reisezieles verfestigte. Diese Sehnsucht reichte vom Schnee in den Rocky Mountains bis zum Baden in den Hamptons auf Long Island. Dazwischen war viel Platz für Kunst und Großstadtbegeisterung. Was natürlich auch mit der Unerreichbarkeit zu tun hatte: Ein Flug kostete nicht wie zuletzt 329 Euro hin und zurück, sondern ein Vermögen.

Die Politik handelte lange verantwortungsvoll

So war das, seit den 1970er Jahren – unter den Präsidenten Carter, Reagan, Bush sen., Clinton, Bush jun., Obama. Die mehr oder weniger verantwortungsvolle Politik betrieben, diese jedoch nicht offen und schamlos auf Menschenverachtung und Rassismus aufbauten, wie es seit 2017 der Fall ist; seit eine menschgewordene Karikatur das Handeln der Weltmacht steuert.

Viele Menschen auch diesseits des Atlantiks sehnen das Ende dieser Regentschaft herbei. Um irgendwann einmal wieder in ein Land reisen zu können, das die Grenzen zu Mexiko nicht betoniert, sondern öffnet, sich wieder als ein verlässlicher Partner Europas erweist und seine Bürger an einem Gesundheitssystem teilhaben lässt. So dass wir irgendwann wieder gerne in dieses zwischen zwei Ozeanen eingebettete Land zurückkehren, in dem es noch so viel zu erleben gilt in Sachen Größe, Höhe, Weite. Für den Flug bezahlen wir dann auch liebend gern ein bisschen mehr als Dumpingpreise. (Eva Reik)

Late-Night-Shows und Schüleraustausch

Late-Night-Shows: 3128 Witze über Trump

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Die „Late-Show“ von Stephen Colbert profitiert am meisten von Donald Trump.

Während Corona uns hierzulande im März unsanft aus der Komfortzone geschubst hat, befinden sich die USA schon seit dem 8. November 2016 im Ausnahmezustand. Der Nacht, in der der unwahrscheinlichste aller Kandidaten zum Sieger der Präsidentschaftswahl wurde: Donald Trump. Der Star einer Reality-Show mit gelben Haaren und orangenem Gesicht. Berühmt fürs Berühmtsein. Die Kim Kardashian der 80er Jahre. Ein Schock für mindestens die Hälfte des Landes. Aber auch: Comedy-Gold für die zahlreichen Late-Night-Shows des Landes.

Im ersten Jahr seiner Amtszeit produzieren sie mehr Witze über ihn als jemals über einen anderen Politiker des Landes. Das ist das Ergebnis einer Studie des Centers for Media and Public Affairs an der George Mason University, die die Witze der Shows von Stephen Colbert, Trevor Noah, Jimmy Kimmel und Jimmy Fallon gezählt haben. Von insgesamt 6337 Witzen drehten sich 3128, also knapp die Hälfte, um den Präsidenten.

Das Publikum dankt mit hohen Einschaltquoten. Am meisten davon profitiert hat Stephen Colbert, dessen „Late Show“ seit der Inauguration von Donald Trump Jimmy Fallons deutlich harmlosere „Tonight Show“ von der Spitze vertrieben hat. Mit seinem freundlichen Gesicht und einem amüsiert-besorgten Grundton zieht er den Präsidenten täglich durch den Kakao – mal subtil, nicht selten aber auch mit derben Beschimpfungen.

Und dass ist es auch, was die amerikanische Late Night gerade so großartig macht: Sie ist mit Trump nicht nur politischer geworden. Die vielen Witze über den Präsidenten haben auch eine Funktion jenseits der Quote: Fünf Abende pro Woche richten sie die Scheinwerfer auf die Zumutungen seiner Politik, spenden Trost und ärgern einen Präsidenten, der nicht über sich selbst lachen kann. Das hat Stephen Colbert schon in der Wahlnacht 2016 erkannt. Selbst tief betroffen über das überraschende Ergebnis beendete er seine Sondersendung aber mit dem kämpferischen Versprechen, der neuen Zeit ein wenig Albernheit hinzuzufügen, denn „man kann nicht lachen und gleichzeitig Angst haben. Und der Teufel kann Spott nicht ertragen.“ (Jenny Meyszner)

Schüleraustausch: Äpfel mit Karamellsoße

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Eines der Symbole amerikanischer High-Schools: der gelbe Schulbus.

Für viele ist es die erste eigenständige Erfahrung in der weiten Ferne: der Schüleraustausch. Viele deutsche Schülerinnen und Schüler wählen dazu Amerika als Ziel aus. Laut der Weltweiser-Studie aus dem Jahr 2019 sind die Vereinigten Staaten von Amerika mit Abstand das beliebteste Gastland: 4535 deutsche Schüler und Schülerinnen waren im Jahr 2017/2018 mindestens für drei Monate in den USA. Das heißt von allen deutschen Jugendlichen in den relevanten Altersstufen nahmen rund zwei Prozent an einem solchen Schüleraustausch teil.

Auch wenn mein eigener Austausch nur für drei Wochen war, er bleibt in Erinnerung. Die erste weite Reise ins Ausland, die erste ohne die eigene Familie. Stattdessen wird man in einer fremden Familie ein Mitglied auf Zeit. Dabei erlebt man die andere Kultur, die Großzügigkeit der Menschen. Der erste Eindruck einer Jugendlichen: Alles ist viel größer. Ob Autos oder Milchkanister, Straßen oder Einkaufszentren. Viele neue Erfahrungen werden gemacht. Das Leben in einer anderen Religion – in Salt Lake City beispielsweise mit dem Mormonentum. Das etwas andere Essen: Muffins zum Frühstück, Chips zum Lunch und Fast Food zum Abendessen. Wenn es dann als Snack beim Fernsehen am Abend einen Apfel gab, wurde der mit Karamellsoße serviert. Yummy. Und schließlich beeindruckt einen der Alltag eines amerikanischen Schulkindes: die andere Art des Schulsystems, die Vorliebe für Sport, die exotischen Fächer. Ich hatte zum Beispiel Gebärdensprache als Unterrichtsfach.

So unterschiedlich die Eindrücke jedes einzelnen Teilnehmers sein mögen: Es ist sicher eine einzigartige Erfahrung, von der man sein ganzes Leben profitiert. Es prägt enorm, in jungen Jahren seinen persönlichen Horizont derart zu erweitern, schon mal ein bisschen ins selbstständige Leben hineinzuschnuppern. Ein fremdes Land zu erfahren. Die Gastfreundschaft zu erleben. Aus Fremden werden Freunde. Aus dem Fremden kann eine zweite Heimat werden.

So findet ein Austausch zwischen den Kulturen statt. Ein gegenseitiges Verständnis entsteht. Letztendlich können solche Schüleraustausche einen großen Beitrag zur Völkerverständigung leisten. Und vielleicht ist das in diesen Zeiten sogar wichtiger denn je. (Katharina Hensel)

Fast-Food-Kultur und NBA

Fast-Food-Kultur: Übersalzene Pommes und goldbraune Nuggets

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Ein Klassiker der amerikanischen Fast-Food-Kultur: der Barbecue-Burger.

Donald Trump wird sehr viel vorgeworfen. Zu Recht. Es gibt aber eine Kritik, die endlich widerlegt gehört. Es war im Januar 2019. Die Clemson Tigers, ein amerikanisches College-Football-Team ist soeben Meister geworden. Traditionell wird das Gewinnerteam zum großen Dinner ins weiße Haus eingeladen. Die Spieler staunten, als sie die Speisekarte sahen: Burger, Pommes und Pizza. Frevelhaft! Unerhört! Ekelhaft! So lassen sich die Vorwürfe von damals subsumieren. Doch sie laufen ins Leere, aus verschiedenen Gründen.

Da wäre zunächst der unbestreitbar hervorragende Geschmack von Burgern und allem anderem amerikanischen Fast Food. Fett ist ein Geschmacksträger. Viel Fett heißt viel Geschmack. Viel Geschmack heißt sehr lecker. Eigentlich ganz einfach. Egal ob fettige Burger, knusprige Mozzarella-Sticks, goldbraune Nuggets, übersalzene Pommes, riesige Eimer Cola (auch die schmeckt noch mal süßer als die stärker reglementierte deutsche Cola): Wem beim Lesen dieser Zeilen nicht das Wasser im Mund zusammenläuft, sollte sich ernsthaft Gedanken machen.

Es gibt zweifelsohne keine andere kulinarische Farbe als die Fast-Food-Kultur, welche die USA so adäquat repräsentiert. Turbo-Kapitalismus, Überfrachtung, Kommerz – all das trieft bei jedem Biss aus den ganzen Köstlichkeiten. Getoppt noch von dem Bild, das sich bereits früh morgens an den Drive-Through-Schlangen von Florida bis Kalifornien ergibt: Wartende, überdimensionierte SUV-Dreckschleudern, in denen meist wohlgenährte Einheimische sitzen, die auf die nächste Portion Fett warten.

Insofern sei an dieser Stelle eine Lanze für Trump gebrochen. Er ist bekennender Fast-Food-Fan. In schöner Regelmäßigkeit postet er Bilder, zum Beispiel aus dem Flugzeug, wo er einen Eimer Hähnchenflügel vor sich stehen hat. Fragt sich nur, wann auch endlich zu Staatsempfängen Burger und Co. gereicht werden. Es wäre nur konsequent. (Max Müller)

NBA: Viel politischer als die Bundesliga

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Die Spieler der Los Angeles Lakers knien in Solidarität mit der „Black Lives Matter“-Bewegung nieder.

Sport. Die schönste Nebensache der Welt. Nicht mehr als das. Denn es gibt wichtigere Sachen. Am 25. Mai dieses Jahres starb der Afro-Amerikaner George Floyd durch Polizeigewalt. Der Slogan „Black Lives Matter“ erklang rund um den Planeten, um auf Missstände und Rassismus aufmerksam zu machen. Fußballprofis der Bundesliga forderten Gerechtigkeit auf T-Shirts oder einer Armbinde. Und mussten sich erklären. Denn die Regeln verbieten „politische, religiöse oder persönliche Botschaften“. Dass Strafen ausblieben, dass angekündigt wurde, dies bei Anti-Rassismus-Aktionen auch künftig zu tun – geschenkt. Allein der Gedanke daran, eine Positionierung gegen Rassismus bestrafen zu können, zeigt die Haltung des Fußballs. Nichts hat über dem Spiel zu stehen.

Doch was hat das mit der Basketball-Liga NBA zu tun? Am 23. August kam es in den USA erneut zu Polizeigewalt gegen einen US-Amerikaner mit schwarzer Hautfarbe. Dem Familienvater Jacob Blake wurde mehrmals in den Rücken geschossen. Drei Tage später sollten die Milwaukee Bucks gegen die Orlando Magic spielen. Ein entscheidendes Spiel im Saisonendspurt. Playoffs, Baby. Aber den Spielern war so gar nicht nach „Playoffs, Baby“. Die Bucks kamen erst gar nicht aufs Spielfeld, die Gäste aus Orlando verließen es kurz vor dem geplanten Anwurf. Der Ligaverband NBA sagte die weiteren Partien ab, andere Sportarten in den USA folgten. Der Protest gegen Rassismus und Polizeigewalt hatte eine völlig neue Ebene erreicht.

Nach drei Tagen eines stillen und gerade deshalb sehr lauten Boykotts gingen die Spiele weiter. Die Forderung nach Gerechtigkeit aber hörte nicht auf. Spieler knieten in Gedenken, „Black Lives Matter“ prangte fordernd auf dem Hallenboden. Und auf den Trikots der Spieler standen Forderungen wie „Justice“, „Freedom“ oder „Say their names“. Coaches trugen Anstecker mit ähnlichen Inhalten. Am Abend des ersten Boykotts twitterte Superstar LeBron James: „Scheiß darauf, Mann. Wir verlangen Veränderung. Hab genug davon“. Dazu vier Ausrufezeichen. Im Twitter-Feed von Europas bestem Fußballer, Robert Lewandowski, finden sich übrigens fast nur Fußball- und Feuer-Emojis.

Der Basketball ist in den USA die schönste Nebensache der Welt. Die Gesellschaft ist wichtiger. Und im Fußball? Da sind „politische, religiöse und persönliche Botschaften“ von Fußballspielern verboten. (Tim Lievertz)

Serien und Walt Disney

US-Serien: Immer noch an der Spitze

The Good Fight Favorit picture alliance

Christine Baranski in ihrer Rolle als Diane Lockhart

Obwohl Amerika damals weit weg war, saß die US-Kultur schon früh mit mir auf dem Sofa. Fasziniert sah ich dort als Kind dem „A-Team“, dem „Colt für alle Fälle“ und den „Baywatch“-Nixen zu und schaute mir später Teenager-Komplexe bei „Beverly Hills 90210“ ab.

Dreißig Jahre später werden Serien kaum mehr im Analog-Fernsehen geguckt, sondern vor allem auf Plattformen gestreamt. Und sie sind längst eine eigene Kunstform, die mit brisanten Themen, erzählerischer Dichte und ästhetischen Bildern immer öfter an Kinofilme heranreicht. Ganz vorne mit dabei sind auch heute noch US-Serien – auch wenn die internationale Konkurrenz inzwischen stark ist.

Mich als Liebhaberin von Dramen hat jüngst zum Beispiel „Little Fires Everywhere“ begeistert – eine nur auf den ersten Blick harmlose Geschichte zweier unterschiedlicher Mütter, die sich schnell als klug erzählte und erschütternde Story über familiäre Abgründe, Rassismus und Armut entpuppt.

Nicht wenige aktuelle US-Dramen befassen sich mit der Gebrochenheit der USA, den Widersprüchen und Problemen, die sich in der Trump-Ära noch zugespitzt haben. Besonders offen und eindringlich tut das die großartige Anwaltsserie „The Good Fight“. Die Hauptfiguren verzweifeln am System und werden doch unglaublich kreativ, um dagegen anzukämpfen.

Selbst die schillernde neue Miniserie „Hollywood“, in der eine Hand voll junger Möchtegern-Filmtalente in den 40er Jahren ihrem Traum vom großen Durchbruch nachjagt, ist alles andere als eine Hommage an die goldene Film-Ära, sondern eine scharfe Abrechnung mit eben jenem #metoo-Hollywood, in dem Menschen schon immer alles tun und opfern mussten, um voran zu kommen.

Die Liste ließe sich hier natürlich beliebig erweitern. Denn da gibt es ja auch noch Dauerbrenner wie „Die Simpsons“ oder „Greys Anatomy“, die auch in der xten Staffel noch riesige Fan-Gemeinschaften haben. Oder Meilensteine wie „Game of Thrones“, „Friends“ oder „Breaking Bad“, die längst zu Ende erzählt sind, aber immer wieder von neuen Generationen entdeckt und gefeiert werden. (Isabell Wohlfarth)

Walt Disney: Vom Zeitungsausträger zum Besitzer eines Imperiums

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Micky-Mouse mit Walt Disney

Egal, wie viel oder wenig wir mit den USA zu tun haben. Und egal, wie viele Menschen vor Ort wir persönlich kennen: Einer ist uns ganz sicher ein Begriff. Zumindest namentlich. Und in Form von bunten, schillernden (Trick-)Filmen, hinter denen sich stets eine tiefgründige, besondere Botschaft für unseren eigenen Alltag verbirgt. Die Rede ist von Walt Disney. Jenem Amerikaner, ohne den unsere Kindheit – zumindest im Bewegtbild – wohl kein Susi und Strolch, keine Micky Maus, keinen Peter Pan und keine Cinderella gekannt hätte.

Nicht nur, dass Disney unser aller Fantasie mit diesen Geschichten und Filmen „greater“ und bunter machte. Auch Walt Disneys eigene, persönliche Lebensgeschichte kann Mut machen. Schon mit neun Jahren, so erzählte er es, ging er bei Wind und Wetter Magazine austeilen, wurde später bei seinem Job als Zeichner bei einer Zeitung sogar gekündigt. Der Grund heute unvorstellbar: zu wenig Kreativität und Fantasie.

Heute wissen wir: Es hat sich gelohnt, dass Disney weder beim Zeitungsaustragen noch beim Zeichnen gleich aufgegeben hat. Auch nicht dann, als ihn Kritiker wegen seiner Idee, Cartoons in Spielfilmlänge zu produzieren, weiter belächelten. Dieses Lächeln sollte ihnen wohl spätestens mit der Gründung der „Walt Disney Company“ vergangen sein.

Die Inhalte von Disneys Geschichten sind auch heute übrigens noch brandaktuell: Mit der Verfilmung der berühmten Bambi-Erzählung verbildlichte er, der Mensch sei der größte Feind der Natur. Dumbo lehrt noch heute Kindern, dass niemand aufgrund von Oberflächlichkeiten beurteilt werden sollte. Und auch vor schweren Themen schützt Disney Kinder nicht und konfrontiert sie so beispielsweise in der Verfilmung des Königs der Löwen mit dem Tod von geliebten Familienmitgliedern.Wer kennt ihn heute nicht, diesen nahezu epischen Moment, bevor einer dieser Film beginnt und buntes Feuerwerk über dem Disney-Schloss aufflackert? In jeder Hinsicht wohl ein schöner Gedanke, manchmal ein wenig mehr „Walt Disney“ im eigenen Herzen zu tragen. (Elisa Sobkowiak)

Woodstock und Architektur

Woodstock: Die Geburt der Hippie- und Umweltbewegung

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All you need is love!

Reden wir nicht von den musikhistorischen Leistungen, die die Mutter aller Festivals hervorgebracht hat. Die waren nicht spektakulär – ganz im Gegensatz zu dem zwei Jahre zuvor über die Bühne gegangenen Monterey Pop Festival, das Größen wie Jimi Hendrix, The Who und Janis Joplin bekannt machte. Bewahren wir auch Stillschweigen darüber, dass der Urahn aller Festivals eine organisatorische Vollkatastrophe – also eher Waterloo als Wunschkonzert – und die Idee dahinter auf Profit aus war. Kein Wort darüber, dass sich Woodstock nicht in Woodstock ereignete sondern in Bethel, einer 4300-Seelen-Gemeinde im Bundesstaat New York.

Dennoch sollten die drei Tage im August 1969 Amerika – im wahrsten Sinne des Wortes nachhaltig – „great“ machen. Also großartig. Nicht kapitalistisch und kriegstreibend, wie sich der amerikanische Traum bis dato zeigte. Sondern gewaltfrei, gleich und gemeinschaftsorientiert, gemäß der Weltanschauung der Hippie-Bewegung, die sich dank Woodstock formierte und auch fünf Jahrzehnte später, im Kampf um mehr Menschlichkeit weltweit präsent ist.

Heute setzt sie einer von Trump geprägten Egoisten-, Ellenbogen- und Eliten-Gesellschaft alternative Umgangsformen und Lebensstile entgegen. Friedlichere, minimalistischere, gemeinschaftlichere – und damit auch nachhaltigere. Schließlich hat das Festivalgelände, ein Acker bei Bethel, den Nährboden gelegt für die globale Umweltschutzbewegung. Woodstock hat der Hippie-Generation eine Stimme gegeben und auch die Werteordnung der folgenden Blumenkinder-Generationen geprägt. Woodstock ist damit Synonym für eine ganze gesellschaftliche Epoche – und für den Traum eines friedlichen, naturverbundenen Miteinanders.

Danke also, Woodstock, für das große Erbe deiner Zeit: für Emanzipation, Umweltschutz und die Friedensbewegung. Und ganz nebenbei auch Dankeschön, für das Peace-Zeichen, das sich als Friedenssymbol etabliert und die Wände unserer Studentenbuden geschmückt hat. Für die Festivalkultur à la Coachella, Hurricane oder Southside. Für Joe Cockers „With A Little Help From My Friends“, das sich für fünf Jahrzehnte als eine Art Urschrei ins Gedächtnis gebrannt hat. Und für den Song „Piece Of My Heart“, den Leslie Clio Janis Joplin zu Ehren 50 Jahre später neu eingespielt hat. Und: Danke für Woodstock, Snoopys Freund, den Vogel mit der Wuschelfrisur, den sein Zeichner Charles M. Schulz nach dir benannt hat. (Caroline Kron)

Architektur: Stilprägend bis in die tiefste Provinz

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Ein von Richard Neutra entworfenens Haus in Santa Monica, Kalifornien.

Wenn man heute über Ikonen der amerikanischen Architektur nachdenkt, hat man die Wolkenkratzer New Yorks vor Augen, die Straßenschluchten, die von den schier endlos in den Himmel ragenden Gebäuden gesäumt sind. Die pastellfarbenen Art-Deco-Häuser in Miami Beach, die sich harmonisch zwischen Palmen an den Strand schmiegen. Und die leichten, fast schwebenden, in die Natur eingebetteten Villen an der Westküste. Wie sie in Los Angeles auf den Felsen stehen und im Wüstenhinterland, in Palm Springs, die Landschaft prägen. Häuser, die durch Großzügigkeit, Glas und Licht strahlen. Oft sind sie auf spektakulären Klippen gebaut, eingebettet in Berge, Wälder, Palmen, die dem Künstler David Hockney als perfekte Vorlage für seine Pool-Gemälde dienten und dank vieler Hollywood-Verfilmungen auch Europäern die Idee vom schöneren, besseren Leben nahe brachten. Ihr Architekt: in vielen Fällen Richard Neutra.

Aber wie konnte diese leichte, mit der Natur verwobene Bauweise entstehen? Wie sie Frank Lloyd Wright bereits 1939 an der Villa Kaufmann „Fallingwater“ in Pittsburgh gezeigt hat, wurde sie zeitgleich und später von Richard Neutra hunderte Mal aufs Neue kreiert. In einem Stil, der klar, aber niemals kalt ist. Mit reduzierter Formensprache und großzügigen wie offenen Grundrissen. Durch Holzverkleidungen, Wasserflächen und Glas schaffte er eine für sein Design typische Sinnlichkeit, die heute noch Moderne ausstrahlt. Es sind helle Ensembles mit behutsam arrangierten Gärten, die dem 1892 in Wien geborenen und bereits 1923 in die USA emigrierten Architekten zu Weltruhm verhalfen.

Als „International Style“ ist die Bauweise in die Geschichte eingegangen und gilt als die Fortführung des Modernismus. Eine Ära, die, wie fast alle Baustile in den USA, unter starkem Einfluss europäischer Baumeister und nach Amerika emigrierter Architekten stand, wie etwa der Bauhaus-Direktoren Walter Gropius und Mies van der Rohe.

Die Strahlkraft Neutras’ Werk hat weltweit die Architektur bis in die tiefste Provinz und bis heute geprägt – mit mehr oder weniger gelungenen Bungalowbauten in den Vorstädten. Gleich wie und in welchem Jahrzehnt seine Ästhetik adaptiert wurde, beeinflussten seine Häuser und die seiner Erben das Verständnis von modernem Design: Das einen Blick in die Natur eröffnet und dadurch – unabhängig von der Größe – seinen Bewohnern Weite und Großartigkeit beschert. (Eva Reik)

Freundlichkeit und Nationalparks

Freundlichkeit: Ansteckendes Entgegenkommen

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Ja, die sind wirklich so gut gelaunt und freundlich!

Die typisch amerikanische Freundlichkeit gilt vielen als oberflächlich und unehrlich. Doch während meines langjährigen Aufenthalts in den USA habe ich diese berühmt offene Art aber stets ganz anders wahrgenommen: als aufmerksam und vor allem hilfsbereit. Schon als ich mit 22 in die USA zog. Ich suchte in einer amerikanischen Großstadt verzweifelt nach dem richtigen Bus zum Flughafen. Plötzlich stand eine Frau neben mir, die unvermittelt begann, mit mir zu plaudern. Sie machte mein Problem zu ihrem und enträtselte für mich das Gewirr aus Schildern. Einfach so. Ich hatte nicht danach gefragt. Dank ihr erwischte ich noch meinen Flug.

Glück gehabt! Oder nicht? Auch bei nachfolgenden Widrigkeiten, insbesondere bei Wohnungs- und Jobsuche, zogen sich Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft wie ein roter Faden durch meinen USA-Aufenthalt. Nie kam ich mir wie ein Bittsteller vor und ich erinnere mich nicht, dass je ein Helfer eine Gegenleistung einforderte. Und eben diese Selbstverständlichkeit hat mich bis heute an US-Amerikanern nachhaltig beeindruckt.

Offensive, freundliche Kommunikation ist dort keine Schwäche und nur selten anmaßend. Nach Hilfe fragen ist kein Problem. Hilfe anbieten ist es ebenso wenig. Eine Konversation fühlt sich häufig an wie Teamwork. Wenn der erste Ansprechpartner nicht helfen kann, verweist er gern weiter. Und der Nächste ebenso. Erteilen die Amerikaner eine Absage für den Job, kommt aber noch ein guter Tipp dazu – aufbauende Worte inklusive. Bei der Arbeit wird Wissen geteilt, nicht verheimlicht.

Diese Freundlichkeit, die viele Deutsche belächeln oder als oberflächlich kritisieren, könnte man stattdessen also schätzen. Und kopieren. Sich im Geschäft entschuldigen, statt die Ellbogen einzusetzen. Das Gegenüber mit einem Lächeln oder Kompliment erfreuen. Denn das Beste daran: Dieses Entgegenkommen ist nicht nur produktiv, sondern auch ansteckend. Ein positiver Teufelskreis, der in meinem Fall, ein Jobangebot hervorbrachte. (Laura Klemens)

Nationalparks: Symbol der unendlichen Freiheit

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Symbol der amerikansichen Freiheit: Mustangs.

Von Alaska bis Florida, von Washington bis Virginia – die USA sind gesegnet mit prachtvollen Landschaften und einer faszinierenden Tierwelt. 59 Nationalparks protzen mit imposanten Bergen, steilen Schluchten, heißen Wüsten, fauchenden Geysiren oder eiskalten Gletscherseen. Die amerikanische Wildnis strotzt vor Superlativen und lässt uns ganz klein werden.

Angefangen hat alles 1872, als mit dem „Yellowstone Park“ in Wyoming weltweit der erste Nationalpark ausgewiesen wurde. Heute ist er der berühmteste. Der am meisten besuchte Nationalpark liegt zwischen Tennessee und North Carolina: Rund 12,7 Millionen Menschen besuchten die „Great Smoky Mountains“ in 2019. Dahinter liegt der „Grand Canyon“ (Arizona) mit knapp 6 Millionen, die „Rocky Mountains“ mit 4,8 Millionen Besuchern, und der „Yellowstone“ liegt auf Platz fünf.

Auch wenn derzeit nicht an Reisen zu denken ist, meine „Wunschliste der Orte, die ich noch sehen möchte“ wächst. Der neuste Tipp kommt von einem Freund, der lange die USA bereist hat: Sein absoluter Lieblingsort ist der „Olympic Nationalpark“ in Washington. Westlich von Seattle liegt er direkt am Pazifik. Eine Halbinsel aus faszinierendem Urwald und echtem Regenwald, wie er sonst nirgends zu finden ist. Es gibt Gletscher und Seen, riesige Strände und atemberaubende Ausblicke – bis nach Vancouver Island. Da nur wenige Urlauber ihren Weg bis in diese nordwestliche Ecke der USA finden, kann man selbst in der Hochsaison einsam wandern oder die Nacht auf den wunderschönsten Campingspots mitten in der Wildnis verbringen.

In der Natur tief verankert liegt auch die Wurzel des urtypischen amerikanischen Lebensgefühls: Freiheit. Das ultimative Symbol hierfür ist der Mustang. Die wilden Pferde, die seit dem 15. Jahrhundert durch die Weiten Nevadas, Colorados, Wyomings, Montanas und anderer Bundesstaaten galoppieren, dürfen seit 1971 nicht mehr getötet werden. Doch seit Februar 2020 knattern erneut Hightech-Cowboys im Auftrag der Regierung in Helikoptern über den Nordwesten Nevadas und anderen Gebieten, um die panisch unter ihnen galoppierenden Mustangs einzufangen. Im Streit zwischen Farmern und Tierschützern um Weideland, ist klar, auf welcher Seite die Regierung steht.

Es bleibt zu hoffen, dass ihr Plan, neue, eingezäunte „Mustangreservate“ im Mittleren Westen und Osten zu eröffnen, in denen Öko-Touristen die eingefangenen Mustangs wie in einem Safaripark bewundern können, verhindert werden kann. So schnell aber sind die Mustangs als lebende Legende Amerikas und als Symbol für grenzenlose Freiheit nicht klein zu kriegen, das haben sie in ihrer langen Geschichte schon öfters bewiesen. Zuversichtlich, steht ein Besuch in der Heimat der wilden Pferde deshalb auch weiterhin ganz oben auf meiner Wunsch-Reiseliste-USA. (Katrin Reiche)