London – Der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union wurde am Freitag, 31. Januar, 24.00 Uhr MEZ vollzogen. Nun geht es darum, wie genau künftig die Beziehung zwischen Großbritannien und der EU aussehen wird. Während der Übergangsfrist bis Ende 2020 ändert sich wenig – doch dann wird es ernst. Wir begleiten die Ereignisse im Newsblog.
- Montag, 8. Februar
Elton John fordert Hilfsorganisation für britische Nachwuchskünstler wegen Brexit-Problemen
8.40 Uhr: Popstar Elton John (73, „Rocket Man“) kämpft weiter für Musiker mit Brexit-Problemen und fordert eine Hilfsorganisation für Nachwuchsmusiker. „Wir brauchen eine neue Generation von Superstars, nicht nur, weil eine Generation von Superstars - meine Generation - älter wird, in den Ruhestand geht und wegstirbt“, heißt es in einem Kommentar der Musikikone im „Guardian“ (Sonntag). Musiker bräuchten jetzt schnell Hilfe - die Hilfsorganisation solle jungen Künstlern bei der Tourplanung zur Seite stehen, mit Anwälten und Buchhaltern.
Finanziert werden solle die Organisation auch von der Musikwirtschaft selbst, schlug der Sänger vor. Und er warnte: Ohne Hilfe kämen bald nur noch Mainstream-Musiker auf Tour. „Vertraut mir, ich möchte das genauso wenig wie ihr.“
John gehörte zu den mehr als 100 Unterzeichnern eines offenen Briefs, in dem Musik-Stars der Regierung vor zwei Wochen Versagen bei der Verhandlung über Visaregeln mit der EU vorgeworfen hatten. In der vergangenen Woche traf sich der Musiker zudem zu einem Gespräch mit dem britischen Kulturminister Oliver Dowden.
Seit dem 1. Januar, dem Ende der Brexit-Übergangsphase, benötigen Musiker und Künstler Visa und andere Dokumente für Auftritte in der EU beziehungsweise in Großbritannien. London und Brüssel machen sich gegenseitig für die Situation verantwortlich.
- Donnerstag, 21. Januar
Schenker liefert wieder nach Großbritannien
14.29 Uhr: Nach einer rund einwöchigen Unterbrechung nimmt die Logistik-Tochter der Deutschen Bahn, DB Schenker, ab sofort wieder Sendungen aus der EU nach Großbritannien an. „Für die reibungslose Auslieferung der Sendungen ist es dabei unerlässlich, dass die notwendigen Zolldokumente vorliegen“, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit.
Schenker hatte vor acht Tagen wegen Überlastung die Annahme von EU-Sendungen ins Vereinigte Königreich eingestellt. Lediglich rund zehn Prozent der Pakete seien mit den korrekten notwendigen Dokumenten versehen gewesen. Den Fällen habe aufwendig nachrecherchiert werden müssen. Die dafür verantwortlichen Mitarbeiter in Großbritannien seien damit nicht mehr hinterher gekommen.
„DB Schenker hat seine Kunden darüber informiert, dass fortan nur solche Sendungen angenommen werden können, deren Export- und Import-Papiere die Mindestanforderungen hinsichtlich ihrer Vollständigkeit und Richtigkeit erfüllen“, hieß es am Donnerstag. Dafür stehe den Kunden ein umfassender Leitfaden zur Verfügung.
Affront gegen die EU: Briten verweigern Diplomaten üblichen Status
11.37 Uhr: Die britische Regierung will der EU-Vertretung in London nicht den üblichen diplomatischen Status gewähren. Wie der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag aus dem Auswärtigen Dienst der EU bestätigt wurde, sollen die Entsandten aus Brüssel wie Mitarbeiter einer internationalen Organisation behandelt werden. Damit hätten sie im Gegensatz zu den internationalen Gepflogenheiten nicht den Status von Vertretern eines souveränen Staates.
Relevant ist dies, weil der diplomatische Rang eines Botschafters zum Beispiel ausschlaggebend dafür ist, zu welchen Ereignissen er eingeladen oder wo er dort platziert wird. In der Diplomatie haben solche protokollarische Fragen große Bedeutung. So kann die Einstufung als Zeichen der Geringschätzung gewertet werden.
Im Auswärtigen Dienst wird dementsprechend mit Unverständnis auf das britische Vorgehen reagiert. Als das Vereinigte Königreich noch Mitglied der EU gewesen sei, habe es unterstützt, dass die EU-Delegationen wie die Vertretungen von Nationalstaaten behandelt werden, sagte ein Sprecher. Die Europäische Union sei keine „typische“ internationale Organisation. Alle der derzeit 143 EU-Vertretungen hätten den Status diplomatischer Vertretungen von Staaten.
- Donnerstag, 14. Januar
Barnier will in Frankreich Politik machen
17.15 Uhr: Der französische Brexit-Chefverhandler Michel Barnier hat einen Wechsel in die Politik seines Heimatlandes angekündigt. „Ich vermisse mein Land, und ich werde wieder meinen Platz in der politischen Familie einnehmen, zu der ich immer gehört habe“, sagte Barnier, der Mitglied der Mitte-Rechts-Oppositionspartei Les Républicains ist, in einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“. „Ich denke, die Partei braucht alle Energie, die ich aufbieten kann.“
Er sei noch einige Wochen auf seinem Posten in der EU-Kommission. „Allerdings war ich nie ein Brüsseler Super-Technokrat, obwohl manche britische Boulevardblätter diese Karikatur von mir gezeichnet haben“, sagte er der Zeitung. „Ich bin ein Politiker, ich wurde mit Ende 20 zum ersten Mal ins Parlament gewählt.“
In Bezug auf den Brexit mahnte Barnier zu Wachsamkeit der EU, damit ein fairer Wettbewerb nicht untergraben werde. „Schließlich kann Großbritannien ohne Zölle und Mengenbeschränkungen in die EU exportieren.“
Wenn Gesetzesänderungen in Großbritannien Folgen für den Wettbewerb hätten, erlaube das Abkommen der EU Gegenmaßnahmen – und umgekehrt, sagte der 70-Jährige. „Wir müssen eine Balance finden, bei der sich beide Seiten korrekt, fair und loyal verhalten.“
- Dienstag, 12. Januar
Zoll beschlagnahmt Schinkenbrote von britischen Lkw-Fahrern
14.43 Uhr: Bittere Erfahrung für britische Lkw-Fahrer an der Fähre in Holland: Von den neuen Brexit-Handelsregeln sind auch ihre Schinkenbrote betroffen. Die BBC zeigte am Dienstag niederländische TV-Aufnahmen, bei denen der Zoll auch den Proviant der Fahrer kontrolliert. Die Zollbeamten in Hoek van Holland erklären in der Reportage des Senders NPO1 den Fahrern, dass sie tierische Lebensmittel nicht mehr nach Großbritannien ausführen dürfen.
Als die Zollbeamten den Proviant eines Fahrers sehen, fragen sie: „Ist da überall Aufschnitt drauf?“ Der nickt, und alle in Alufolie eingepackten Brote werden kassiert. „Kann ich den Schinken nicht herunter nehmen und wenigstens das Brot behalten?“, versucht der Fahrer noch zu verhandeln. Ohne Erfolg. „Nein, alles wird beschlagnahmt“, sagt der Beamte im Hafen von Hoek van Holland bei Rotterdam. „Willkommen beim Brexit, tut mir leid.“ Der Fahrer nahm es mit Humor.
- Samstag, 9. Januar
Britischer Minister warnt vor Behinderungen bei Handel durch Brexit
12.39 Uhr: Der britische Staatsminister Michael Gove hat vor „erheblichen zusätzlichen Behinderungen“ im Warenverkehr zwischen Großbritannien und der EU in den kommenden Wochen gewarnt. Das werde vor allem den Hafen von Dover betreffen, wo täglich Tausende Lastwagen von Fähren ins französische Calais und andersherum befördert werden, sagte Gove am Freitagabend. Bislang war das Verkehrsaufkommen im neuen Jahr an der wichtigsten Handelsroute des Landes erheblich geringer als üblich. Viele Unternehmen hatten bereits vor dem Ende der Brexit-Übergangsphase zum Jahreswechsel ihre Lagerbestände erhöht. Doch nun wird erwartet, dass der Handel wieder anzieht und damit die Probleme wachsen.
Für den Handel zwischen der EU und Großbritannien fallen mit dem endgültigen Austritt des Vereingten Königreichs aus der EU-Zollunion und dem Binnenmarkt zusätzliche Kontrollen und teils Zölle an. Fischer, Paketdienstleister und Modeketten sind bereits von höheren Kosten durch Zollbürokratie und Zertifikate über Lebensmittelsicherheit betroffen und haben ihre Lieferungen auf den Kontinent und nach Irland teilweise eingestellt. Besonders die Fischer, die einen großen Teil ihres Fangs auf dem europäischen Markt verkaufen, leiden durch verlängerte Lieferzeiten ihrer leicht verderblichen Ware.
- Freitag, 8. Januar
Nordiren beschweren sich über leere Regale
12.38 Uhr: In Nordirland bekommen Verbraucher den Brexit wenige Tage nach dem Ende der Übergangsphase bereits im Supermarkt zu spüren. „Die Menschen hier beschweren sich über leere Regale in den Supermärkten“, sagte die nordirische Konfliktforscherin und Brexit-Expertin Katy Hayward von der Queen's University Belfast der Deutschen Presse-Agentur.
Insbesondere bei frischen Produkten komme es zu Störungen der Lieferketten. Unternehmen seien unsicher, welche Formulare bei der Einfuhr notwendig sind. „Viele merken, dass sie nicht vorbereitet sind“, so Hayward. Das sei nicht überraschend – normalerweise brauche es Jahre, um solche aufwendigen Veränderungen umzusetzen. Viele Firmen verschieben daher ihre Fahrten, was sich bei frischen Produkten als erstes bemerkbar macht.
Nach dem Brexit gelten für das zum Vereinigten Königreich gehörende Nordirland spezielle Regeln, die im Nordirland-Protokoll festgehalten sind. Damit wird eine harte EU-Außengrenze zwischen Irland und Nordirland vermieden, da durch eine solche das Aufflammen alter Konflikte zwischen den Landesteilen befürchtet wird.
Nordirland ist damit enger an die EU gebunden und folgt weiter den Regeln des EU-Binnenmarkts. Bei der Einfuhr von Waren aus Großbritannien nach Nordirland sind daher seit dem 1. Januar Zoll- und Zertifikatskontrollen fällig. Die entsprechenden Vorgaben sind jedoch erst knapp vor dem Jahreswechsel veröffentlicht worden.
Pakete ohne Zollerklärung gehen zurück an Absender – Unsicherheit über Bestimmungen
11.22 Uhr: Gut eine Woche nach dem endgültigen Austritt Großbritanniens aus dem Binnenmarkt und der Zollunion zum Jahreswechsel machen sich die Folgen beim Warenverkehr bemerkbar. Der Paket-Dienstleister DPD zog am Freitag Konsequenzen und stellte Lieferungen von Großbritannien auf den europäischen Kontinent und nach Irland vorübergehend ein.
Grund sei die erhöhte Belastung durch die erforderliche Zollbürokratie, wie das Unternehmen auf seiner Webseite mitteilte. 20 Prozent der Pakete wurden demnach ohne ausreichende Zollerklärung abgesendet und müssten an die Absender zurückgeschickt werden.
Schwierigkeiten gibt es auch für die Textileinzelhändler, deren Waren häufig in Asien hergestellt werden. Dem an Heiligabend vereinbarten Handelspakts zufolge fallen für Kleider und Accessoires, die beispielsweise aus Bangladesch oder Kambodscha stammen, nun Zölle an, sollten sie von Großbritannien aus auf die irische Insel oder den Kontinent geliefert werden. Die neuen Regeln betreffen außer dem EU-Mitglied Irland auch das zum Vereinigten Königreich gehörende Nordirland.
Die Unternehmen John Lewis und TKMaxx stellten Lieferungen nach Nordirland vorübergehend ein. Das Warenhaus Debenhams nahm seinen Online-Shop für Irland vom Netz. „Es tut uns leid, aber wir sind derzeit nicht in der Lage, Bestellungen von der Republik Irland auszuliefern wegen Unsicherheit über die Handelsbestimmungen nach dem Brexit“, hieß es zur Begründung.
Probleme gibt es auch für Exporteure von Fisch- und Meeresfrüchten, die ihre Waren nun aufwendige Erklärungen ausfüllen müssen. Die Chefin des Verbands Seafood Scotland, Donna Fordyce, sprach am Freitag von einem „perfekten Sturm“ aus Folgen der Corona-Pandemie und dem Brexit für die Branche. Viele Unternehmen seien nicht in der Lage, die erforderlichen Unterlagen auszufüllen.
Hinzu kämen Probleme bei den IT-Systemen und Verwirrung über die neuen Regelungen. Sollte die leicht verderbliche Ware nicht rechtzeitig ausgeführt werden können, müsse sie weggeworfen werden. „Wir könnten innerhalb sehr kurzer Zeit die Zerstörung eines jahrhundertealten Branche sehen, die einen erheblichen Teil der schottischen Wirtschaft ausmacht“, so Fordyce der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge.
- Freitag, 1. Januar
Grenzverkehr rollt nach Austritt Großbritanniens aus Binnenmarkt ohne Probleme
12.30 Uhr: Nach dem Austritt Großbritanniens aus dem EU-Binnenmarkt ist der Grenzverkehr mit der Europäischen Union am Neujahrstag problemlos weitergelaufen. Rund 200 Lastwagen durchquerten den Tunnel unter dem Ärmelkanal in der Nacht zum Freitag „ohne Probleme“, wie die Betreiber-Gruppe des Tunnels, Getlink, am Freitag mitteilte. „Der Verkehr war für eine außergewöhnliche und historische Nacht ziemlich gleichmäßig, alles lief gut“, fügte Getlink hinzu. Alle Lastwagen-Fahrer hätten die durch den Brexit nötig gewordenen Formalitäten erfüllt, niemand sei aufgehalten worden.
Auf französischer Seite traten die neuen Bestimmungen um Punkt Mitternacht in Kraft. Als erster Lastwagen stoppte ein mit Briefen und Paketen beladener Transporter aus Rumänien am Kontrollpunkt. Zusätzlich zu den üblichen Sicherheitskontrollen scannten die Beamten auch das Nummernschild. „Ich bin sehr glücklich, es ist ein Privileg für mich“, sagte der 62-jährige LKW-Fahrer Toma Moise, bevor die Bürgermeisterin von Calais, Natacha Bouchart, auf den Knopf drückte, der die Weiterfahrt erlaubte. Transportunternehmen müssen fortan ihre Waren beim französischen Zoll anmelden, was im Vorfeld über ein ein „Smart Border“-System erfolgt.
- Donnerstag, 31. Dezember
Einigung zwischen Spanien und Großbritannien: Gibraltar tritt Schengen-Raum bei
14.40 Uhr: Spanien und Großbritannien haben im letzten Augenblick eine Grundsatzeinigung erzielt, wonach Gibraltar dem Schengen-Raum in der Regel ohne Grenzkontrollen beitritt. Damit werde vermieden, dass die Grenze zwischen Spanien und Gibraltar am Südzipfel der Iberischen Halbinsel ab dem 1. Januar 2021 zu einer undurchlässigen EU-Außengrenze werde, sagte Spaniens Außenministerin Arancha Gonzales Laya am Donnerstag in Madrid.
Königin Elizabeth setzt britisches Brexit-Gesetz in Kraft
8.17 Uhr: Der Weg für den Brexit-Handelspakt zwischen Großbritannien und der Europäischen Union ist frei. Königin Elizabeth II. stimmte dem Ratifizierungsgesetz des britischen Premierministers Boris Johnson in der Nacht zum Donnerstag zu. Damit tritt es nun in Kraft.
- Mittwoch, 30. Dezember
Johnson unterschreibt Handelspakt
17.12 Uhr: Nach den Spitzen der Europäischen Union hat auch der britische Premierminister Boris Johnson den Brexit-Handelspakt unterzeichnet. Der Regierungschef setzte am Mittwoch in seinem Amtssitz in London seine Unterschrift unter das Dokument. Das Abkommen war an Heiligabend vereinbart worden, wenige Tage vor dem Ende der Brexit-Übergangsphase. Großbritannien war bereits Ende Januar 2020 aus der EU ausgetreten, ist bis zum Jahresende aber noch Mitglied des EU-Binnenmarktes und der Zollunion.
Britisches Parlament stimmt dem Brexit-Paket zu
15.48 Uhr: Das britische Unterhaus hat dem Brexit-Handelspakt mit der Europäischen Union zugestimmt. Die Abgeordneten der ersten Kammer votierten am Mittwoch in zweiter Lesung mit klarer Mehrheit für das von Premierminister Boris Johnson vorgelegte EU-Gesetz. Später soll noch das Oberhaus dem Vertrag seinen Segen geben.
- Dienstag, 29. Dezember
Britisches Parlament stimmt am Mittwoch ab
17.30 Uhr: Das britische Parlament stimmt am Mittwoch über den Brexit-Handelspakt mit der Europäischen Union ab. Beide Kammern sollen die Vereinbarung innerhalb weniger Stunden abnicken. Im Unterhaus - dem House of Commons - verfügt Premierminister Boris Johnson über eine deutliche Mehrheit. Zuletzt hatten sich zudem innerparteiliche Brexit-Hardliner hinter den Pakt gestellt. Auch die größte Oppositionsfraktion Labour hat grundsätzlich ihre Zustimmung signalisiert, allerdings widersprechen einige Abgeordnete dem Kurs von Parteichef Keir Starmer.
Die Diskussion im Unterhaus beginnt um 10.30 Uhr deutscher Zeit, mit dem Ende der Abstimmung wird gegen 15.30 Uhr gerechnet. Danach muss auch das Oberhaus - das House of Lords - dem Vertrag zustimmen. Nicht ausgeschlossen wird, dass dort kleinere Änderungen beschlossen werden, über die dann erneut die erste Kammer entscheiden muss. Schließlich soll Königin Elizabeth II. als Staatsoberhaupt mit ihrer Zustimmung („Royal Assent“) den Vertrag von britischer Seite aus endgültig in Kraft setzen.
Alle EU-Staaten stimmen Start des Brexit-Handelspakts zu
16.45 Uhr: Die 27 EU-Staaten haben dem Start des Brexit-Handelspakts mit Großbritannien zum 1. Januar offiziell zugestimmt. Dies bestätigten EU-Kreise am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Das Abkommen wird nach Angaben der EU-Kommission am Mittwoch unterzeichnet.
- Montag, 28. Dezember
EU-Staaten geben grünes Licht für Brexit-Handelspakt
12 Uhr: Nach der Einigung mit Großbritannien hat die Europäische Union am Montag die vorläufige Anwendung des Brexit-Handelspakts ab 1. Januar auf den Weg gebracht. Die Botschafter der 27 Mitgliedstaaten sagten vorläufig Ja zu dem Vorschlag und starteten eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren, die am Dienstag (15.00 Uhr) abgeschlossen sein soll. Dies teilte ein Sprecher der deutschen EU-Ratspräsidentschaft auf Twitter mit.
Die vorläufige Anwendung ist nötig, weil für eine Ratifizierung durch das Europaparlament vor dem Jahresende die Zeit fehlt - sie soll nach Neujahr nachgeholt werden. Schon zum 31. Dezember läuft die Übergangsfrist nach dem britischen EU-Austritt vom Januar ab, und Großbritannien scheidet auch aus dem Binnenmarkt und der Zollunion aus. Der Vertrag soll einen harten wirtschaftlichen Bruch vermeiden. Auf britischer Seite soll das Parlament am 30. Dezember zustimmen.
Die Unterhändler beider Seiten hatten sich erst an Heiligabend auf das knapp 1250 Seiten starke Abkommen geeinigt. Wichtigster Punkt ist, einen unbegrenzten Warenhandel ohne Zölle sicher zustellen. Darüber hinaus regelt der Vertrag unter anderem die Zusammenarbeit bei Fischerei, Flug- und Straßenverkehr, Energieversorgung, Verbrechensbekämpfung und Sozialversicherungen.
Trotz des Abkommens werden die wirtschaftlichen Beziehungen beider Seiten künftig weit weniger eng sein als bisher. So werden an den Grenzen Warenkontrollen nötig, unter anderem, weil Nachweise für die Einhaltung der EU-Regeln zur Lebensmittelsicherheit und zur Einhaltung von Produktstandards erbracht werden müssen.
Britische Fischer werfen Boris Johnson Betrug vor
11 Uhr: Britische Fischer fühlen sich durch den Brexit-Deal von Premierminister Boris Johnson betrogen. „Boris Johnson hat uns die Rechte an allen Fischen versprochen, die in unserer exklusiven Wirtschaftszone schwimmen, aber wir haben nur einen Bruchteil davon erhalten“, sagte der Chef des nationalen Verbunds der Fischereiorganisationen (NFFO), Andrew Locker, dem Sender BBC Radio 4 am Montag. „Ich bin wütend, enttäuscht und fühle mich betrogen.“ Johnson habe versprochen, dass es keinem Fischer schlechter gehen werde. Aber nun gebe es „eine beträchtliche Anzahl“, denen es deutlich schlechter gehe als vor dem Deal.
Als Großbritannien noch EU-Mitglied war, hätten die Fischer mit der Gemeinschaft handeln können. „Wir haben Dinge, die wir nicht gebraucht haben, gegen Fisch getauscht, den sie nicht gebraucht haben. Und das hat uns ermöglicht, einen Jahresplan aufzustellen“, sagte Locker. Nun müssten die britischen Fischer schwer kämpfen, um ihre Existenz zu erhalten. Staatsminister Michael Gove widersprach.
Großbritannien werde vielmehr in einer viel stärkeren Position als in der EU sein, sagte Gove dem Sender. Unter der gemeinsamen Fischereipolitik der EU hätten britische Fischer nur Zugang zu 50 Prozent der Fische in britischen Gewässern gehabt. Diese Zahl steige nun bis 2026 auf zwei Drittel, sagte Gove. Das Land werde in Flotte und Infastruktur investieren und könne seinen Anteil weiter steigern.
Die Fischerei spielt wirtschaftlich gesehen nur eine geringe Rolle, war aber von Großbritannien sowie von Frankreich auf der EU-Seite symbolisch stark aufgeladen worden und einer der schwierigsten Punkte bei den Verhandlungen über den Brexit-Handelspakt. Letztlich hat London große Zugeständnisse gemacht. Europäische Fischer müssen zunächst nur auf ein Viertel ihrer Fangquoten verzichten - gestaffelt auf fünfeinhalb Jahre. Sollte London ihren Zugang später weiter beschneiden, könnte Brüssel das mit Zöllen beantworten.
- Freitag, 25. Dezember
Erleichteung über Einigung – EU-Staaten prüfen Vertrag
14:22 Uhr: Nach der historischen Einigung auf einen Handelspakt zwischen der EU und Großbritannien herrscht auf beiden Seiten des Ärmelkanals große Erleichterung. Während der britische Premier Boris Johnson jubilierte, liefen in Brüssel bereits die Vorbereitungen auf eine vorläufige Anwendung des Heiligabend-Deals ab Januar.
EU-Chefunterhändler Michel Barnier informierte am Freitag die Botschafter der 27 EU-Staaten über das Ergebnis der monatelangen und zähen Verhandlungen. Die EU-Mitgliedstaaten würden die 1246 Seiten nun prüfen und „diese gewaltige Aufgabe in den kommenden Tagen fortsetzen“, schrieb ein Sprecher der deutschen EU-Ratspräsidentschaft am Freitag auf Twitter. Weil Deutschland derzeit turnusgemäß den Vorsitz der EU-Staaten innehat, hatte es kurzfristig eine Botschaftersitzung angesetzt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bereits am Donnerstag zugesagt, den Text nun zügig zu prüfen. Das Bundeskabinett werde sich am Montag telefonisch über die deutsche Position verständigen. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir hier ein gutes Resultat vorliegen haben.“
Die EU und Großbritannien hatten sich am Donnerstag nach langwierigen Verhandlungen auf einen Handelspakt geeinigt. Der Vertrag soll die Beziehungen beider Seiten von Januar 2021 an neu regeln. Wichtigster Punkt ist, Zölle zu vermeiden, unbegrenzten Handel in beide Richtungen zu erlauben und Reibungsverluste so weit wie möglich zu begrenzen. Aber auch etliche andere Punkte wie die Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen oder die Teilnahme an Forschungsprogrammen werden geregelt.
Da das Abkommen nur acht Tage vor Ablauf der Übergangsfrist zustande kam, bleibt für eine Ratifizierung durch das Europaparlament allerdings keine Zeit mehr. Deshalb kann der Vertrag zunächst nur vorläufig angewendet werden. Dafür braucht es jedoch noch die Zustimmung der 27 EU-Staaten. Die EU-Botschafter werden in den kommenden Tagen darüber abstimmen. Das nächste Treffen ist für Montag angesetzt. Das EU-Parlament soll das Abkommen dann nachträglich im Januar prüfen. Die EU-Botschafter hätten am Freitag einstimmig beschlossen, einen Brief an das Europaparlament zu schicken, der die Notwendigkeit dieses außergewöhnlichen Schritts darlegt, sagte ein EU-Diplomat nach dem Treffen am Freitag.
Wegen LKW-Staus: Britische Armee verstäkt Einsatz am Ärmelkanal
13:40 Uhr: Die britische Regierung hat ihre Bemühungen verstärkt, den riesigen Lkw-Stau in der Grafschaft Kent möglichst rasch aufzulösen. Zu den bereits 300 Soldaten, die im Einsatz seien, um die Fahrer schnellst möglich auf das Coronavirus zu testen, seien nun 800 weitere hinzugekommen, teilte das Verteidigungsministerium in London am Freitag mit. Trotzdem wird erwartet, dass es noch Tage dauert, bis sich der Rückstau aufgelöst hat.
Tausende Fernfahrer waren seit vergangenem Sonntag in England steckengeblieben, nachdem Frankreich wegen einer neuen, womöglich noch ansteckenderen Coronavirus-Variante seine Grenze komplett geschlossen hatte. Am Mittwoch wurde eine Einigung zwischen London und Paris erreicht. Die Fernfahrer müssen sich demnach einem Corona-Schnelltest unterziehen, bevor sie den Ärmelkanal per Schiff oder durch den Eurotunnel überqueren dürfen - eine erhebliche logistische Aufgabe.Der britische Verkehrsminister Grant Shapps hatte am Donnerstag mitgeteilt, mehr als 2300 Fahrer seien bereits getestet worden, davon hätten nur drei ein positives Ergebnis gehabt.
Laut der britischen Nachrichtenagentur PA hatten bis Freitag 700 Lkws die Überfahrt über den Ärmelkanal angetreten. Die Fahrer hatten das das mit lautstarkem Hupen gefeiert. Mehr als 5000 Lkw hängen PA zufolge aber weiterhin auf dem stillgelegten Flugplatz Manston und einem abgesperrten Teil der Autobahn M20 fest. Viele der Fahrer hatten sich beschwert, dass ihnen Wasser und Lebensmittel ausgingen. Auch Toiletten gibt es für viele nicht.
Chef der Brexit-Partei Nigel Farage: „Der Krieg ist vorbei“
12:48 Uhr: Der Chef der britischen Brexit-Partei, Nigel Farage, hat seinen Kampf für den Austritt Großbritanniens aus der EU für beendet erklärt. „Der Krieg ist vorbei“, schrieb Farage auf Twitter nachdem die EU und Großbritannien einen Durchbruch bei den Verhandlungen für einen Brexit-Handelspakt verkündet hatten.
Premierminister Boris Johnson werde als derjenige gesehen werden, der den Brexit vollzogen habe, sagte Farage in einem auf Twitter verlinkten Video. „Vielleicht nicht perfekt, aber dennoch: Er hat getan, was er versprochen hatte“, so der Erz-Brexiteer anerkennend. Farage wittert, dass bei einigen Details, wie beispielsweise bei der Fischerei, nicht die reine Brexit-Lehre von der vollständigen Kontrolle angewandt wurde. „Aber im Großen und Ganzen ist der Krieg vorbei.“
- Donnerstag, 24. Dezember
Merkel nennt Einigung auf Brexit-Pakt historisch
17.30 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Einigung zwischen EU und Großbritannien auf einen Brexit-Handelspakt als historisch gewürdigt. „Mit dem Abkommen schaffen wir die Grundlage für ein neues Kapitel in unseren Beziehungen“, sagte die CDU-Politikerin am Donnerstag in Berlin. „Großbritannien wird auch außerhalb der Europäischen Union weiterhin ein wichtiger Partner für Deutschland und für die Europäische Union sein.“ Die Einigung sei „von historischer Bedeutung“.
Merkel sagte zu, den Text nun zügig zu prüfen. Das Bundeskabinett werde sich am kommenden Montag telefonisch über die deutsche Position verständigen. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir hier ein gutes Resultat vorliegen haben“, sagte die Kanzlerin. Alle Mitgliedstaaten und das EU-Parlament müssen der Einigung zustimmen.
Großbritannien und EU einigen sich auf Handelsabkommen
16 Uhr: Nach monatelangen Verhandlungen über einen Brexit-Handelspakt ist der Europäischen Union und Großbritannien eine Einigung gelungen. Dies bestätigten beide Seiten am Donnerstagnachmittag. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Unterhändler Michel Barnier kündigten eine Pressekonferenz an. Mit der Einigung scheint ein harter wirtschaftlicher Bruch zum Jahreswechsel abgewendet.
Das Handelsabkommen soll die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Insel und dem Kontinent ab Januar 2021 regeln. Wichtigster Punkt ist, Zölle zu vermeiden und möglichst reibungslosen Handel zu sichern. Der Vertrag umfasst aber auch den Fischfang sowie die Zusammenarbeit bei Energie, Transport, Justiz, Polizei und vielen anderen Themen.
Großbritannien hatte die EU Ende Januar verlassen und ist nur noch in einer Übergangszeit bis 31. Dezember Mitglied im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. Dann kommt der wirtschaftliche Bruch. Ohne Abkommen würden Zölle und aufwendigere Kontrollen notwendig. Wirtschaftsvertreter auf beiden Seiten warnten vor Verwerfungen und dem Verlust Zehntausender Jobs.
Die Verhandlungen hätten eigentlich schon im Oktober abgeschlossen werden sollen, doch zogen sich immer weiter in die Länge. Mehrfach standen sie wohl kurz vor dem Scheitern. Wegen der Kürze der Zeit kann ein Abkommen auf EU-Seite nicht mehr rechtzeitig ratifiziert werden. Es müsste vorläufig angewendet werden, falls die 27 EU-Staaten zustimmen. Auf britischer Seite hat die Regierung angekündigt, das Parlament zu befassen.
Das Abkommen verspricht Großbritannien Exporte ohne Zölle und ohne Mengenbegrenzung in den EU-Binnenmarkt. Dafür verlangt die EU aber faire Wettbewerbsbedingungen – das sogenannte Level Playing Field.
Gemeint sind gleiche Umwelt-, Sozial- und Subventionsstandards.Die Frage blieb bis zum Schluss ein höchst komplizierter Streitpunkt. Gesucht wurde ein Weg, fairen Wettbewerb auch für die Zukunft sicherzustellen und anderenfalls gegensteuern zu können. Erst am Mittwochnachmittag hieß es schließlich, alle Punkte beim „Level Playing Field“ seien geklärt.
Danach blieb noch ein allerletzter Knackpunkt, über den wochenlang heftig gestritten worden war: der Zugang von EU-Fischern zu britischen Gewässern. Die Klärung der letzten Einzelheiten zog sich über viele Stunden bis Donnerstagmittag hin. Schließlich fand man auch hier einen Kompromiss.
Zuletzt hatte die Zuspitzung der Corona-Pandemie in Großbritannien weiteren Druck aufgebaut. Nachdem eine mutierte Variante des Coronavirus entdeckt wurde, hatte Frankreich zeitweise seine Grenzen für Verkehr aus Großbritannien geschlossen. Deshalb stauten sich auf britischer Seite Tausende Lastwagen – aus Sicht von Kritikern ein Vorgeschmack auf die Lage bei einem No-Deal-Brexit.
Die britischen Wähler hatten 2016 mit knapper Mehrheit für den EU-Austritt gestimmt. Premierminister Boris Johnson gewann 2019 die Parlamentswahl unter anderem mit der Ansage, den Brexit nun tatsächlich durchzuziehen. Als zentralen Punkt nannte er immer wieder, Souveränität und Kontrolle über die eigenen Grenzen und Gesetze wiederzuerlangen.
Weitgehende Einigung – Verhandlungen ziehen sich dennoch
8.13 Uhr: Trotz einer weitgehenden Einigung auf entscheidende Punkte des geplanten Brexit-Handelspakts haben sich die letzten Verhandlungen der Europäischen Union mit Großbritannien in die Länge gezogen. Am Donnerstagmorgen waren immer noch Details ungeklärt, wie es aus Verhandlungskreisen hieß. Dennoch wurde weiter ein Deal an Heiligabend erwartet. Kommissionssprecher Eric Mamer hatte in der Nacht auf Twitter geschrieben, man werde die ganze Nacht über weiter machen und am Donnerstagmorgen früh anfangen.
Der britische Premier Boris Johnson informierte seine wichtigsten Minister noch in der Nacht über den aktuellen Stand, berichtete die Agentur PA. Der umfassende Handelsvertrag soll einen harten wirtschaftlichen Bruch in letzter Minute vermeiden. Am 31. Dezember endet die Brexit-Übergangsphase und Großbritannien scheidet aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion aus. Ohne Abkommen drohen Zölle und massive Handelshemmnisse. Die größten Streitpunkte waren am Ende die EU-Forderung nach fairem Wettbewerb zwischen den Vertragspartnern - da wurde bereits am Mittwochnachmittag eine Grundsatzeinigung gemeldet - und die Zugangsrechte für EU-Fischer zu britischen Gewässern. Der Vertrag sei fast fertig, hieß es am frühen Donnerstagmorgen aus EU-Kreisen.
„Die Zeichen stehen gut“, sagte auch Irlands Premierminister Micheál Martin am Abend im irischen Fernsehen. Nachdem viel Arbeit und Zeit in das Schlüsselthema Fischerei gesteckt worden seien, „scheint es heute das Gefühl zu geben, dass es zu einem Abschluss kommt“.
- Mittwoch, 23. Dezember
Minister äußert sich positiv über Erfolgsaussichten für Handelspakt
10.05 Uhr: Kurz vor dem Ende der Brexit-Übergangsfrist kommen aus London positive Töne. Er sei „einigermaßen optimistisch“, dass ein Handelspakt mit der EU zustande komme, sagte Bauminister Robert Jenrick am Mittwoch dem Sender Sky News. Es gebe aber weiterhin „die gleichen schwerwiegenden Meinungsverschiedenheiten“ zu Fischereirechten und gleichen Wettbewerbsbedingungen.
„Im Moment gibt es keine ausreichenden Fortschritte. Es ist kein Abkommen, von dem der Premierminister (Boris Johnson) das Gefühl hat, dass er es unterschreiben kann“, sagte Jenrick. Denn der Verhandlungsstand respektiere nicht die umfängliche Souveränität Großbritanniens als unabhängige Nation.
Jenrick betonte, die Gespräche dauerten an. „Der Premierminister (Boris Johnson) hat sehr deutlich gemacht, dass er bis zum Ende verhandeln wird, und das ist der 31. Dezember.“
Britischer Gesundheitsdienst NHS bittet Johnson um Brexit-Aufschub
7.26 Uhr: Angesichts der großen Herausforderungen durch die Corona-Krise hat der britische Gesundheitsdienst NHS den Premierminister Boris Johnson zu einer Verlängerung der Brexit-Übergangsphase um einen Monat aufgefordert. Ein Aufschub um einen Monat werde dem NHS Zeit geben, sich aus der „unmittelbaren Gefahrenzone“ zu bringen, hieß es in einem Brief der NHS-Spitze, der in der Nacht zum Mittwoch veröffentlicht wurde. Denn dann könne sich der Dienst auf die Bekämpfung der Pandemie konzentrieren, ohne dass ein No-Deal-Brexit „störende Veränderungen“ mit sich bringe.
Großbritannien verlässt zum Jahresende den EU-Binnenmarkt und die Zollunion. Kommt in den verbleibenden Tagen kein Handelspakt mehr mit der EU zustande, drohen höhere Zölle und andere Handelshemmnisse, die nach Ansicht von Experten auch Auswirkungen auf die Versorgung mit Medikamenten und medizinischen Gütern haben dürften.
Der NHS befürchtet zudem, dass Rettungswagen aufgrund von Lastwagenstaus vor allem in der südostenglischen Grafschaft Kent am Ärmelkanal, einem Zentrum der Corona-Infektionen, nicht rechtzeitig die Patienten erreichen könnten. Johnsons Regierung hat eine Verlängerung der Übergangsphase bisher strikt abgelehnt.
- Dienstag, 22. Dezember
Brexit-Handelspakt: Andauernder Streit über die Fischerei-Rechte
18.31 Uhr: Der erhoffte Handelspakt der Europäischen Union mit Großbritannien steht wenige Tage vor Ende der Brexit-Übergangszeit weiter auf der Kippe. Nach Informationen über Bewegung in den Verhandlungen hieß es am Dienstagnachmittag erneut, beim Streitpunkt Fischerei stecke man fest. Auch beim Thema faire Wettbewerbsbedingungen seien einige Punkte offen, erklärte ein Diplomat nach einer Unterrichtung durch EU-Unterhändler Michel Barnier.
Barnier sagte vor seinem Termin bei den Vertretern der EU-Staaten: „Wir sind jetzt wirklich an einem entscheidenden Punkt und machen eine letzte Anstrengung.“ Er werde weiter arbeiten und die EU-Staaten und das Europaparlament auf dem Laufenden halten.
Ein anderer EU-Diplomat sprach von erzielten Fortschritten. Die meisten Themen seien vorläufig abgeschlossen oder fast. „Leider bewegt sich das Vereinigte Königreich noch nicht genug, um eine Einigung beim Fisch zu schaffen.“ Die Verhandlungen gingen aber weiter. „Die EU wird Großbritannien nicht die Tür zuschlagen und bleibt bereit, sogar nach dem 1. Januar zu verhandeln.“
Am 31. Dezember endet die Brexit-Übergangsphase. Dann scheidet Großbritannien aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion aus. Beide Seiten hoffen auf einen Handelsvertrag in letzter Minute, um Zölle und hohe Hürden in den künftigen Wirtschaftsbeziehungen abzuwenden.Weil die Zeit zu knapp ist, könnte ein mögliches Abkommen aus Sicht des Europaparlaments nicht mehr rechtzeitig ratifiziert werden. Denkbar ist eine vorläufige Anwendung ohne offizielle Bestätigung. Auch das benötige jedoch einige Tage Vorlauf, hieß es aus einer dritten Quelle. „Wenn es also vor Weihnachten keine Einigung gibt, wird auch die vorläufige Anwendung immer unwahrscheinlicher.“
Brexit gefährdet britische Corona-Versorgung
14.25 Uhr: Der Gesundheitsversorgung in Großbritannien drohen einer neuen Studie zufolge schwere Folgen wegen des Brexits. Neue Einwanderungsregeln würden Pflegepersonal abhalten, der Transport von Medikamenten und Medizintechnik könne gefährdet sein, heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Bericht des auf Gesundheit spezialisierten Thinktanks Nuffield Trust.
Auch die schwache Konjunktur sowie Hindernisse für Investitionen in die Wissenschaft träfen die Branche. „Die gefährlich ungewisse Zukunft, mit der Großbritannien am Ende der Brexit-Übergangsphase konfrontiert ist, könnte das britische Gesundheits- und Pflegesystem gefährden.“Großbritannien ist Ende Januar 2020 bereits aus der EU ausgetreten, zum Jahresende verlässt das Vereinigte Königreich nach einer Übergangsphase auch den EU-Binnenmarkt und die Zollunion.
Vor allem der Pflegesektor werde es schwer haben, so die Autoren. Neue Vorschriften verhinderten die Zuwanderung dringend benötigter Fachkräfte. Bereits wegen der Corona-Pandemie sei die Zuwanderung „dramatisch verlangsamt“ worden. Im vierten Quartal 2019 hätten noch mehr als 190.000 Menschen aus der EU und Drittstaaten eine Versicherungsnummer beantragt, die vor allem für eine Arbeitserlaubnis notwendig ist. Im zweiten Quartal 2020 waren es demnach nur noch gut 55 000 Anträge.
Von der Leyen und Johnson suchen Einigung in letzter Sekunde
13.30 Uhr: Neun Tage vor dem Ende der Brexit-Übergangszeit hat sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erneut in die festgefahrenen Verhandlungen für ein Handelsabkommen mit Großbritannien eingeklinkt. Sie telefonierte nach Angaben aus EU-Kreisen am Montagabend mit dem britischen Premierminister Boris Johnson. Demnach könnte es weitere spontane Spitzengespräche geben, um die Verhandlungsblockade zu lösen. Die Zeit dafür ist mittlerweile äußerst knapp. Großbritannien war zum 1. Februar aus der EU ausgetreten, bis zum Jahresende bleibt das Land aber noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. Die Zeit für die fristgerechte Ratifizierung des Handelsabkommens ist nach Angaben des EU-Parlaments bereits abgelaufen.
Denkbar wäre noch eine vorläufige Anwendung einer möglichen Einigung innerhalb der kommenden Tage, um die gravierenden wirtschaftlichen Folgen eines Chaos-Brexit zu verhindern. Aus EU-Kreisen hieß es allerdings, dass es auch für eine vorläufige Anwendung mit nachgeschobener Ratifizierung eine Einigung bis Weihnachten bräuchte. Der 23. Dezember sei dabei aber keine harte Deadline, sagte ein EU-Diplomat. Sollte ein Verhandlungserfolg am 24. oder 25. Dezember in Reichweite erscheinen, würden die Verhandlungen sicherlich fortgeführt.
- Montag, 21. Dezember
Brexit-Übergangsphase wird trotz Corona nicht verlängert
10.24 Uhr: Trotz Sorgen vor Versorgungsengpässen wegen der neuen Coronavirus-Variante schließt Großbritannien eine Verlängerung der Brexit-Übergangsphase aus. Die Zeit, in der Großbritannien zwar nicht mehr der Europäischen Union, aber dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion angehört, werde „sicher nicht“ über den 31. Dezember hinaus ausgedehnt, sagte Transportminister Grant Shapps am Montag der BBC.
„Das würde nur Öl ins Feuer schütten.“ Schließlich seien alle auf die Situation vorbereitet. „Wichtig ist, dass Unternehmen sich weiter vorbereiten, dass die Menschen vorbereitet sind“, sagte Shapps.
Wegen der raschen Ausbreitung der Corona-Mutation haben Frankreich und andere EU-Staaten die Grenzen zum Vereinigten Königreich geschlossen. Derzeit dürfen keine Lastwagen mehr über den Ärmelkanal aufs Festland übersetzen. Verbände warnen vor Engpässen, sollte die Lage andauern.
Weil viele Unternehmen noch vor dem Ende der Brexit-Übergangsfrist versuchen, ihre Waren in letzter Sekunde in die EU zu transportieren, kommt es bereits seit Tagen zu langen Staus. Großbritannien und die EU verhandeln noch immer über einen Brexit-Handelspakt. Wenn bis Jahresende kein Abkommen vorliegt, treten höhere Zölle und andere Hemmnisse für Handel, Verkehr und Behörden in Kraft.
- Samstag, 19. Dezember
Ausschuss kritisiert Brexit-Vorbereitung: „zu spät und lückenhaft“
8.39 Uhr: Mit deutlichen Worten hat der Brexit-Ausschuss des britischen Parlaments die Vorbereitungen der Regierung auf das Ende der Übergangsphase am 31. Dezember kritisiert. Entscheidungen seien „zu spät“ getroffen worden, die Kommunikation mit Unternehmen sei „bestenfalls lückenhaft“, hieß es in einem am Samstag in London veröffentlichten Bericht. Die Polizei könne gezwungen sein, „langsamere und umständlichere“ Systeme zu verwenden - so sei „unwahrscheinlich“, dass ein Abkommen, das den Europäischen Haftbefehl ersetze, rechtzeitig vorliege.
Noch immer könne die Regierung Unternehmen, Händler und Bürger nicht mit Gewissheit darüber informieren, was in den Bereichen passieren wird, die von den Verhandlungen mit der EU über einen Handelspakt betroffen sind, sagte der Ausschussvorsitzende Hilary Benn. „Mit nur sieben verbleibenden Werktagen bis zum Ende der Übergangsphase bestehen nach wie vor erhebliche Bedenken.“ Die Regierung müsse bereit sein, Notfallpläne in Kraft zu setzen, forderte der Politiker der oppositionellen Labour-Partei.
- Freitag, 18. Dezember
Lange Staus am Ärmelkanal
13.20 Uhr: Zwei Wochen vor dem endgültigen Austritt Großbritanniens aus den EU-Institutionen ist bereits der Druck an der wichtigen Handelsroute über den Ärmelkanal zu spüren. Auf Twitter kursierten Ende der Woche Videoaufnahmen von langen Lkw-Staus an der Zufahrt zum Eurotunnel im englischen Folkestone.
Ein hohes Aufkommen an Frachtverkehr werde in beide Richtungen bis Weihnachten und dann wieder kurz vor Neujahr erwartet, teilte ein Sprecher des Eurotunnel-Betreiberfirma Getlink auf dpa-Anfrage am Freitag mit. Gründe dafür seien der erhöhte Betrieb in der Weihnachtszeit, medizinische Lieferungen wegen der Coronavirus-Pandemie und die Aufstockung vieler Lagerbestände vor dem Ende der Brexit-Übergangsphase.
Die Häfen in Großbritannien sind bereits seit Wochen überlastet. Einige Schiffe mussten bereits abgewiesen werden. Auch das führe zu mehr Verkehr am Eurotunnel, da Containerschiffe teilweise an Häfen auf dem Kontinent entladen würden und die Ware dann mit dem Lastwagen nach Großbritannien gebracht werde, so der Sprecher.
Nur noch wenige Stunden bleiben für eine Einigung
12.51 Uhr: In den Verhandlungen der EU mit Großbritannien über ein Handelsabkommen nach dem Brexit ist nach den Worten des EU-Chefunterhändlers Michel Barnier die „Stunde der Wahrheit“ gekommen. „Es bleibt nur noch wenig Zeit, ein paar Stunden“, damit ein Abkommen am 1. Januar in Kraft treten könne, sagte Barnier am Freitag im EU-Parlament in Brüssel.
Gerade würden noch die schwierigsten Punkte besprochen, insbesondere die Frage des Zugangs zu britischen Gewässern für europäische Fischer. Großbritannien war zum 1. Februar aus der EU ausgetreten, bis zum Jahresende bleibt das Land aber noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion.
Inzwischen ist die Zeit für die rechtzeitige Ratifizierung eines angestrebten Handelsabkommens für die Zeit danach äußerst knapp. Ohne Einigung würden im beiderseitigen Handel zum Jahreswechsel Zölle erhoben – mit gravierenden Folgen für die Wirtschaft. Hauptstreitpunkte sind seit Monaten faire Wettbewerbsbedingungen, die Kontrolle eines künftigen Abkommens und die Fangrechte für EU-Fischer in britischen Gewässern.
„Ich kann nicht sagen, was noch auf der letzten Zielgeraden der Verhandlungen passieren wird“, sagte Barnier im EU-Parlament. Die EU sollte jedenfalls auf alles vorbereitet sein.
- Sonntag, 13. Dezember
Brexit-Handelspakt: Gespräche werden wohl trotz Fristende fortgesetzt
12.43 Uhr: Die Europäische Union erwartet nach Angaben aus EU-Kreisen eine Fortsetzung der Gespräche mit Großbritannien über einen Brexit-Handelspakt. Dies erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Sonntag nach einem Gespräch von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und dem britischem Premier Boris Johnson.
Gespräch zwischen Johnson und von der Leyen gegen Mittag
11.17 Uhr: Mit dem möglicherweise entscheidenden Gespräch des britischen Premierministers Boris Johnson mit der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über einen Brexit-Handelspakt wird heute um die Mittagszeit gerechnet. Das teilte die EU-Kommission am Sonntag mit, ähnlich verlautete es auch aus britischen Regierungskreisen. Beide Seiten hatten sich darauf geeinigt, noch an diesem Sonntag zu einer Entscheidung zu kommen, ob ein Durchbruch in den Verhandlungen möglich ist oder nicht.
Sollten die Verhandlungen für gescheitert erklärt werden, müssten sich beide Seiten auf einen No Deal mit heftigen Verwerfungen für die Wirtschaft einstellen.
Britische Regierung veröffentlicht No-Deal-Pläne
10.23 Uhr: Stunden vor dem Ablauf der wohl letzten Frist im Ringen um einen Brexit-Handelspakt hat die Regierung in London Details zu ihrer No-Deal-Planung veröffentlicht. Man habe ein Strategiebuch entwickelt, in dem „jedes einzelne vorhersehbare Szenario durchgespielt“ werde, sagte ein Regierungssprecher.
Noch am Sonntag wollten beide Seiten zu einer Entscheidung darüber kommen, ob es zu einem Durchbruch bei den Verhandlungen kommen kann oder ob sie als gescheitert gelten.
Befürchtet wird, dass es nach Ablauf der Brexit-Übergangsphase am Jahresende zu kilometerlangen Staus auf den Straßen kommen könnte, die zum wichtigen Fährterminal in Dover führen. Ein Großteil des Handels mit dem europäischen Kontinent wird über die Fährverbindung ins französische Calais und über den nahen Eurotunnel abgewickelt.
Einige Warenkontrollen müssen in jedem Fall eingeführt werden. Doch sollte kein Abkommen zustande kommen, kämen auch noch Zölle und Mengenbeschränkungen hinzu, die beachtet werden müssten. Die dafür notwendigen Formalitäten und Kontrollen könnten besonders kleine und mittlere Unternehmen schnell überfordern und dazu führen, dass sich Lastwagen an den Kontrollpunkten stauen. Hinzu kommt, dass auch die Computerprogramme, die dafür entwickelt wurden, teilweise nicht getestet werden konnten.
Der Regierungssprecher betonte, bereits jetzt seien 900 zusätzliche Mitarbeiter für die Grenzkontrollen eingestellt worden. 1100 weitere sollten bis März an Bord kommen. Für Inspektionen seien sieben Standorte im Hinterland sowie eine Zentrale eingerichtet worden, die rund um die Uhr im Betrieb ist. Hinzu kämen Telefonhotlines und eine App, die Transportunternehmen nutzen könnten.
- Samstag, 12. Dezember
Kurz vor Fristende keine Lösung in Sicht
23.31 Uhr: Kurz vor dem wohl entscheidenden Tag im Ringen um einen Brexit-Handelspakt zeichnet sich nach Angaben aus Verhandlungskreisen weiter keine Lösung ab. Die Verhandlungen in Brüssel liefen weiter, blieben aber schwierig, hieß es am Samstagabend von der britischen Seite. Weitere Gespräche, auch am Sonntag, seien wahrscheinlich.
Wie geplant werde erwartet, dass EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und der britische Premier Boris Johnson dann am Sonntag miteinander sprechen, hieß es. Die britische Position sei unverändert: Jedes Abkommen müsse fair sein und die Prinzipien der Souveränität und der Kontrolle respektieren.
Wichtigste Streitpunkte sind die Themen faire Wettbewerbsbedingungen und Zugang europäischer Fischer zu britischen Gewässern. Beide Seiten haben sich bis Sonntag Zeit gegeben, um eine Einigung zu finden.
London will bei No Deal mit Royal Navy gegen EU-Fischkutter vorgehen
10:12 Uhr: Die britische Regierung hält vier Schiffe der Royal Navy für den Schutz ihrer Gewässer vor EU-Fischkuttern im Fall eines No-Deal-Brexits bereit. Das bestätigte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in London auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur am Samstag. Die Patrouillenboote der Marine könnten neben anderen Aufgaben dazu eingesetzt werden, um EU-Fischerboote abzuwehren, sagte der Sprecher. Wenn nötig, auch rund um die Uhr.
Das Thema Fischerei ist einer der Knackpunkte bei den stockenden Verhandlungen über einen Brexit-Handelspakt. Bis Ende des Jahres gilt noch eine Übergangsfrist, in der sich britische Fischer und ihre Kollegen aus EU-Staaten den Zugang zu der von Großbritannien beanspruchten 200-Meilen-Zone um seine Küste teilen. London pocht darauf, den Zugang zu den fischreichen Gewässern künftig nach eigenem Ermessen zu regeln. Die EU besteht auf einer einvernehmlichen Lösung. Doch die ist nicht in Sicht. Bis Sonntag haben sich beide Seiten Zeit gegeben, um Fortschritte bei den Verhandlungen zu erzielen.
Die Europäische Kommission hatte kürzlich vorgeschlagen, die bisherige Regelung im Fall eines Scheiterns der Gespräche vorerst beizubehalten. Die Ankündigung Londons, die Königliche Marine auf den Plan zu rufen, dürfte eine eindeutige Absage an diesen Vorschlag sein.
- Donnerstag, 10. Dezember
Boris Johnson sieht „hohe Wahrscheinlichkeit“ eines No-Deal-Brexit
19.23 Uhr: Der britische Premierminister Boris Johnson hat die Bevölkerung aufgefordert, sich auf ein Scheitern der Gespräche mit der EU über ein Handelsabkommen nach dem Brexit einzustellen. Es gebe „jetzt eine hohe Wahrscheinlichkeit“, dass die Verhandlungen ohne ein Abkommen endeten, sagte er am Donnerstag im britischen Fernsehen. Die Verhandlungen zwischen London und der EU sollen noch bis Sonntag weitergeführt werden.
London: Weitere Brexit-Gespräche nach Sonntag „unwahrscheinlich“
11.30 Uhr: Die britische Regierung hält Verhandlungen mit der EU über einen Brexit-Handelspakt über die für Sonntag gesetzte Frist hinaus für „unwahrscheinlich“. Außenminister Dominic Raab sagte am Donnerstagmorgen der BBC, er schließe weitere Gespräche zwar nicht kategorisch aus. Es sei aber wichtig, „Endgültigkeit“ zu haben. „Es hängt von den Fortschritten ab, die bis dahin gemacht werden“, sagte Raab. Die Sonntagsfrist solle „helfen, die Gedanken zu fokussieren“. In Brüssel sollen der britische Unterhändler David Frost und sein EU-Kollege Michel Barnier die Verhandlungen weiterführen. Die zentralen Knackpunkte sind weiterhin Fischerei, fairer Wettbewerb und die Frage, wie die Vereinbarungen im Streitfall rechtlich durchgesetzt werden.
Raab sagte, es sei ein gutes und offenes Gespräch am Mittwoch zwischen von der Leyen und Johnson gewesen. Aber wesentliche Unterschiede blieben bestehen. „Ich glaube nicht, dass wir in diesem Tempo weitermachen können, ohne Fortschritte und Flexibilität zu haben.“ Die EU versuche, „uns an ihre Regeln zu binden“, sagte Raab. Falls es doch noch zu einem Vertrag kommt, wäre das britische Parlament bereit, ihn noch dieses Jahr zu verabschieden, sagte der Sprecher des Unterhauses, Lindsay Hoyle. Der letzte planmäßige Sitzungstag sei der 21. Dezember. „Aber wenn es sein muss, (...) können wir sogar bis Heiligabend tagen“, sagte Hoyle dem Sender Sky News.
Brüssel legt Notfallgesetze für Scheitern der Brexit-Gespräche vor
11.10 Uhr: Die EU-Kommission treibt die Vorbereitungen für den Fall eines Scheiterns der Verhandlungen mit Großbritannien voran. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen veröffentlichte am Donnerstag auf Twitter Notfallgesetze für den Fall, dass es am 1. Januar kein Handelsabkommen mit Großbritannien gibt. Diese Pläne sollen „einige der bedeutenden Störungen“ etwa im Flug- und Straßenverkehr abmildern.
Johnsons Besuch bringt keinen Durchbruch - Entscheidung bis Sonntag
6.15 Uhr: Angesichts anhaltender Differenzen geben sich die EU und Großbritannien noch bis Sonntag Zeit, um ein Handelsabkommen nach dem Brexit zu ringen. Ein Besuch des britischen Premierministers Boris Johnson in Brüssel brachte am Mittwochabend keinen Durchbruch in den festgefahrenen Gesprächen, wie beide Seiten mitteilten.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte, die Positionen beider Seiten lägen weiter „weit auseinander“. „Wir hatten eine lebhafte und interessante Diskussion über den Stand der Dinge bei den offenen Fragen“, erklärte von der Leyen nach dem gut dreistündigen Abendessen mit Johnson. „Wir verstehen die Positionen des anderen. Sie liegen nach wie vor weit auseinander.“ Die Verhandlungsteams sollten nun „unverzüglich wieder zusammenkommen, um zu versuchen, diese Fragen zu lösen“, erklärte die Kommissionschefin. „Wir werden bis zum Ende des Wochenendes zu einer Entscheidung kommen.“
Johnson ließ erklären, er wolle keine Möglichkeit für „ein faires Abkommen“ mit der EU unversucht lassen, „aber jede Vereinbarung muss die Unabhängigkeit und Souveränität des Vereinigten Königreichs respektieren“. „Bis Sonntag“ solle „eine verbindliche Entscheidung über die Zukunft der Gespräche“ fallen, hieß es aus der Londoner Downing Street. Demnach gibt es weiter eine „sehr große“ Kluft zwischen beiden Seiten und es sei unklar, „ob diese überbrückt werden kann“.
Nach Angaben aus EU-Kreisen sollen die Verhandlungen zwischen den Chefunterhändlern von EU und Großbritannien, Michel Barnier und David Frost, und deren Verhandlungsteams am Donnerstagmorgen wieder aufgenommen werden.
Großbritannien war zum 1. Februar aus der EU ausgetreten, doch bleibt das Land noch bis Jahresende im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. In der Übergangsphase ist es bisher nicht gelungen, ein Post-Brexit-Handelsabkommen auszuhandeln. Inzwischen ist die Zeit für die rechtzeitige Ratifizierung eines Abkommens bis zum Jahresende äußerst knapp. Hauptstreitpunkte in den Verhandlungen sind nach wie vor faire Wettbewerbsbedingungen, die Kontrolle eines künftigen Abkommens und die Fangrechte für EU-Fischer in britischen Gewässern. Ohne Einigung würden im beiderseitigen Handel zum Jahreswechsel Zölle erhoben. Wirtschaftsverbände rechnen dann nicht nur mit massiven Staus an den Grenzen im Lieferverkehr, sondern auch mit Milliarden an Mehrkosten und Einnahmeausfällen.
- Dienstag, 8. Dezember
Johnson: EU und Großbritannien immer noch „weit voneinander entfernt“
10.52 Uhr: In den Post-Brexit-Verhandlungen sind die EU und Großbritannien nach den Worten des britischen Premierministers Boris Johnson noch immer „weit voneinander entfernt“. Er sei „immer optimistisch“, doch aktuell sei „die Situation schwierig“, sagte Johnson vor seiner Abreise nach Brüssel am Dienstag. Angesichts der festgefahrenen Verhandlungen um einen Handelspakt nach dem Brexit hatte der britische Regierungschef am Montag angekündigt, persönlich nach Brüssel zu kommen.
- Montag, 7. Dezember
Boris Johnson kommt nach Brüssel
19.50 Uhr: Im Streit über den Brexit-Handelspakt soll ein persönliches Treffen auf höchster Ebene den Durchbruch bringen. Der britische Premierminister Boris Johnson werde in den kommenden Tagen nach Brüssel reisen, um mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die schwierigsten Fragen zu klären, teilte die EU-Kommission am Montagabend nach einem Telefonat Johnsons mit von der Leyen mit.
London schließt weitere Brexit-Gespräche nächstes Jahr aus
14.12 Uhr: Im Falle eines Scheiterns der derzeit festgefahrenen Gespräche mit der EU über ein Handelsabkommen nach dem Brexit lehnt die britische Regierung eine Wiederaufnahme der Verhandlungen im nächsten Jahr ab. Ein Sprecher von Premierminister Boris Johnson sagte am Montag in London: „Wir sind bereit, so lange zu verhandeln, wie die Zeit reicht, wenn wir denken, ein Abkommen ist noch möglich.“
Mit Blick auf eine Verlängerung der Gespräche ins nächste Jahr hinein betonte er aber: „Ich kann das ausschließen.“ Großbritannien war zum 1. Februar aus der EU ausgetreten. Bis Jahresende bleibt es aber noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. Diese Übergangsphase wollten beide Seiten eigentlich nutzen, um ein Handelsabkommen auszuhandeln. Die Gespräche kommen aber seit Monaten kaum voran. Inzwischen ist die Zeit für eine rechtzeitige Ratifizierung eines möglichen Abkommens bis zum 1. Januar schon äußerst knapp.
Angesichts der verfahrenen Lage wollten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Johnson am Montagnachmittag erneut über die Aussichten weiterer Verhandlungen beraten. EU-Verhandlungsführer Michel Barnier hatte am Vormittag die Mitgliedstaaten und das Europaparlament informiert, dass die Verhandlungen noch immer bei drei zentralen Themen feststecken: bei fairen Wettbewerbsbedingungen, der Kontrolle eines künftigen Abkommens und der Frage der Fangrechte für EU-Fischer in britischen Gewässern.
EU-Unterhändler Michel Barnier sieht schwarz
10 Uhr: Nach dem Neustart der Verhandlungen über einen Brexit-Handelspakt sieht EU-Unterhändler Michel Barnier nach Angaben von Diplomaten immer noch keine wesentlichen Fortschritte. Es gebe Anlass zu Pessimismus, sagte eine Diplomatin am Montagmorgen nach einer Unterrichtung der EU-Botschafter durch Barnier. Dieselben Probleme blieben. Die Verhandlungen würden fortgesetzt. Am Montagabend werde Bilanz gezogen, ergänzte ein anderer Diplomat.
„Der Ausgang ist immer noch offen“, sagte ein dritter Diplomat. „Die EU ist bereit, letzte Anstrengungen aufzubringen, um einen fairen, nachhaltigen und ausgewogenen Deal für die Bürger in der EU und dem Vereinigten Königreich zu erzielen. Es ist jetzt an Großbritannien, zwischen einem solchen positiven Ergebnis und einem No-Deal zu wählen.“
Zuvor hatte bereits die britische Seite Berichte dementiert, dass es am Wochenende einen Durchbruch beim umstrittenen Thema Fischerei gegeben habe. Dies ist einer der Knackpunkte. Besonders umstritten sind daneben die EU-Forderung nach fairen Wettbewerbsbedingungen und die Instrumente zur Ahndung von Verstößen gegen das geplante Abkommen. Dieses soll die Handelsbeziehungen bereits ab Januar neu regeln. Deshalb stehen die Unterhändler enorm unter Zeitdruck.
- Sonntag, 6. Dezember
Britische Regierung hält an umstrittenem Binnenmarktgesetz fest
11.40 Uhr: Die britische Regierung will trotz der stockenden Handelspakt-Verhandlungen mit der EU an einem umstrittenen Gesetz festhalten, mit dem Teile des bereits gültigen Brexit-Austrittsabkommens ausgehebelt würden. Das bestätige Umwelt- und Agrarminister George Eustice am Sonntag. Die umstrittenen Klauseln waren vom britischen Oberhaus entfernt worden, das Unterhaus soll sie nach dem Willen der Regierung am Montag jedoch wieder einfügen. „Diese Klauseln sind sehr wichtig - besonders wenn wir die EU ohne ein Abkommen verlassen“, sagte Eustice.
Das sogenannte Binnenmarktgesetz soll den Warenverkehr innerhalb Großbritanniens nach der Brexit-Übergangsphase sichern, die zum Jahresende ausläuft. Allerdings verstoßen einige Klauseln gegen den mühsam ausgehandelten und schon geltenden Brexit-Deal - und damit gegen internationales Recht. Betroffen ist das Nordirland-Protokoll, das eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und der zur EU gehörenden Republik Irland garantieren soll. Die EU ist empört über den geplanten Vertragsbruch - ein Festhalten an den umstrittenen Plänen dürfte für weiteren Zündstoff zwischen beiden Seiten sorgen.
Trotzdem sollen die Unterhändler Großbritanniens und der EU, David Frost und Michel Barnier, in Brüssel ein letztes Mal versuchen, sich auf einen Handelspakt zu einigen. Ein Telefonat auf höchster Ebene zwischen EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und dem britischen Premierminister Boris Johnson am Samstagabend brachte keinen Durchbruch. Nach weiteren Gesprächen der Unterhändler am Sonntag und Montag wollen die Chefs am Montagabend erneut Bilanz ziehen.
- Samstag, 5. Dezember
Brexit-Handelspakt: EU-Seite sieht Erfolg auf Messers Schneide
Der geplante Brexit-Handelspakt mit Großbritannien steht aus Sicht der Europäischen Union auf Messers Schneide. Es gebe gewichtige Diskrepanzen beim Thema faire Wettbewerbsbedingungen, hieß es am Samstag aus EU-Kreisen in Brüssel. Die britische Haltung stelle das Funktionieren des Binnenmarkts ernsthaft in Frage.
Die Chefunterhändler hatten ihre Verhandlungen am Freitagabend unterbrochen und erklärt, die Bedingungen für eine Einigung seien nicht erfüllt. Bei einem für den späten Nachmittag (17.30 Uhr) geplanten Telefonat von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Premierminister Boris Johnson gehe es darum zu analysieren, wie man die Gespräche wieder in Gang bekommen könnte. Echte Verhandlungen der beiden oder Angebote der EU seien nicht zu erwarten.
Der SPD-Brexit-Experte im Europaparlament, Bernd Lange, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Es steht Spitz auf Knopf.“ Die britische Seite lehne Instrumente zur Durchsetzung gleicher Wettbewerbsbedingungen fundamental ab. Es könne aber kein Abkommen um jeden Preis geben.Bei den Wettbewerbsbedingungen - das Stichwort heißt Level Playing Field - geht es unter anderem um Umwelt-, Sozial- und Beihilfestandards.
Großbritannien möchte sich dabei von der EU möglichst wenig Vorgaben machen lassen. Die EU möchte hingegen Wettbewerbsvorteile für britische Firmen durch übermäßige Subventionen, Sozial-, Umwelt- oder Regeldumping verhindern. Denn das angestrebte Handelsabkommen würde britische Waren unverzollt und ohne Mengenbegrenzung auf den EU-Markt lassen.
Beim zweiten wichtigen Streitthema Fischerei sieht Brexit-Experte Lange hingegen Einigungschancen. Dabei geht es um den Zugang von EU-Fischern zu britischen Gewässern und die Menge Fisch, die sie dort fangen dürfen. Im Gespräch seien Quoten und eine Klausel zur Überprüfung der Regelung nach einer bestimmten Frist (Revisionsklausel), sagte Lange.
Als großes Hindernis in den Verhandlungen gilt weiter das geplante britische Binnenmarktgesetz, das Teile des bereits gültigen EU-Austrittsvertrags aushebeln würde. Werde dies wie geplant am Montag erneut mit den umstrittenen Klauseln ins britische Unterhaus eingebracht, wäre eine Fortsetzung der Gespräche politisch nahezu ausgeschlossen, sagte Lange.
- Donnerstag, 12. November
Boris Johnsons Kommunikationschef tritt zurück – heftiger Streit in Regierung
8.30 Uhr: Nach dem Rücktritt des Kommunikationschefs von Großbritanniens Premierminister Boris Johnson ist laut Medienberichten ein heftiger Streit in der britischen Regierung entbrannt. Spekuliert wird über einen Machtkampf zwischen verschiedenen Gruppen innerhalb der Führungsebene. Kommunikationschef Lee Cain teilte am Mittwochabend ohne Angabe von Gründen mit, er werde seinen Posten Ende des Jahres verlassen. Cain ist ein enger Vertrauter des Johnson-Beraters Dominic Cummings. Beide sind Weggefährten des konservativen Politikers aus dem Wahlkampf um das Brexit-Referendum im Jahr 2016, bei dem die Briten knapp für einen Austritt aus der EU gestimmt hatten. Cummings gilt inzwischen als Strippenzieher im Regierungssitz Downing Street, ist aber umstritten. Er soll über den Abgang Cains laut dem „TimesRadio“-Journalisten Tom Newton Dunn „sehr unglücklich“ sein und zeitweise selbst seinen Rücktritt erwogen haben.
Noch vor kurzem hatte die „Times“ berichtet, Cain solle zum Stabschef befördert werden. Doch das stieß dem Vernehmen nach auf Unmut bei Ministern, Beratern und Abgeordneten. Widerstand sei auch von Johnsons Verlobter Carrie Symonds gekommen, twitterte die BBC-Journalistin Laura Kuenssberg unter Berufung auf ungenannte Insider-Quellen. Selbst ein Rücktritt des Brexit-Unterhändlers David Frost, der zum Cain-Lager gezählt wird, sei nicht ausgeschlossen, so die BBC-Reporterin.
Dem „Guardian“ zufolge wurde der ehemalige Journalist Cain erstmals im Wahlkampf 2010 einer breiteren Öffentlichkeit bekannt: Für das linke Boulevardblatt „Daily Mirror“ folgte er als Huhn verkleidet konservativen Politikern bei Wahlkampfauftritten und machte sich über sie lustig. Später wechselte er zur Brexit-Kampagne „Vote Leave“. „Es war ein Privileg, die letzten drei Jahre als Berater für Herrn Johnson zu arbeiten und Teil des Teams zu sein, das ihm geholfen hat, die Führung der Tory-Partei zu gewinnen und die größte konservative Mehrheit in drei Jahrzehnten zu sichern“, erklärte Cain am Mittwoch. Zudem sei es ihm eine Ehre gewesen, dass ihm der Posten des Stabschefs angetragen worden sei. Johnson dankte Cain für seine Dienste und nannte ihn einen „wahren Verbündeten und Freund“. Nach Information des Senders soll der derzeitige Chefsprecher der Regierung, James Slack, in der Rolle des Kommunikationschefs auf Cain folgen.
- Mittwoch, 21. Oktober
Großbritannien will nun doch über Brexit-Deal verhandeln
18.20 Uhr: Großbritannien will die gestoppten Gespräche über einen Brexit-Handelsvertrag mit der Europäischen Union nun doch fortsetzen. Dies teilte die britische Regierung am Mittwochnachmittag in London mit. Damit wächst die Chance wieder, dass ein harter wirtschaftlicher Bruch mit Zöllen und Handelshemmnissen zum Jahreswechsel vermieden werden kann.
Nach monatelangem Streit hatte der britische Premierminister Boris Johnson der EU am Freitag vorgeworfen, sie wolle gar kein Abkommen. Deshalb erwarte er einen Bruch ohne Vertrag - es sei denn, die EU ändere ihre Haltung fundamental.
Die Rückkehr an den Verhandlungstisch begründete die britische Regierung jetzt mit einer Rede des EU-Unterhändlers Michel Barnier am Mittwochvormittag. Barnier habe für Großbritannien wichtige Punkte anerkannt, unter anderem den Respekt für die Souveränität Großbritanniens. Darüber hätten Barnier und der britische Unterhändler David Frost am Mittwochnachmittag gesprochen. „Auf der Grundlage dieses Gesprächs sind wir bereit, das EU-Team in London zu empfangen, um die Verhandlungen im Laufe der Woche fortzusetzen“, hieß es in der Mitteilung der britischen Regierung.
- Dienstag, 20. Oktober
Boris Johnson erklärt Verhandlungen für beendet
16 Uhr: Im heftigen Streit um den Brexit-Handelspakt haben EU-Unterhändler Michel Barnier und sein britischer Kollege David Frost am Dienstag das Gespräch gesucht. Sie hätten miteinander telefoniert, bestätigte eine Regierungssprecherin am Dienstag der Deutschen-Presse-Agentur. Die Europäische Union müsse Kompromissbereitschaft zeigen, hieß es erneut aus der Downing Street.
Der britische Premierminister Boris Johnson hatte der EU vorgeworfen, kein Handelsabkommen mit Großbritannien zu wollen. Deshalb stelle sich sein Land auf einen Austritt aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion ohne Vertrag zum Jahreswechsel ein. Ein britischer Regierungssprecher hatte die Handelsgespräche für beendet erklärt. Es ist unklar, ob dennoch weiter verhandelt werden könnte.
Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber bezeichnete die britische Drohung mit dem Abbruch der Verhandlungen als „politisches Theater“. Die EU dürfe sich nicht auf dieses Niveau begeben, sagte der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP). Brüssel sei weiter offen für Verhandlungen und prüfe, was noch möglich sei.
- Freitag, 16. Oktober
EU will trotz Johnson Ansage weiter mit London verhandeln
14.46 Uhr: Die Europäische Union will weiter mit Großbritannien über einen Handelspakt nach dem Brexit verhandeln - obwohl Premier Boris Johnson von einem Scheitern ausgeht. „Wie geplant wird unser Verhandlungsteam nächste Woche nach London fahren, um die Verhandlungen zu intensivieren“, schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitag auf Twitter. „Die EU arbeitet weiter an einem Deal, aber nicht zu jedem Preis.“
Johnson: Großbritannien ist zu No-Deal-Brexit bereit
14.12 Uhr: Im Brexit-Streit erwartet der britische Premierminister Boris Johnson nach eigenen Worten nun einen harten Bruch ohne Vertrag mit der Europäischen Union am 1. Januar. Die EU habe offenkundig kein Interesse an einem von Großbritannien gewünschten Freihandelsabkommen wie mit Kanada, sagte Johnson am Freitag in London. Dementsprechend erwarte man nun eine Beziehung wie mit Australien, also ohne Vertrag. Gleichwohl ließ sich Johnson eine Hintertür offen, doch noch weiter mit der EU über einen Handelspakt zu verhandeln.
Dafür müsse die EU allerdings ihre Haltung ändern, sagte der Premier in einem im Fernsehen übertragenen Statement. Johnson hatte eigentlich eine Einigung bis zum EU-Gipfel am 15. Oktober verlangt, was nicht gelang. Danach erwog Johnson den Abbruch der Verhandlungen. Eine glasklare Entscheidung verkündete er nun aber nicht, sondern kündigte die Vorbereitung auf einen Bruch ohne Deal an.
Stunde der Wahrheit: Bricht Johnson die Brexit-Gespräche ab?
14 Uhr: Stunde der Wahrheit im Brexit-Streit: Der britische Premier Boris Johnson will am Freitag erklären, ob und wie Großbritannien weiter mit der Europäischen Union über einen Handelspakt verhandelt. Nach Beschlüssen des EU-Gipfels vom Donnerstag hatte sich Großbritanniens Chef-Unterhändler David Frost enttäuscht gezeigt. Die EU will die Verhandlungen hingegen in den kommenden Wochen deutlich intensivieren. Kanzlerin Angela Merkel signalisierte in der Nacht zum Freitag zum Kompromissbereitschaft.
Zum Stand der Gespräche über den Handelspakt sagte die CDU-Politikerin nach dem ersten Gipfeltag, es gebe Licht und Schatten. „An einigen Stellen haben sich die Dinge gut bewegt. An anderen Stellen ist noch viel Arbeit zu leisten.“ Insgesamt sei ein Abkommen für beide Seiten sinnvoll. „Notfalls müssen wir auch ohne das leben, aber ich glaube, besser wäre es, wir hätten ein solches Abkommen“, sagte Merkel. Ihr belgischer Kollege Alexander De Croo sagte: „Es wäre wahnsinnig, keinen Deal zu haben. Aber es wäre noch wahnsinniger, einen schlechten Deal zu haben.“
Die EU und Großbritannien arbeiten seit Monaten an einem Handelspakt, der nach dem Brexit und der wirtschaftlichen Trennung zum Jahresende Zölle und Handelshemmnisse verhindern soll. Doch ist man in entscheidenden Punkten von einer Lösung weit entfernt - obwohl Johnson der EU eine Frist zur Einigung bis 15. Oktober gesetzt hatte.
- Montag, 18. September
Deal or No-Deal? Brexit-Zitterpartie geht in die nächste Runde
Wichtige Woche für den Brexit - wieder einmal. In den nächsten Tagen dürfte klarer werden, ob die seit mehr als vier Jahren währende Saga um den britischen EU-Austritt noch ein glimpfliches Ende findet. An diesem Montag wird die EU-Kommission Großbritannien abermals drängen, das gültige Austrittsabkommen einzuhalten. Am Dienstag dann beginnt die vorerst letzte Verhandlungsrunde über den Folgevertrag, der die Handelsbeziehungen künftig regeln soll. Die wichtigsten Informationen zum Stand der Dinge.
Warum wird über den Austrittsvertrag gestritten?
Die britische Regierung will mit ihrem sogenannten Binnenmarktgesetz einige Klauseln des Austrittsvertrags kassieren, der vor dem Brexit Ende Januar in Kraft gesetzt wurde. Dabei geht es um Sonderregeln für Nordirland, die eine feste Grenze zum EU-Staat Irland verhindern sollen: Die britische Provinz bleibt enger an die EU-Zollunion und den EU-Binnenmarkt gebunden als der Rest des Landes. Das würde das Vereinigte Königreich spalten, beklagt Premierminister Boris Johnson. Die EU kontert, Johnson habe den Vertrag persönlich ausgehandelt und vom Parlament ratifizieren lassen. Die Klauseln seien nötig, um den Frieden auf der irischen Insel zu wahren.
Was bedeutet der Streit für die künftigen Beziehungen?
Für Anfang 2021 ist ein Handelsvertrag geplant. Dann endet die Brexit-Übergangsphase, und Großbritannien scheidet auch aus der Zollunion und dem Binnenmarkt aus. Doch die EU sagt: Warum einen neuen Vertrag schließen mit einem Partner, der den alten nicht einhält? Sie hat London ultimativ aufgefordert, die Pläne zum Verstoß gegen das Austrittsabkommen bis Mittwoch zurückzunehmen. An diesem Montag geht es darum im sogenannten Gemeinsamen Ausschuss, einem Schlichtungsgremium. London hält bisher an seinen Plänen fest. Bleibt es dabei, werde es kein Anschlussabkommen geben, sagen EU-Diplomaten.
Was sind beim die Knackpunkte?
Die EU bietet ihrem Ex-Mitglied eine sehr enge Handelspartnerschaft: einen unbegrenzten Warenverkehr ohne Zölle. Doch fordert sie dafür gleiche Umwelt-, Sozial- und Subventionsregeln. Kurz: gleiche Wettbewerbsbedingungen unter dem Stichwort „Level Playing Field“. Großbritannien will sich aber bei seinen künftigen Standards von der EU nicht reinreden lassen - Brexit-Hauptziel sei ja die Selbstbestimmung. Zudem sieht sich London am längeren Hebel beim zweiten Knackpunkt: dem Zugang für EU-Fischer zu den reichen britischen Fischgründen. Acht Verhandlungsrunden brachten keine greifbaren Ergebnisse, aber hörbaren Frust bei EU-Unterhändler Michel Barnier. Bis Freitag läuft Runde neun. Johnson hat den 15. Oktober als Frist gesetzt. (dpa, afp, red)