Mirco WallrafAuszug aus dem Marienhof

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Der Frechener Mirco Wallraf war neun Jahre Marienhof-Darsteller. (Bild: Pörsch)

Vergangenen Mittwoch hieß es Abschiednehmen von der Vorabend-Soap "Marienhof". Nach fast 19 Jahren und genau 4053 Folgen voller Liebesglück und Liebesleid, voll heißer Affären und böser Intrigen hat die ARD den Dauerbrenner, der lange prima lief, zuletzt aber nicht mehr die angepeilte Quote brachte, aus dem Programm genommen. "Es wird viel passieren", hieß im Vorspann-Song - und es ist viel passiert: Allein rund 25 Hochzeiten, ebenso viele Geburten und fast 50 Todesfälle, einige Morde inklusive, wurden der Fangemeinde präsentiert. Doch nun ist Schluss - auch für den Frechener Schauspieler Mirco Wallraf, der im "Marienhof" neun Jahre lang die Rolle des Café-Besitzers Raul Garcia verkörpert hat.

Wir sind im Eiscafé "Dolomiti" in der Frechener Fußgängerzone mit Mirco Wallraf verabredet, und der TV-Mime lässt nicht lange auf sich warten. Mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen und in sportlich-legere Klamotten gehüllt entert er lässig das Lokal, macht es sich an unserem Tisch in einem der weißen Sessel bequem, bietet uns kurz nach der Begrüßung gleich das Du an und bestellt sich erst mal einen Cappuccino. Er scheint wirklich ein unkomplizierter, umgänglicher Typ zu sein.

Nach ein wenig Smalltalk, in dem unser Gesprächspartner voller Vorfreude erzählt, dass er in ein paar Tagen zum Ausspannen nach Ibiza fliegen wird, kommen wir auf die Schauspielerei zu sprechen. Ein "Nine-to-five-Job" im Büro sei für ihn nie vorstellbar gewesen, stellt Mirco gleich klar. "Ich liebe Abwechslung. Daher kam auch die Übernahme der Metzgerei meiner Eltern eigentlich nie in Frage." Die Entscheidung fiel, nachdem er noch als Schüler im "Kölner Stadt-Anzeiger" einen Artikel über den Jugendclub des Schauspielhauses Köln gelesen hatte. Er wurde neugierig und ging zum Casting, wo er auch gleich seine erste Hauptrolle ergatterte. ,,Ich habe mich dann entschieden, die Höhere Handelsschule abzubrechen und mich weiter auf die Schauspielerei zu konzentrieren. Meine Eltern waren von meinem Wunsch, Schauspieler zu werden, anfangs nicht begeistert, haben mich dann aber doch unterstützt, und das nicht nur auf finanzieller Ebene", erzählt Mirco.

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Nach ersten Erfolgen auf der Theaterbühne und kleineren TV-Rollen entschließt sich Mirco dazu, für neun Monate nach Los Angeles zu gehen, "Das Studieren in L.A. war sehr aufregend, ich habe wirklich viel gelernt dort, und es war ein sehr angenehmes Studium", erzählt er schmunzelnd, "natürlich haben wir nicht nur am Strand gelegen; es wurde auch viel gearbeitet." Von Anfang an hatte Mirco den Wunsch, vor einem breiten Publikum zu spielen, "Ich wollte rumkommen und heraus aus der Beschränkung, jeden Abend im selben Haus auf der Bühne zu stehen. Das war auch einer der Gründe, warum ich mich dann entschieden habe, zum Marienhof zu gehen. Als ich nach dem Casting die Zusage für die Rolle des Raul Garcia bekommen habe, war es genau das, was ich wollte. Ich zog nach München, eine echt tolle Stadt, und konnte an verschiedenen Drehorten einen für mich von Anfang an interessanten Charakter spielen. Ich habe mich schnell dort eingelebt und bin auch sehr schnell mit dem Team zusammengewachsen", erinnert er Mirco und nippt ein weiteres Mal an seinem Cappucino, der mittlerweile fast kalt sein müsste.

In seiner Rolle im "Marienhof" machte Mirco Wallraf von wilden Affären bis hin zum Alkoholismus ziemlich viel durch. Die Inspiration holte sich der Frechener Schauspieler bei bekannten Kollegen wie Nicolas Cage, der Wallraf in seiner Oscar-prämiierten Rolle als Alkoholiker im Film "Leaving Las Vegas" tief beeindruckt hat. Umso wichtiger ist es für Mirco, die eigene Leistung stets genau unter die Lupe zu nehmen: "Ich denke, als Serien-Darsteller muss man sich jede Folge kritisch anschauen, um zu sehen, was man im Zusammenspiel mit den anderen Darstellern besser machen könnte." Mit seiner Rolle konnte sich Mirco nach eigenem Bekunden sehr gut identifizieren: "Da ich fast immer den südländischen Typ spiele, passte die Rolle gut zu mir, und ich habe mich darin wirklich wohlgefühlt. Ich denke, die größte Gemeinsamkeit zwischen Raul und mir ist unser Optimismus. Wir sind beide sehr positive Menschen, die auch in schwierigen Situationen immer auch das Gute sehen." Den "Marienhof" von sich aus zu verlassen war für Mirco kein Thema. Dazu habe er sich sowohl privat in München als auch als Mitglied des Filmteams viel zu wohlgefühlt: "Es ist schon erstaunlich, wie fest man mit der Zeit im Team zusammenwächst und sich schließlich fast blind mit den Filmkollegen und -kolleginnen versteht." Besonders mit Katrin Ritt (Yasemin Özgentürk), seiner Ehefrau bei "Marienhof", und mit Alfonso Losa, seinem Serien-Bruder Carlos Garcia, hat er eine enge Freundschaft aufgebaut.

Mit einem Grinsen verrät Mirco, dass er auch sehr gern mal einen korrupten Polizisten spielen oder in einem Thriller- oder Horrorfilm mitwirken würde: "Solche Filme sehe ich selbst am liebsten." Trotz der langen Drehzeiten, die Mirco allerdings nicht als große Belastung, sondern vor allem als reizvolle berufliche Herausforderung empfunden hat, findet der Schauspieler immer noch genug Zeit, sich seiner zweiten großen Leidenschaft, dem Tennisspielen mit seinen "Buddys", zu widmen. ,,Da ich schon als kleiner Junge ein ganz guter Tennisspieler war und eigentlich immer sehr viel gespielt habe, treffe ich mich auch heute noch gern mit meinen Freunden auf dem Platz - am liebsten, wenn ich mich hier im Rheinland aufhalte. Denn hier habe ich immer noch die besten Sportfreunde und finde leichter Partner als in München." Dafür teilen Mirco und seine Schauspielkollegen an der Isar eine andere Vorliebe: ,, Wir pokern sehr gern und oft. Die Poker-Abende gehen auch mal bis in die Nacht, wenn wir lange drehen müssen. Aber es ist uns einfach wichtig, mindestens einmal in der Woche unseren Pokerabend zu machen", erzählt Mirco und grinst schelmisch.

Darüber, dass es mit der Sendung nun trotz aller Anstrengungen für eine Verlängerung nicht gereicht hat, ist Mirco Wallraf traurig -nicht nur, weil ich nun das schöne München verlasse. Auch die Trennung von meinen liebgewonnenen Kollegen macht mich traurig. Würde man mir noch einmal eine solche Rolle wie die in Marienhof anbieten, wäre ich sofort dabei." Dennoch nimmt Mirco die Erfahrung mit, dass man "immer kämpfen muss bis zum Schluss". Doch nun geht's für Mirco zunächst mal zurück ans Theater. Ab September spielt er in Hannover in der Theaterfassung der "Keinohrhasen" den Ludo. Auch für die Braunschweiger Inszenierung der Fortsetzung "Zweiohrküken" ist Mirco Wallraf schon engagiert. Der Frechener betrachtet das als eine Art "Back to the Roots", wie er lächelnd sagt: "Im Theater liebe den direkten Kontakt mit dem Publikum, den man vor der Fernsehkamera natürlich nicht hat. Aber es ist schon klasse, die Reaktion des Publikums zu spüren, wie es lacht, klatscht oder vor Begeisterung vielleicht sogar ausflippt."

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