Mord an GeorgierMaas droht Russland bei Besuch in Moskau mit weiteren Reaktionen
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Moskau – Bundesaußenminister Heiko Maas hat Russland bei seinem Besuch in Moskau mit weiteren Reaktionen auf den Mord an einem Georgier mitten in Berlin gedroht. Die Bundesregierung werde zunächst einmal das Urteil in dem bevorstehenden Prozess vor dem Berliner Kammergericht abwarten, in dem es unter anderem darum geht, ob die russische Regierung den Mord in Auftrag gegeben hat, sagte Maas am Dienstag nach einem Gespräch mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow. „Für den Fall, dass es entsprechende Feststellungen in diesem Urteil gibt, muss man damit rechnen, dass wir darauf auch noch einmal reagieren werden.“
Der Mord hatte im vergangenen Jahr eine Krise in den deutsch-russischen Beziehungen ausgelöst. Am 23. August wurde ein 40-jährige Tschetschene mit georgischer Staatsangehörigkeit im Kleinen Tiergarten in der Nähe des Regierungsviertels aus nächster Nähe von einem Fahrrad aus erschossen. Ein dringend tatverdächtiger Russe wurde noch am selben Tag gefasst und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
Mord in Berlin: Prozess soll bald beginnen
Die Bundesanwaltschaft erhob Mitte Juni Anklage gegen ihn und geht davon aus, dass er mehr als einen Monat vor der Tat von „staatlichen Stellen der Zentralregierung der Russischen Föderation“ beauftragt wurde. Der Prozess soll noch in diesem Jahr vor dem Berliner Kammergericht beginnen, einen Termin gibt es aber noch nicht.
Die Bundesregierung hatte Russland schon im Dezember fehlende Kooperation bei der Aufklärung des Mordes vorgeworfen und deshalb zwei russische Diplomaten ausgewiesen. Moskau hatte mit der Ausweisung zweier deutscher Diplomaten reagiert.
Vorwürfe von Russland und Deutschland
Maas und Lawrow warfen sich in Moskau gegenseitig mangelnde Kooperation bei der Aufklärung des Falls vor. Maas betonte, dass es 17 Anfragen an russische Behörden und zwei offizielle Rechtshilfeersuchen gegeben habe. Auf die Rechtshilfeersuchen habe es eine Antwort gegeben, aber nur „auf die Hälfte dessen, was wir wissen wollten“.
Lawrow sagte dagegen, Russland habe den deutschen Behörden alle Informationen übergeben, die es habe. „Wir wollen, dass die Wahrheit ermittelt wird.“ Zugleich habe Russland auch die deutschen Ermittler darum gebeten, ihre Beweise vorzulegen. „Wir haben noch keine konkret Antwort erhalten“, betonte Lawrow. Bisher sei das nicht ausreichend. Russland hat den Vorwurf eines Auftragsmords stets zurückgewiesen.
Verärgerung über russischen Cyber-Angriff
Die Verärgerung in der Bundesregierung über Russland wächst auch wegen eines anderen Falls mit dem sich die Bundesanwaltschaft befasst: die bisher größte Cyber-Attacke auf den Bundestag im Mai 2015. Rechner in zahlreichen Abgeordnetenbüros waren damals mit Spionagesoftware infiziert worden, darunter auch Computer im Bundestagsbüro der Kanzlerin.
Die Karlsruher Ermittlungsbehörde hat einen internationalen Haftbefehl gegen einen jungen russischen Hacker erwirkt. Ihm wird geheimdienstliche Agententätigkeit und das Ausspähen von Daten vorgeworfen. Merkel hatte den Angriff kürzlich im Bundestag als „ungeheuerlichen“ Vorgang bezeichnet.
Russland beschuldigt Deutschland wegen Hacker-Angriffen
Die russische Führung wies auch da eine Beteiligung zurück. Lawrow richtete nach seinem Treffen mit Maas nun Hacker-Vorwürfe in Richtung Deutschland. Nach seiner Darstellung gab es auf mehr als 50 staatliche russische Einrichtungen vom deutschen Segment des Internets aus Hackerangriffe seit Januar vorigen Jahres bis Mai dieses Jahres. Es habe sich um 75 Fälle gehandelt. Über alle Angriffe seien die zuständigen deutschen Stellen informiert worden. „Nur in sieben Fällen haben wir eine Antwort erhalten mit einem sehr formalen Charakter, ohne Antworten auf die konkret gestellten Fragen.“
Lawrow meinte, dass das Ignorieren solcher Anfragen dem widerspreche, was Deutschland auf politischer Ebene von sich gebe. Die Zusammenarbeit in der Cybersicherheit sei von deutscher Seite eingestellt worden. (dpa)