Bonn deutschlandweit auf Platz 2Tausende Verstöße gegen Impfpflicht in Region um Köln
Köln – Um besonders gefährdete Personen vor Corona zu schützen, gilt in medizinischen und pflegerischen Berufen seit dem 16. März die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Beschäftigte. Seitdem wurden allein in Nordrhein-Westfalen 20.000 Fälle an die Gesundheitsämter gemeldet, in denen Personal keinen Nachweis über eine vollständige Impfung, Genesung oder über eine Impfbefreiung erbringen konnte. Das hat das NRW-Gesundheitsministerium mitgeteilt. Außerdem wurden den Angaben zufolge weitere 7741 Personen, die in den betroffenen Einrichtungen tätig sind, durch andere Arbeitgeber gemeldet.
Besonders hoch ist der Anteil der Fälle in Bonn. Dort wurden nach Recherchen des „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND) deutschlandweit die zweitmeisten Fälle pro 100.000 Einwohner gemeldet: Insgesamt gab das Gesundheitsamt 531 Fälle pro 100.000 Einwohner an. Einzig in Dresden wurden mehr Impfpflicht-Verstöße gemeldet (867 Meldungen pro 100.000 Einwohner).
So ist die Lage in den Regionen rund um Köln
Doch wie ist die Lage in der Region rund um Köln? Eine Recherche dieser Zeitung zeigt, dass die Unterschiede in den einzelnen Kreisen mitunter deutlich sind.
„Dem Gesundheitsamt liegen aktuell 311 Meldungen vor“, teilte der Kreis Euskirchen auf Anfrage mit. Umgerechnet sind es knapp 160 Fälle pro 100.000 Einwohner. In diesen Fällen sei laut Kreis zu klären, ob womöglich ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot ausgesprochen werden müsse. Der Kreis weist jedoch auf die Deadline des NRW-Gesundheitsministeriums hin: Die Gesundheitsämter sollen bis zum 15. Juni prüfen, ob die gemeldeten Personen Impf-Nachweise erbringen können.
Ähnlich stellt es sich im Rhein-Sieg-Kreis dar. Dort wurden dem Gesundheitsamt nach Auskunft des Kreises von 211 Einrichtungen insgesamt 623 Personen gemeldet, das sind 104 Fälle pro 100.000 Einwohner. „Ob sich hinter jeder gemeldeten Person ein Verstoß gegen die Impfpflicht verbirgt, bleibt der Einzelfallprüfung des Gesundheitsamtes vorbehalten“, teilt das der Kreis jedoch mit.
Oberbergischer Kreis meldet die meisten Fälle pro 100.000 Einwohner
Der Rheinisch-Bergische Kreis teilt auf Anfrage mit, dass wegen Rückläufen derzeit keine genauen Aussagen über Verstöße getroffen werden könnten. Insgesamt hätten jedoch 145 Einrichtungen Meldungen an das Gesundheitsamt weitergeleitet, kreisweit gebe es 482 gemeldete Fälle (170 pro 100.000 Einwohner). In 38 Fällen wurde bereits ein Nachweis erbracht.
Im Rhein-Erft-Kreis sind die Zahlen ähnlich niedrig. „Aktuell liegen Meldungen zu 261 Personen aus 117 Einrichtungen im Gesundheitsamt vor“, teilt ein Sprecher des Kreises mit. Das sind lediglich 55 Fälle pro 100.00 Einwohner – der niedrigste Wert in den Regionen rund um Köln. Laut Sprecher gehen jedoch weiterhin Meldungen ein, die Zahl könnte also noch steigen. Trotz der wenigen Meldungen sei die Belastung hoch: „Das Gesundheitsamt muss jeden Fall einzeln anschreiben und prüfen und gegebenenfalls ein entsprechendes Verwaltungsverfahren einleiten.“
Die meisten Fälle in den Regionen rund um Köln meldet hingegen das Gesundheitsamt des Oberbergischen Kreises. Dort sind bis Anfang April 765 Personen gemeldet worden, die weder vollständig geimpft noch genesen oder von der Impfung befreit sind. Pro 100.000 Einwohner sind das 281 Fälle. „Die Betroffenheit in den stationären Einrichtungen liegt bei rund fünf Prozent, bei den Arztpraxen bei ca. zehn Prozent der nachweispflichtigen Beschäftigten“, teilte die Pressestelle des Kreises mit.
Bis es möglicherweise Bußgelder oder Arbeitsverbotene für die Betroffenen gibt, könnten jedoch noch viele Wochen vergehen. „Mit Betretungs- und Tätigkeitsverboten ist mit Ausnahme von Einzelfällen nicht vor Anfang Juli zu rechnen. Hierüber wird auch unter Abwägung der Versorgungssituation vor Ort im Einzelfall entschieden. Ob und wann Bußgelder verhängt werden, befindet sich noch in Klärung“, macht der Kreis deutlich.
Uneinigkeit wegen Fristen und Konsequenzen bei Impfpflicht-Verstößen
Auch in anderen Städten des Landes herrscht Uneinigkeit bei den Fristen und Konsequenzen: In Köln und Bochum haben Ungeimpfte nur zwei Wochen Zeit, sich beim Gesundheitsamt zurückzumelden und einen Immunitätsnachweis vorzulegen, in anderen Städten vier Wochen.
Einige Städte wollen keine Bußgelder verhängen, sondern direkt Tätigkeits- und Betretungsverbote aussprechen, wie zum Beispiel Münster. Auch die Städte Düsseldorf, Essen und Hamburg sprachen auf RND-Nachfrage nur von einem Tätigkeits- oder Betretungsverbot und nicht von einem möglichen Bußgeld.
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Erfolgt keine Rückmeldung, kann laut Ministerium ein Bußgeld in Höhe von bis zu 2500 Euro verhängt werden. Bei einer Entscheidung über ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot sollen sowohl personenbezogene Aspekte wie die Art der Tätigkeit als auch die konkrete Situation in der Einrichtung oder dem Unternehmen berücksichtigt werden.
Das NRW-Gesundheitsministerium geht von landesweit etwa 800.000 bis eine Million Beschäftigten in den betroffenen Einrichtungen aus. Bezogen auf die 19.456 gemeldeten Beschäftigten, die keinen Nachweis erbracht hätten, entspreche das 2,4 bis 1,9 Prozent der Belegschaft, erklärte das Ministerium. Allerdings bestehe keine Verpflichtung zu einer Meldung von Einrichtungen, in denen alle Beschäftigten einen Nachweis erbringen konnten. In den Einrichtungen, die insgesamt 19.456 Beschäftigte ohne Nachweis gemeldet haben, seien 320.000 Mitarbeiter tätig. Das sei ein Anteil von 6,1 Prozent in diesen Belegschaften. (mit dpa/afp)