Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) hält die geplante allgemeine Impfpflicht für nicht umsetzbar - unter anderem aus Papiermangel.
Derzeit herrsche „in Europa ein akuter Papiermangel und somit fehlt Material für die rund 120 Millionen Schreiben“, die zur Information der Versicherten vorgesehen sind, hieß es in Stellungnahmen der GKV zu zwei Gesetzesentwürfen für die Impfpflicht anlässlich einer Sitzung des Gesundheitsausschusses des Bundestags am Montag.
Zuerst hatte die „Bild“ (Montagsausgabe) darüber berichtet. Den Stellungnahmen zufolge ist die in zwei Gesetzentwürfen vorgesehene Frist für das Anschreiben bis zum 15. Mai „organisatorisch nicht zu erfüllen“. Demnach würde allein die notwendige europäische Ausschreibung der Druckaufträge „den zeitlichen Rahmen sprengen“.
Versicherte sind nicht immer „sicher zu erreichen“
Die Krankenkassen hätten außerdem nicht immer die aktuellen Adressdaten ihrer Versicherten, um sie „sicher zu erreichen“. Die GKV wehrte sich zudem dagegen, dass die Krankenkassen die Impfpflicht überwachen sollen. Dies sei eine „staatliche Aufgabe“. Die Meldung der Ungeimpften an „Bußgeldstellen“ würde „das wichtige Vertrauensverhältnis zwischen Versicherten und Krankenkassen stark belasten“.
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Das geplante dezentrale Meldesystem bei den einzelnen Krankenkassen würde zudem zu „millionenfachen“ Fehlern führen. „Millionen von Bürgerinnen und Bürgern würden zu Unrecht, trotz einer vollständigen Immunisierung, den Bußgeldstellen gemeldet werden müssen“, warnte der GKV. Ein Gesetzentwurf von Abgeordneten aus den drei Ampel-Fraktionen hat eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren zum Ziel.
Auf Netzdiskussion erfolgte eine GKV-Mitteilung
Unter dem Hashtag #Papiermangel wurde anschließend im Netz munter diskutiert. „Als Abgeordnete, die eine Impfpflicht ablehnt, könnte ich ja geneigt sein, froh darüber zu sein. Als Digitalpolitikerin ganz und gar nicht“, schrieb etwa die Grünen-Politikerin Tabea Rößner bei Twitter.
Der GKV-Spitzenverband veröffentlichte später eine Mitteilung, in der es hieß, aktuelle Medienberichte könnten den Eindruck erwecken, die gesetzliche Krankenversicherung sei gegen die Einführung einer Impfpflicht. Die Vorstandsvorsitzende Doris Pfeiffer erläuterte: „Wir haben uns in unserer Stellungnahme an keiner Stelle gegen die Einführung einer Impfpflicht ausgesprochen.“
Man habe lediglich auf zu erwartende praktische Schwierigkeiten bei der geplanten Umsetzung durch die Krankenkassen hingewiesen.In einer Expertenanhörung im Bundestag wurden am Montag die verschiedenen Vorschläge für eine mögliche Impfpflicht erörtert. Im April soll darüber im Parlament abgestimmt werden.
Insgesamt fünf Vorlagen für Impfpflicht werden diskutiert
Der Entwurf von Abgeordneten um den FDP-Politiker Andrew Ullmann sieht vor, eine Beratungspflicht für alle Erwachsenen einzuführen - mit der Möglichkeit, später eine Impfpflicht für alle Menschen ab 50 Jahren zu schaffen.
Der Bundestag hatte am Donnerstag erstmals über die Gesetzentwürfe und Anträge zu einer allgemeinen Impfpflicht debattiert. Die insgesamt fünf Vorlagen reichen von einer Impfpflicht ab 18 bis zum Nein zu jeglicher Vorgabe. Das Parlament will Anfang April eine Entscheidung treffen, bis dahin soll nach einem Kompromiss gesucht werden. (afp)