Haushalt in Bad MünstereifelDankbarkeit trotz fünf Millionen Euro Verlust
Bad Münstereifel – Es dürfte nicht aller Tage vorkommen, dass eine Stadt einen nicht ausgeglichenen Haushalt vorlegt und dennoch alle Fraktionen und Partei-Einzelkämpfer der Bürgermeisterin, der Kämmerei und der restlichen Verwaltung Dank aussprechen.
Doch besondere Umstände ermöglichen eben auch besondere Anerkennung. Bezeichnend waren deshalb die einleitenden Worte der Haushaltsrede von Thomas Bell (Linke): „Normalerweise betrachte ich in meiner Rede die Arbeit der Bürgermeisterin, der Verwaltung und der Mitbewerber kritisch und lehne den Haushaltsentwurf ab und stimme nicht zu. Diesmal lehne ich den Haushalt aber nicht ab, auch wenn ich ihm nicht zustimme.“
Bell dankt Bürgermeisterin
Bei der Kommunalwahl 2020 war Bell gegen Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian (CDU) angetreten. Und angesichts ihrer unermüdlichen Arbeit nach der Flutkatastrophe sprach Bell ihr seinen Dank aus. „Das hört man von mir nicht oft. Aber ich habe mich tatsächlich öfter gefragt: Wie hättest du das gemacht, wenn du die Wahl gewonnen hättest?“
Bell verzichtete am Ende auf eine Teilnahme an der Abstimmung über die neue Haushaltssatzung. Alle anderen Fraktionen stimmten dem Entwurf, der Sachgebietsleiter Dennis Breuer einige schlaflose Nächte beschert hatte, ausnahmslos zu. Es war nicht nur Breuers erster selbst aufgestellter Haushalt. Angesichts der Auswirkungen der Corona-Pandemie und der Flutkatastrophe war es auch ein besonderer Etat.
Fehlbetrag von 4,95 Millionen Euro
Die Stadt Bad Münstereifel wird das Jahr 2022 voraussichtlich mit einem Defizit von rund 4,95 Millionen Euro abschließen. Aufwendungen von 118,44 Millionen Euro stehen Erträge von 113,5 Millionen Euro gegenüber. Weil die Ausgleichsrücklage aufgebraucht ist, wird der Verlust aus der allgemeinen Rücklage der Stadt ausgeglichen.
Das 2013 aufgestellte Haushaltssicherungskonzept sah vor, dass der Haushalt 2022 ausgeglichen sein muss. Doch wegen Corona und besonders der Flut war das nicht möglich, weshalb die Stadt als von der Starkregen- und Hochwasserkatastrophe besonders betroffene Kommune bei der Kommunalaufsicht des Kreises einen Entfall und eine Aussetzung des Haushaltssicherungskonzeptes beantragt hat.
1,4 Millionen Euro Gewerbesteuer weniger
Hochwasserbedingt gibt es im Jahr 2022 Mindererträge von 2,4 Millionen Euro, wobei alleine 1,4 Millionen Euro auf gesunkene Einnahmen durch die Gewerbesteuer entfallen. Im Vergleich dazu betragen die hochwasserbedingten Mehraufwendungen knapp 1,7 Millionen Euro, wobei alleine 1,5 Millionen Euro aus höheren Personalkosten stammen. Addiert man noch weitere höhere Ausgaben, besonders durch die Kreisumlage, hinzu, ergibt das einen Verlust von rund fünf Millionen Euro.
Schon im Vorfeld hatte der Stadtrat beschlossen, dass der Kreditrahmen der Stadt auf 80 Millionen Euro erhöht wird und eine geplante Steuererhöhung ausgesetzt wird.
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Die Haushaltsreden
Die Verabschiedung des Haushaltes geht auch immer einher mit den Haushaltsreden der Fraktionen. Einige Fraktionschefs nutzen dies, um in einer kommunalen Sitzung globale Missstände auszusprechen. Das waren die kommunalen Kernaussagen der Parteien, in der Reihenfolge der gehaltenen Reden:
UWV
Fraktionsvorsitzender Edmund Daniel beschwerte sich zunächst bei der Konkurrenz über ausschweifende Diskussionen über Randthemen wie recycelbares Geschirr bei einer Feier oder die Ansiedlung vom Hemlocktannen im Bad Münstereifeler Forst. „Wenn ich mir die anstehenden Aufgaben ansehe, frage ich mich, ob einige zu viel Zeit haben“, meinte er dazu. In Sachen Windenergie gab er zu: „Ich bin gegen Windräder im Wald, aber der Bürger hat entschieden.“ Die Verleumdungen und Beleidigungen von Windparkgegnern und -befürwortern verurteilte er.
Bündnis 90/Grüne
Dr. Kerstin Oerter erinnerte nicht nur an die sichtbaren Flutfolgen, sondern auch an die nicht sichtbaren in den Seelen der Menschen. Angesichts der Flutkatastrophe ist für sie Nachhaltigkeit das A und O. Die Windkraft, über die „heftig gestritten“ wurde, sei so wichtig, weil sie die drei Säulen der Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie und Soziales – berücksichtige. Sie wünscht sich den schnellen Wiederaufbau von Schulen und Sportanlagen und mehr junge Menschen und Frauen in der Politik. „Die Stadt geht diesbezüglich mit gutem Beispiel voran.“
SPD
Karl Michalowski beklagt, dass die Stadt keine Flächen selbst entwickelt, „es sei denn, ein Bauträger klopft bei der Bürgermeisterin an“. Angesichts der finanziellen Situation der Stadt müsse man auch die zurückgestellten Maßnahmen des Stadtentwicklungskonzeptes im Fokus halten. Michalowski forderte, die Dörfer auch mit im Blick zu haben, und er möchte die Bürger durch Beteiligungen mit ins Boot holen, beispielsweise beim Thema Hochwasserschutz.
Die Linke
Thomas Bell schimpfte nicht gegen die Kämmerei, sondern mit Bund und Land, die Ausfälle durch die Flut, etwa bei den Parkgebühren, nicht kompensiert hätten. Sorgen macht ihm die Zinsentwicklung, und er stellt sich die Frage: Droht der Sparkommissar, wenn der Haushalt auch weiterhin nicht ausgeglichen werden kann?
CDU
Martin Mehrens begrüßt die Nutzung der Windkraft nicht nur aus monetären, sondern auch auch aus Gründen der Nachhaltigkeit. Er sprach aber auch die Unterstützung der Feuerwehr und die Umwandlung von Tennen- in Kunstrasenplätze an. Sorgen bereitet ihm der hohe Krankenstand im Rathaus. Die Attraktivierung und Entlastung der Verwaltung sei eine große Herausforderung.
FDP
Gewinne zu erwirtschaften, sei das vorrangige Ziel, meinte Christof Milischweski. Die Ansiedlung von Unternehmen müsse nach dem Verlust von Auto Heinen und Sieber Forming Solutions einen hohen Stellenwert erhalten. Eine Stadtentwicklung dürfe sich nicht nur auf Förderprogramme stützen. Projekte wie der Kurpark im Schleidtal müssten hinterfragt werden. „Der Abriss des Parkhotels hat gezeigt, wie schön der Kurpark ohne Bebauung ist.“ Die Antragsflut einiger Fraktionen blockiere Verwaltungskapazitäten.