30 Stunden nonstopRennradfahrer aus Blankenheim fährt Fairplay-Tour ganz alleine
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Helmut Wolf fuhr 730 Kilometer nonstop in 30 Stunden – ganz alleine. Lediglich ein Begleitfahrzeug ist hinter ihm.
Denn die „Fairplay-Tour“, die eigentlich mit mehreren Fahrern und in Etappen zurück gelegt wird, wurde wegen der Corona-Krise abgesagt.
Er habe eigentlich in diesem Jahr noch Größeres vorgehabt, sagt Wolf, der erst mit 50, also vor neun Jahren, den Rennradsport überhaupt für sich entdeckt hat.
Blankenheim – Wegen der Corona-Pandemie ist auch die diesjährige „Fairplay-Tour“ abgesagt. Doch das heißt nicht, dass sie nicht gefahren wird. Statt in der großen Gruppe hat sie Helmut Wolf aus Wißkirchen alleine absolviert. Und auch nicht wie sonst üblich in mehreren Etappen in einer Woche, sondern in 30 Stunden nonstop.
Als Helmut Wolf am Samstag gegen 16 Uhr in Dollendorf im Garten von Fairplay-Tour-Organisator Herbert Ehlen die Honneurs seiner Fans entgegennimmt, ist das für ihn zwar schön. Doch zu lange dauern darf es nicht. Die Pause, in der Gisela Caspers von der VR-Bank Nordeifel einen Scheck der Bank zugunsten von Hilfsprojekten in Ruanda, die mit der Tour unterstützt werden, übergibt, darf Wolfs Zeitplan nicht ins Wanken bringen.
30 Stunden ist er auf dem Rad, um diese 6500 Euro für die Hilfsprojekte „einzufahren“. Er fährt alleine, lediglich ein Begleitfahrzeug ist hinter ihm. Wohin es geht, das zeigt Wolf die App im Smartphone, das er an den Lenker geklemmt hat. Zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang sorgt der Nacht-Modus dafür, dass er nicht geblendet wird. Auf solch einer Tour zählt jede Viertelstunde.
Von Trier über Belgien in die Südeifel und ins Saarland
Gestartet ist der Wißkirchener am 1. August um 8 Uhr in Föhren vor Trier. Dort übergab die Firma VET-Konzept 10000 Euro aus eigenen „Fairplay Challenges“ von Jugendlichen. Von Föhren aus erreicht Helmut Wolf am Samstagmittag Daun, dann Dollendorf und weiter geht es über Bleialf, Ostbelgien, Neuerburg in der Südeifel, das Saarland und die luxemburgischen Moselorte wie Schengen zurück nach Trier. Dort hat Wolf am Sonntag gegen 16.15 Uhr mit nur 15 Minuten „Verspätung“ an der Porta Nigra seine Solo-Tour beendet.
Er habe ja eigentlich in diesem Jahr noch Größeres vorgehabt, sagt Wolf, der erst mit 50, also vor neun Jahren, den Rennradsport überhaupt für sich entdeckt hat. Das „Race across Germany“ über 1100 Kilometer sei aber ebenfalls corona-bedingt abgesagt worden. Da haben seine treuen Helfer Torsten Weber aus Euskirchen und Christian Heck aus dem rheinland-pfälzischen Gönnersdorf – beide sind auch im Team von Herbert Ehlens 1999 begonnener Fairplay-Benefiztour – die Idee, die abgesagte Fairplay-Fahrt zu unterstützen. „Ich habe sofort zugesagt“, so Wolf.
Weber beim „Race around Austria“
Lange Fahrten mag auch Torsten Weber. Ab dem 10. August nimmt der Großbüllesheimer Extremsportler zum zweiten Mal am „Race around Austria“ teil. Wie 2019 geht es einmal rund um Österreich – 2200 Kilometer, mehr als 17 000 Höhenmeter. „Ich habe einfach Bock auf das Rennen, weil es das erste in diesem Jahr ist“, sagt Weber. Er fühle sich so fit wie noch nie in seiner Radsportkarriere.
„Aber das heißt bei einem solchen Rennen nicht viel“, sagt er. Er wolle so schnell wie möglich im Ziel ankommen, ein gewisses Risiko eingehen und den Schlaf auf ein Minimum reduzieren: Geplant sind pro Tag maximal zweimal 15 Minuten. Zudem will er nur Flüssignahrung zu sich nehmen. Eine Premiere ist der Einsatz eines Zeitfahrrads, das individuell auf Weber abgestimmt ist.
Am Freitag, 9. Oktober, wird Torsten Weber von seinen Erfahrungen beim Ultra-Cycling im Euskirchener City-Forum berichten. (tom)
Dabei ist er nach eigenen Angaben dieses Jahr bereits 9000 Kilometer gefahren. Jetzt sind in gut 30 Stunden 8000 Höhenmeter auf 730 Kilometern dazugekommen. Auch für Wolf ist das zwar anstrengend, aber nichts Ungewohntes. Er hat schon 24-Stunden-Rennen auf der Nordschleife des Nürburgrings und andernorts gefahren und auch schon gewonnen.
Wolf hatte auch kleinere Tiefs
Radfahren ist auch bei dieser Tour eine Frage der Tagesform. „Mal waren es die Beine, mal der Magen – ein paar kleinere Tiefs hat er schon gehabt“, so Betreuer Christian Heck aus dem Begleitfahrzeug: „Dann haben wir eben kurz angehalten und etwa seine Beine massiert und eingerieben.“ Im saarländischen Neunkirchen ist Wolf dennoch so früh angekommen, dass um kurz nach 7 Uhr am Sonntag sogar 45 Minuten für ein Nickerchen – eher ein Power-Napping – bleiben, bevor er den nächsten Scheck für das Ruanda-Hilfsprojekt entgegennimmt.
Da hat Wolf das Schlimmste vermutlich schon hinter sich: die Nacht zum Sonntag. „Bis 4 Uhr war es drückend schwül, das hat ihm schon zugesetzt“ so Christian Heck. Andere Probleme unterwegs kommen verglichen damit unvermittelt – im Navigationssystem nicht abgebildete Baustellen etwa, die Umleitungsfahrten nötig machen.
Um all das zu überstehen, hat Wolf 500 bis 750 Milliliter Flüssigkeit pro Stunde getrunken und sich von stark Kohlehydrat-haltiger Flüssignahrung ernährt.
Auch für Farirplay-Tour-Veranstalter Herbert Ehlen ist das am Ende eine erstaunliche Leistung. Er hofft nun, dass im kommenden Jahr wieder die gewohnte Fairplay-Tour mit einigen hundert Kindern und Jugendlichen aus Deutschland und den Benelux-Ländern stattfinden kann. Geplant ist sie vom 9. bis 17. Juli 2021. Bald muss das Organisationsteam mit der Suche nach den geeigneten Übernachtungsmöglichkeiten für die meistens jungen Radler beginnen.