30 Kandidaten für neun GrundstückeDahlem führt Punktesystem für Baulandvergabe ein
Dahlem – Erstmals will die Gemeinde Dahlem nach einem Punktesystem die starke Nachfrage nach Baugrundstücken regeln. Modellprojekt werden neun Parzellen des ersten Bauabschnitts von „Auf Schieferstein“ in Dahlem.
Dort entstehen auf einer der Gemeinde gehörenden Wiese 25 Bauplätze, noch in diesem Jahr werden zunächst neun erschlossen. Derzeit gibt es dafür rund 30 Kaufinteressenten. Wie also den Mangel rechtssicher und diskriminierungsfrei managen? „Im Kreisgebiet, aber auch etwa in Baden-Württemberg und anderswo in NRW gibt es zahlreiche Beispiele, dass man das mit einem Bewertungssystem nach Punkten tun kann“, so Bürgermeister Jan Lembach.
Ortsansässige dürfen bei Baulandvergabe nicht bevorzugt werden
Doch ein reines „Einheimischen-Modell“ darf es sogar in Hotspots wie auf der Insel Sylt nicht geben. Darauf hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) schon lange und jetzt auch der Städte- und Gemeindebund auf Anfrage der Dahlemer hingewiesen. Ortsansässige Bewerber für einen Neubauplatz dürfen nicht grundsätzlich bevorzugt werden. Und Bewerber von außerhalb nicht alleine deshalb benachteiligt werden, dass sie Zugezogene sein werden. Die Mischung aus beidem macht’s.
In der Debatte im Bauausschuss ging es unter anderem um die geplante Punktevergabe. 15 von 32 erzielbaren Punkten werden im geplanten Bewertungssystem für die Ortsansässigkeit, die möglichst gemeindenahe Arbeitsstelle und den vorhandenen Besitz von Wohneigentum im Gemeindegebiet vergeben. Mehr als 50 Prozent aller erreichbaren Punkte dürfen es in diesem Bereich nach den Vorgaben des EuGH nicht sein.
Beim Blick ins Detail erkannten Dahlems Ortsbürgermeisterin Marita Schramm und ihr Baasemer Amtskollege Martin Kinnen Nachbesserungsbedarf. Wer das Heimatdorf Dahlem für Studium oder Ausbildungsplatz vorübergehend verlässt, verliert seinen Vier-Punkte-Bonus als Ortsansässiger auch als „Eifel-Rückkehrer“ nicht.
Einen oder zwei Punkte gibt es für die Arbeitsstelle
Ein weiteres Kriterium für einen oder zwei Punkte ist die Arbeitsstelle: Sie wird umso höher bewertet, je näher sie am Gemeindegebiet liegt. Ob man überhaupt diese Daten abfragen dürfe, war die Frage einiger Ausschussmitglieder. Doch Bürgermeister Jan Lembach wiegelte ab: „Wir sind doch mit der Abfrage persönlicher Daten im Vergleich zu anderen Kommunen noch zurückhaltend.“ Was Matthias Brandenburg (CDU) zu der scherzhaften Anmerkung veranlasste, dass „die Sicherheit eines Arbeitsplatzes mittlerweile auch nicht größer als die Halbwertzeit so mancher Ehe“ sei.
Die abgefragte Sozialkomponente und mögliche ehrenamtliche Tätigkeit sind weitere Punktekriterien. Insgesamt zehn Punkte werden so bei Bewerbern, die im Haushalt wohnende Kinder haben, Bewerber mit Behinderung oder zu pflegenden Haushaltsangehörigen möglich, zudem ist ehrenamtliches Engagement je nach zeitlicher Dauer punkterelevant. Neubürger, die sich aktiv im Vereinsleben engagieren, sind im Vorteil. Diese Kriterien hat der EuGH erlaubt: Ortsverbundenheit durch Ortsansässigkeit, die Sozialkomponente (Familienstand) und ehrenamtliche Tätigkeit können mit bis zu 50 Prozent aller Punkte gewichtet werden.
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Ausschuss wie Gemeinderat haben die „Richtlinie für die Vergabe von gemeindeeigenen Wohnbaugrundstücken“ einstimmig verabschiedet. Für die Bewerber um eines der neun Grundstücke „Auf Schieferstein“, die so zum Modellprojekt werden, hat sich die frühe Anmeldung nicht gelohnt. Das Windhund-Prinzip – wer zuerst kommt, bekommt zuerst einen Bauplatz – ist ausgehebelt. Alle Bewerber werden gleichgestellt. Bei Punktgleichheit entscheidet das Los. Ein Rechtsanspruch besteht nicht.
Für die Verwaltung, so Bürgermeister Lembach, stehe mit dem neuen System einiges auf dem Spiel: „Wenn das funktioniert, könnten wir es auch auf weitere Neubaugebiete ausweiten.“