Verschwundener USB-StickAngeklagter aus Euskirchen erhält seinen PC zurück
Euskirchen/Bonn – Der Mann ist für die Justiz kein Unbekannter: Zwölf Vorstrafen stehen im Bundeszentralregister, alle wegen Schwarzfahrens (Leistungserschleichung) und Rauschgifthandels. Meistens blieb es bei Geldstrafen, zuletzt aber hatte ihm ein Kölner Richter wegen eines Drogendeals dreieinhalb Jahre aufgebrummt, die der heute 41-Jährige im offenen Vollzug in der Justizvollzugsanstalt Euskirchen absaß.
Dort geriet er in einen Fall, den der Gesetzgeber als „Datenveränderung“ bezeichnet. Und das kam so: Im Juni 2018 hatte ein JVA-Bediensteter unbefugt einen USB-Stick mit sensiblen Informationen über etwa 80 Vollzugsbeamte sowie Fotos von Events aus dem Büro mitgenommen und auf dem Parkplatz verloren, wo ein Gefangener den Datenträger fand und einsteckte. Nachdem der Mitarbeiter den Verlust gemeldet und sich selbst angezeigt hatte, war die Aufregung groß .
Angst vor Schindluder
Und die Angst, dass mit den Daten Schindluder getrieben werden könnte, nicht unberechtigt: Die Staatsanwaltschaft Bonn ordnete Durchsuchungen in Zellen und auch beim Personal an, der Stick wurde aber nicht aufgespürt. Doch der Finder hatte keinerlei Interesse an den JVA-Daten, sondern nur an dem 32-Gigabyte-Stick: Er gab ihn einem Kumpel aus dem Gefängnis in die Hand mit der Bitte: „Zieh mir da mal ein paar Filme drauf.“
PC-Tüftler löschte Daten
Dieser Zellengenosse, der später angeklagte 41-Jährige, war im Knast als PC-Tüftler bekannt. Er machte sich im Hafturlaub zuhause ans Werk, löschte auf dem Stick 18 Gigabyte Daten, lud 700 MB Filme hoch und gab das Opus zurück an den Kumpel, der ebenfalls Ausgang hatte. Bei der Rückkehr in die JVA kam dem Mann aber angeblich das gute Stück abhanden.
Wenig später hatte die Gefängnisleitung den Finder ermittelt, auch der PC-Experte geriet ins Visier der Polizei. Er selbst, sagte er, habe die Beamten in seine Wohnung gelassen und ihnen den PC gezeigt, auf dem die sensiblen Daten gesichert werden konnten. Das Gerät wurde beschlagnahmt.
Anklage werden Datenhehlerei
Die Staatsanwaltschaft klagte den Besitzer wegen Datenhehlerei und Datenveränderung an. Das Amtsgericht Euskirchen stellte den Vorwurf der Hehlerei ein und verurteilte ihn im September 2021 zu einer Geldstrafe von 150 Euro.
Eigentlich ist das keine Summe, um in Berufung zu gehen. Aber der Angeklagte wollte seinen konfiszierten Computer im Wert von 2000 Euro zurück („ein historisches Stück“) und ging ebenso in Berufung wie die Staatsanwaltschaft, der die Strafe zu niedrig war.
Geldstrafe über 150 Euro
So landete die Sache vor der 6. Kleinen Strafkammer des Landgerichts. Der Berufungsrichter überraschte die Parteien mit dem „offensiven Vorschlag“, der Angeklagte solle die Berufung zurücknehmen, dafür sollte der PC – ohne Festplatte – aus der Asservatenkammer geholt und dem Besitzer ausgehändigt werden. Verteidiger und Anklägerin stimmten dem zu. Es bleibt also bei der Geldstrafe von 150 Euro. „Ist doch alles gut gelaufen“, freute sich der Angeklagte. Aber nicht für seinen Kumpel, der sich weniger kooperativ gezeigt hatte und nun im geschlossenen Vollzug ist.
Das könnte Sie auch interessieren:
Das Verfahren gegen den JVA-Bediensteten, gegen den wegen Ausspähung von Daten ermittelt worden war, wurde bereits im April 2020 gegen eine Geldauflage eingestellt. Er ist mittlerweile im Ruhestand.