Ein Jahr nach der FlutDank und Gedenken im Euskirchener Klostergarten
Euskirchen – Die Hochwasserkatastrophe liegt ein Jahr zurück. Die seelischen Schäden aber, die sie hinterlassen hat, sind für viele Menschen immer noch gegenwärtig. Daran erinnerte am Donnerstag Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt. „Wie viele Menschen zucken zusammen, wenn es anfängt zu regnen? Wie viele haben Angst, wenn ein Gewitter angekündigt ist? Diese Folgen kann man nicht so leicht beheben“, sagte Reichelt in seiner Ansprache am Jahrestag der Flut.
Die Stadt hatte mit der evangelischen und der katholischen Kirchengemeinde zu einer Gedenkfeier ins Atrium des City-Forums am Rande des Klostergartens geladen. Mehrere Hundert Menschen folgten zum Auftakt Reichelts Bitte, in Stille zu verharren, als um 19.30 Uhr die Kirchenglocken im Stadtgebiet zu läuten begannen.
Reichelt: "Gemeinsam sind wir stark"
„Es tut gut, so viele Menschen hier zu sehen. Das zeigt: Gemeinsam sind wir stark. So können wir die Katastrophe besser verarbeiten“, sagte der Bürgermeister. Für den musikalischen Rahmen sorgte das Orchester des Musikvereins Kreuzweingarten-Rheder. Das spirituelle Programm gestalteten Vikarin Dorothee Lindenbaum und Diakon Jens Schramm von der evangelischen Gemeinde sowie sein Amtskollege Werner Jacobs und Engagementförderin Annette Kleinertz von der katholischen Stadtpfarrei St. Martin.
Sie sprachen denen Mut zu, die unter den Folgen der Katastrophe leiden. Passend dazu stand als Symbol der Hoffnung im Atrium ein großformatiges Regenbogenbild, das Jugendliche aus dem Euskirchener Jugendzentrum gemalt hatten. Lindenbaum, Reichelt und Kleinertz zündeten drei Kerzen an. „Drei Kerzen für die drei Menschen, die in Euskirchen ihr Leben lassen mussten, Menschen, die seither in unserer Mitte fehlen“, sagte Jacobs. „Wir dürfen hoffen, dass Gott sich der Toten annimmt und aller, die von der Flut betroffen sind.“
Drei Menschen aus dem Leben gerissen
Reichelt sprach den Angehörigen sein Beileid aus. Es sei unfassbar, dass in einem Land wie Deutschland jemand von einer unkontrollierbaren Naturkatastrophe aus dem Leben gerissen werden könne. Dies habe „unser Sicherheitsgefühl nachhaltig erschüttert“.
Die Flut habe eine Wunde hinterlassen, die nicht so schnell verheile. Ein Jahr später sei viel passiert, überall jedoch seien die Folgen der Katastrophe noch sichtbar. Doch sehe man täglich Menschen, die dabei seien, Euskirchen mit vielen Ideen wieder aufzubauen. „Allen, die daran teilhaben, gebührt großer Dank.“
Den Helferinnen und Helfern gedankt
Bei allem Schrecklichen habe die Not auch im positiven Sinne gezeigt, wozu wir Menschen fähig seien, betonte der Bürgermeister und dankte den vielen Helferinnen und Helfern, die nach dem 14. Juli in die Region kamen, um die Betroffenen zu unterstützen. „Das werden wir nie vergessen. Ohne diese wahnsinnige Solidarität, ohne diese Einsatz- und Hilfsbereitschaft stünden wir jetzt nicht dort, wo wir stehen. Aus diesem Umstand müssen wir Kraft schöpfen.“
Besonders erwähnte Reichelt die Feuerwehr, das Technische Hilfswerk, das Rote Kreuz, die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft, die Polizei und die anderen Hilfsorganisationen für ihren unermüdlichen Einsatz – „und das tagelang bis an den Rand der Erschöpfung und darüber hinaus“. Kritik übte er an den „Schlaumeiern, die im Nachhinein alles besser wissen, aber nicht selbst mitangepackt haben“.
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Die Rückkehr zur Normalität sei kein Sprint, sondern ein Marathon, der den Euskirchenern viel abverlange. „Wir müssen noch einmal Mut schöpfen für die restliche Strecke“, sagte Reichelt, bevor die Menschen, die in den Klostergarten gekommen waren, seinem Aufruf folgten und vor dem Regenbogenbild Blumen ablegten als Zeichen des Gedenkens und des Dankes.