Ein Verein im Wandel vom Fußballverein zum Breitensportklub: Die Mitgliederzahl des SV Frauenberg hat sich mehr als verdreifacht.
Premiere in EuskirchenBeim SV Frauenberg gibt es eine Abteilung für Gesellschaftstanz
Hätte man vor einigen Jahren den Mitgliedern des SV Frauenberg erzählt, dass der Fußball nicht mehr die übergeordnete Rolle im Verein spielt, hätten die meisten wohl ungläubig mit dem Kopf geschüttelt. Doch mit dem Bau der Bleiberghalle 2016 und deren Fertigstellung ein Jahr später änderte sich die Struktur des Vereins grundlegend.
120 Mitglieder hatte der SVF zum Zeitpunkt des Spatenstichs der Halle. Ende 2024 liegt die Mitgliederzahl bei 400. „Wir sind damit einer der stärksten Vereine im Stadtgebiet“, sagt der Vorsitzende Heinz-Josef Schmitz. Weniger als die Hälfte davon gehört der Fußballabteilung an. Die Mehrheit ist im Hallensport aktiv. Heinz-Josef Schmitz zitiert John „Hannibal“ Smith, Chef der 80er-Jahre-TV-Serie „Das A-Team“: „Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert.“ Die Investition in die Infrastruktur habe sich ausgezahlt. „Wir wollen ein Breitensportverein sein“, so Heinz-Josef Schmitz.
Verbände haben die Frauenberger Tanzsportabteilung genehmigt
Jetzt hat der Verein den nächsten Schritt vollzogen. „Und zwar einen richtig wichtigen auf dem Weg, der noch lange nicht zu Ende ist“, sagt Heinz-Josef Schmitz. In Frauenberg hat sich eine Tanzsportabteilung gegründet, die auch schon vom Tanzsportverband Nordrhein-Westfalen und vom Deutschen Tanzsportverband genehmigt wurde. „Wir sind nun ein richtiger Tanzsportverein und hören auf den Namen TSA im Sportverein Frauenberg“, sagt der für drei Jahre gewählte Abteilungsleiter Heinrich Schmitz, der nun auch im Vorstand des Vereins vertreten ist. „Im Stadtgebiet von Euskirchen sind wir die erste Tanzsportabteilung, die Gesellschaftstanz anbietet, seit Menschengedenken“, weiß er.
Heinrich Schmitz und dessen Frau Monika sind eines der erfolgreichsten Tanzpaare Deutschlands. Das beweist unter anderem das Deutsche Turniertanz-Abzeichen, das seit 1970 in Nordrhein-Westfalen nur drei Paare erhalten haben. Das bestätigen aber auch die mehr als 150 Turniersiege. Und obwohl die beiden in Euskirchen leben, traten sie bislang für den TSC Grün-Gelb Erftstadt an. Es fehlte eben ein hiesiger Verein, der Gesellschaftstänze anbietet. Den gibt es jetzt, weshalb das Paar ab dem zweiten Quartal 2025 für den SV Frauenberg bei Wettbewerben starten will.
Bei drei Paaren sieht Heinrich Schmitz die Qualität für die D-Klasse
28 Männer und Frauen sind in der Tanzsportabteilung aktiv. „Allen, die wettbewerbsmäßig tanzen wollen, stehen die Türen zur Bleibachhalle offen“, sagt Heinrich Schmitz. Als Trainer könne er alle Feinheiten des Tanzsports vermitteln. Für besondere Choreografien benötige der Verein jedoch einen professionellen Trainer, den man für bestimmte Aufgaben engagieren möchte.
Bei drei Paaren sieht Heinrich Schmitz momentan die Qualität, in der D-Klasse, der Einstiegsklasse in den Tanzsport, anzutreten. „Wir stehen ja erst am Anfang und sind offen für alle Hobbytänzer. Es besteht auch kein Zwang, bei Turnieren mitzutanzen“, sagt Heinrich Schmitz.
Mitte 40 ist das ideale Einstiegsalter für Standardtänze
Drei Säulen habe das Tanzen: Standard-, Latein- und Modetänze. Das Welttanzprogramm sieht fünf Standard- und fünf Lateintänze vor. Letztere werden in Frauenberg aber nicht angeboten. „Die sind eher für junge Leute, da bräuchte man eine Jugendabteilung“, sagt Heinrich Schmitz. Standardtanz hingegen sei wunderbar für Menschen ab Mitte 40 geeignet. „Die Kinder sind aus dem Haus, man sucht nach einem gemeinsamen Hobby. In dem Alter kann man im Tanzen noch alles werden“, so der Tanzcoach, der das aus eigener Erfahrung nur zu gut weiß, denn bei ihm und seiner Frau war es genauso gelaufen. Zwei bis drei Jahre brauche man für die Grundlagen, danach könne man zu Turnieren.
Zentraler Trainingstag für die Tänzer in Frauenberg sei der Mittwoch. Vier Stunden Zeit hat der Verein der Abteilung ab 18 Uhr in der Halle eingeräumt. In der ersten Stunde sind die Einsteiger dran, ab 19 Uhr die Fortgeschrittenen, ab 20 Uhr die Wettbewerbsorientierten „und die, die noch nicht müde sind“, so Schmitz. In der vierten Stunde habe man die ganze Halle zur Verfügung und kann auf 400 Quadratmetern tanzen. Sonntags werden von 14 bis 16 Uhr die Feinheiten vermittelt, und es kann weiter geübt werden. „Wir wollen behutsam Räume zum Training schaffen. Rentner beispielsweise würden gerne vormittags trainieren“, weiß Heinrich Schmitz.
Heinrich Schmitz will auch auf Schulen zugehen
Der Euskirchener hat – wie sein Nachnamensvetter aus Irresheim – auch Pläne. So will er ab Januar montags gerne American Linedance anbieten – auch, um weitere Männer zum Tanzen zu bewegen und generell Neulinge behutsam heranzuführen. Heinrich Schmitz könnte sich vorstellen, dazu auch in Frauenberg auf Hallenzeiten zurückzugreifen, die eigentlich der Stadt Euskirchen gehören. „Die Stadt nimmt die Belegung der Bleibachhalle für montags und mittwochs vor und verteilt sie auch an andere Vereine“, erklärt Heinz-Josef Schmitz.
Heinrich Schmitz denkt auch schon weiter: „Wir würden gerne mit Schulen arbeiten. Das Ziel sind dabei aber eher die Lehrer, die dann Workshops mit Schülern anbieten können.“ In erster Linie gehe es aber darum, das Tanzen im SV Frauenberg voranzubringen, so der 75-Jährige.
Tanzsportler kämpfen mit dem Vorurteil, etwas elitär zu sein
Die Nüchternheit der Bleibachhalle trägt auch dazu bei, mit Vorurteilen über den Tanzsport aufzuräumen. „Seit wir vor 25 Jahren erstmals in den S-Klassen angetreten sind, werden wir als elitär angesehen, dabei haben wir uns nie so gegeben“, sagt Heinrich Schmitz.
Tanzsport ist nur ein weiterer Schritt im sogenannten Frauenberger Modell, wie Heinrich Schmitz es nennt. Es geht darum, einen Verein möglichst breit aufzustellen. Und fast alles, was angeboten wird, ist auch im Vorstand vertreten: Seniorenfußball, Jugendfußball, Hallensport, Tanzsport. Nur der Rehasport ist nicht Teil des Vorstands.
Früher war das anders: Es gab Fußball. Sonst nichts. Obwohl das auch nicht ganz richtig ist. „Wir waren schon immer Neuem zugetan, wenn ein Konzept vorhanden war“, erinnert sich Heinz-Josef Schmitz und spricht den Wanderboom in den 80er-Jahren an, als der SV Frauenberg Wandertage veranstaltete.