1999 steigt der Euskirchener TSC zum ersten und einzigen Mal in die Fußball-Oberliga auf. Protagonisten von damals erinnern sich.
Vor 25 JahrenEuskirchener TSC gelingt mit dem Aufstieg in die Oberliga ein Fußballwunder
Der Euskirchener TSC hätte zum FC Schalke 04 werden können – zwei Jahre bevor die Gelsenkirchener überhaupt erst zum Meister der Herzen wurden.
2001 feierte S04 seine Vier-Minuten-Meisterschaft. An den Handys – noch vor der Smartphone-Ära – und Radios verfolgte die Mannschaft schließlich mit, wie der FC Bayern München doch noch Meister wurde.
Vor dem letzten Spieltag war Körrenzig Tabellenführer
1999 gewinnt der ETSC am letzten Spieltag der Mittelrheinliga mit 3:0 gegen den VfL Rheinbach. Gleichzeitig liegt Tabellenführer Körrenzig gegen Bergisch Gladbach mit 1:2 zurück.
Das Problem: Während im Erftstadion Schluss ist, wird in Körrenzig noch gespielt. Die Partie war wegen eines Gewitters 15 Minuten später angepfiffen worden. Also heißt es zittern, Verbindungen in irgendeiner Form nach Körrenzig aufbauen und dem Abpfiff entgegenbibbern. Als das 3:1 für Bergisch Gladbach fällt und unmittelbar danach der Schlusspfiff ertönt, steht es fest: der ETSC ist aufgestiegen.
Euskirchen holte in der Rückrunde 35 von möglichen 39 Punkten
Am 30. Mai 1999 brechen alle Dämme und es geht erstmals in die Oberliga. Der 3:0-Sieg im Derby gegen Rheinbach ist der krönende Abschluss einer unglaublichen Rückrunde. 35 Punkte aus 13 Spielen holt die Mannschaft von Hermann-Josef Werres, die am 13. Spieltag noch auf dem siebten Platz der damaligen Verbandsliga lag.
„Ich glaube, niemand widerspricht mir, wenn ich behaupte, dass wir aufgrund der Rückrunde verdienter Meister geworden sind. Die Mannschaft hat damals eine unglaubliche Serie hingelegt. Das war einmalig“, erinnert sich Werres, der wenige Monate zuvor nach drei Jahren seinen Abschied aus Euskirchen zum Saisonende verkündet hatte. Nach der Spielzeit sollte Werres Trainer bei der Mannschaft werden, die am letzten Spieltag im Erftstadion zu Gast war – dem VfL Rheinbach.
Auch in Buschdorf war Werres nach Abschiedsverkündung aufgestiegen
Und vielleicht war der frühzeitig verkündete Abschied dann so etwas wie ein Wink des Schicksals, dass es mit dem Aufstieg doch noch klappen sollte, nach dem der ETSC unter Werres 1997 Dritter und 1998 Zweiter geworden war. „Es schien damals mein Markenzeichen zu sein. Ich habe in Buschdorf meinen Abschied angekündigt und bin aufgestiegen und dann ereilte mich mit dem ETSC dasselbe Schicksal.“
Als einer der ersten erfuhr Ludwig Schnichels vom Abgang des Erfolgstrainers. „Er hatte das erst mir, dann der Mannschaft gesagt“, erinnert sich der damalige Teammanager.
Team aus Bergisch Gladbach wurde nach dem Spiel eingeladen
Für Schnichels, der vor wenigen Tagen seinen 80. Geburtstag gefeiert hat, war der Aufstieg das Ziel, auf das er viele Jahre hingearbeitet hatte. Entsprechend erinnert er sich auch ein Vierteljahrhundert später noch an den letzten Spieltag, als wäre er höchstens vorgestern gewesen. „Ich habe nach dem Spiel sofort telefoniert. Wir mussten ja wissen, wie es in Körrenzig steht“, erzählt Schnichels. Abends habe man noch mit Bergisch Gladbach zusammengesessen. „Dass wir sie nach der Schützenhilfe einladen, war doch selbstverständlich“, so der Euskirchener Verantwortliche.
Einer der Aufstiegshelden war Stefan Beyers. Eigentlich wollte der Torhüter nach der Saison die Handschuhe an den Nagel hängen. Aber das Abenteuer Oberliga nahm er dann doch noch mit. Und wie sieht es mit seiner Erinnerung an den Aufstiegstag aus? „Ich dachte bis vor wenigen Wochen, dass ich gegen Rheinbach einen Elfmeter gehalten habe. Aber es gab gar keinen Elfmeter. Es war wohl eine Eins-gegen-Eins-Situation“, sagt Beyers.
Stefan Beyers: Erst die Geburt der Tochter, dann folgte der Aufstieg
Trotz dieser kleinen Erinnerungslücke ist die Zeit auch beim Euskirchener schnell um 25 Jahre zurückgedreht. „Zwei Wochen vor dem Spiel gegen Rheinbach ist meine Tochter Lena geboren worden. Dann steigen wir auf. Das war schon eine sehr schöne Zeit“, so der Torhüter, der seine gesamte Karriere beim ETSC verbracht hat.
Die damalige Mannschaft war eine Mischung aus jung und talentiert sowie erfahren und gut. Und sie war vor der Saison 1998/99 noch einmal verstärkt worden. Der Aufstieg in der Oberliga war vor der Spielzeit als Ziel ausgegeben worden.
Verlust von Leistungsträgern wurde im Aufstiegsjahr kompensiert
Entsprechend war auch der Kader zusammengestellt worden. Allerdings musste der ETSC auch den Abgang von einigen Leistungsträgern verkraften. Richard Plützer hatte seine Karriere beendet, Ralf Kremp war zum TuS Schmidt gewechselt. Auch die Talente Tom Viehöfer und Risto Kreide suchten ihre sportliche Zukunft nicht mehr in Euskirchen.
Und dann war da noch Tom Weißig. Der Stotzheimer hatte sich längst zum Leistungsträger gemausert. Der Manndecker (damals spielte der ETSC noch mit Libero, von Steckpässen war noch keine Rede und die Box hieß Strafraum) musste im entscheidenden Spiel gegen Rheinbach verletzt ausgewechselt werden. Der Grund: ein Nasenbeinbruch nach 19 Minuten. Was den „Lang“, wie er beispielsweise von Beyers genannt wurde, nicht daran hinderte, seine Mannschaftskollegen intensiv anzufeuern – so als stünde er selbst noch auf dem Platz.
Weißig, Ruland und Schröder wechselten zum Bonner SC
Für Weißig war es – genau wie für Werres – das vorerst letzte Spiel für den ETSC. Mit Martin Ruland und Patrick Schröder wechselte er zum Bonner SC, um dort das Abenteuer Oberliga anzugehen. Hätten sie gewusst, dass das mit dem ETSC auch möglich gewesen wäre, vielleicht wäre ihre Entscheidung anders ausgefallen. Und so kam es, wie es kommen musste. Die Paarung am ersten Spieltag in der Oberliga lautete ausgerechnet ETSC gegen Bonner SC.
Nachdem der Kater der ganzen Feierei – damals hatte der ETSC noch ein Vereinslokal mit der Gaststätte Haus Grober an der Wilhelmstraße – verschwunden war, stand der Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Euskirchen an. Der komplette Kader war bei Bürgermeister Kurt Kuckertz zu Gast.
Und wie ging es für den ETSC sportlich weiter? Auf Hermann-Josef Werres folgte zunächst Willi Küpper als Trainer. Von der U23 wechselte Christoph Fleck zum ETSC. Auch Jochen Fußel (Bayer Leverkusen), Volker Düster (TuS Zülpich) und Heinrich Fischenich (SV Sötenich) kamen nach Euskirchen. Für Küpper war allerdings im Oktober 1999 schon wieder Schluss. Der Trainer wurde von Klaus-Dieter Czizewski ersetzt. Den Klassenerhalt schaffte der ETSC. Dann kam das zweite Jahr, das bekanntlich das schwerste sein soll. Im Fall des Euskirchener TSC war das auch so. 2001 ging es wieder runter in die Mittelrheinliga.
ETSC: Beyers, Theuer, Schmitz, Weißig (20. Drysch), Jordan, Ceylan (78. Rieve), Birkelbach, Regh, Ruland, Luppus, Kortholt (85. Tuncer).
Tore: 1:0 Luppus (1.), 2:0 Drysch (37.), 3:0 Luppus (82.).