Fußball-EMUwe und Luis Metternich aus Sötenich reisen der DFB-Elf hinterher – ohne Tickets

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Die Sötenicher-EM-Reisegruppe posiert vor dem Rathaus auf dem Münchener Marienplatz.

Zur Sötenicher EM-Reisegruppe gehören auch Dennis Jäckel (2.v.l.) und Ralf Kremp (r.) mit seinen Söhnen.

Auch ohne Tickets erleben die Sötenicher an den Spielorten der deutschen Nationalmannschaft ganz besondere EM-Momente.

Große Ereignisse wollen gut geplant sein und brauchen auch ein wenig Vorlaufzeit. Im Falle von Uwe und Luis Metternich begannen die Planungen vor sechs Jahren. Nachdem die Uefa verkündet hatte, dass die Fußball-Europameisterschaft 2024 in Deutschland stattfindet, vereinbarte Uwe Metternich, Sportlicher Leiter beim SV Sötenich, mit seinem damals elfjährigen Sohn Luis: Wir sind dabei! Denn wenn alles gut gehen sollte, hat der Sprössling pünktlich zum EM-Start sein Abitur in der Tasche.

Doch die Planung war noch nicht vorbei. Als der Spielplan vor einem Jahr veröffentlicht wurde, buchte Uwe Metternich direkt Hotels in allen Städten, die Deutschland auf dem Weg ins Finale besuchen könnte. „Dadurch waren die Zimmer noch recht günstig, zuletzt sind die Preise ja explodiert“, sagte Metternich.

Übernachtung in Frankfurt direkt gegenüber vom DFB-Campus

Während der Vorrunde ist das auch kein Problem: München, Stuttgart und Frankfurt standen fest. In Frankfurt entschied sich Metternich sogar für eine Bleibe gegenüber dem DFB-Campus, in der Hoffnung, dass die deutschen Kicker dort unterkommen, was dann aber doch nicht der Fall war. Aber dann? Klar war: Von Sötenich aus kann man zum Achtelfinale nach Dortmund oder Düsseldorf ohne Übernachtung fahren. Für danach wurden alle möglichen Alternativen gebucht, die Deutschland auf dem Weg nach Berlin besuchen könnte. Erst seit Sonntagabend steht der endgültige Weg nun fest.

Uwe Metternich im Schottland-Trikot, sein Deutschland-Trikot trägt ein Schotte im Kilt.

Trikottausch mit einem Schotten auf dem Marienplatz in München.

Einen Haken hat die Reise allerdings: Zwar hat sich Uwe Metternich auch um Tickets für die Spiele bemüht. Erhalten hat er aber keines. Ein bisschen Hoffnung hat er, dass er bei der Ticketverlosung am heutigen Mittwoch Glück hat. „Wir hätten kurzfristig noch Karten für das Schottland-Spiel haben können, aber 600 Euro pro Ticket war uns zu teuer.“ Zwei andere Sötenicher hatten mehr Glück: Dennis Jäckel und Ralf Kremp sind Mitglied im DFB-Fanclub und hatten durch Besuche von Spielen der Nationalmannschaft genug Bonuspunkte gesammelt, um Tickets zu erhalten. Vor den Spielen treffen sich alle.

Die beiden Sötenicher waren Talkgäste in den Sky Sport News

Der Stimmung bei der Mission Europameisterschaft hat das im Hause Metternich keinen Abbruch getan. Im Gegenteil. Die beiden Sötenicher waren plötzlich sogar Talkgäste bei Sky und im schottischen Fernsehen. Denn Vater und Sohn waren schon donnerstags in München und machten sich am Tag des Eröffnungsspiels frühmorgens auf nach Herzogenaurach, in der Hoffnung, einen Blick auf die DFB-Kicker zu erhaschen.

Dort kam man mit Patrick Berger von Sky ins Gespräch, der Vater und Sohn für die Liveschalte in der News-Sendung interviewte. Natürlich trugen beide stilecht das Deutschland-Trikot mit der Nummer 8 von Toni Kroos. „Das musste zum Abschluss von dessen Karriere sein“, erklärt Metternich. Dann ging es zurück nach München. „Dort wurden wir dann beschottet“, erzählt er lachend. „Beim FC ist die Stimmung ja schon immer gut, aber die Schotten waren das Geilste, was ich je erlebt habe“, schwärmt der Sötenicher von der Atmosphäre.

In der ganzen Stadt sei nur positive Energie spürbar gewesen. „Und der Kaiser hat noch mal die Augen aufgemacht und für gutes Wetter gesorgt“, sagt der Sötenicher und spielt auf den Anfang des Jahres gestorbenen Franz Beckenbauer an.

Den Schottenrock wollte Uwe Metternich dann doch nicht anziehen

Zwischendurch tauschte Uwe Metternich sogar sein Trikot mit dem eines schottischen Fans. Aber warum denn nicht auch noch den Kilt? „Der wollte auch noch mehr tauschen, aber das konnte ich noch verhindern“, erzählt Metternich lachend. Weil auch schottische Reporter mitbekamen, dass sich ihre Landsmänner und die Eifeler gut verstanden, wurden die Metternichs erneut interviewt.

„Das schottische Englisch war für mich schon schwer zu verstehen, Luis hatte damit aber keine Probleme, er hatte ja auch Englisch-LK im Abi“, berichtet Uwe Metternich, der so auch erfuhr, dass Diego Maradona in Schottland verehrt wird – weil der das Handtor gegen England im Viertelfinale der WM 1986 erzielt hatte. „Der Reporter hatte Maradona sogar auf den Oberschenkel tätowiert“, so der Sötenicher.

Uwe und Luis Metternich tragen beide das Toni-Kroos-Trikot und halten einen Bierbecher in der Hand. Im Hintergrund die Leinwand beim Public Viewing in Frankfurt.

Beim Public Viewing am Mainufer: Luis (l.) und Uwe Metternich.

Doch nach dem Fußballfest ging es heim. Denn manchmal kommt das normale Leben dazwischen – und in dem Fall sogar der Tod. Luis Metternich wollte einem bei einem Verkehrsunfall getöteten früheren Sötenicher Jugendfußballer die letzte Ehre erweisen, weshalb Vater und Sohn die zwischenzeitliche Heimreise antraten, um zu kondolieren und beim Benefiz-Fußballspiel dabei zu sein. Es gibt eben wichtigeres im Leben als ein Deutschland-Spiel gegen Ungarn in Stuttgart.

Public Viewing auf der Fanmeile in Frankfurt am Ufer des Mains

Kurze Zeit später ging es wieder ins Auto. Denn auch beim Spiel gegen die Schweiz in Frankfurt waren Vater und Sohn dabei. Anders als in München, als man das Spiel in einem der Brauhäuser rund um den Marienplatz verfolgt hatte, besuchten sie diesmal sogar das offizielle Public Viewing am Main-Ufer. „Das war natürlich nicht vergleichbar mit München“, berichtet Metternich. Allerdings sei das Ambiente mit dem Ausblick auf den Main schön gewesen. „Und in dem Spiel ging es um etwas“, so Metternich.

Beim Achtelfinale am Samstag stellte sich die Frage: Dortmund oder Düsseldorf? Die Antwort: Hauptsache Abiball. Denn auch der geht vor. Uwe Metternich ist sich aber sicher, dass das Organisationsteam das Deutschland-Spiel im Blick hat. „Ich trage auf jeden Fall das Trikot unterm Anzug.“ Beim „vorgezogenen Endspiel“ gegen Spanien im Viertelfinale wollen Vater und Sohn dabei sein – davon ausgehend, dass Deutschland das Achtelfinale gewinnen wird.

Mit der Leistung des deutschen Teams ist er zufrieden. „Die Eröffnung war hervorragend, die Schotten konnten uns nicht Paroli bieten“, so der Sötenicher Sportchef. Aber er erkennt auch: Kleine Gegner gibt es nicht mehr. Die Teams werfen alles hinein, so wie auch die Schweizer aggressiv dagegengehalten hätten.

Lob hat er indes für Julian Nagelsmann: Einmal wegen dessen Team-Zusammenstellung, dann aber auch wegen dessen lockerer Art. „Der tut Deutschland gut.“ Also einer für Sötenich? „Wir werden ja jetzt zuerst mal lange Zeit mit Markus Sabel arbeiten. Aber für danach hat sich Nagelsmann schon empfohlen“, erzählt Metternich lachend. Der Vater-und-Sohn-Trip durch Deutschland hat sich auf jeden Fall gelohnt. „Wir konnten das EM-Feeling aufsaugen.“

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