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Talentscout
Lena Kücken aus Bad Münstereifel spielt College-Fußball in den USA

Lesezeit 6 Minuten
Lena Kücken trägt das Trikot mit der Nummer 2 des Jefferson College. Mit einem Finger zeigt sie auf die Nummer, mit der anderen Hand zieht sie das Trikot straff.

Spielt für das Jefferson College: Lena Kücken.

Die 19-jährige Lena Kücken aus Bad Münstereifel ist Sportstipendiatin am Jefferson College in Missouri und will in die Fußball-Bundesliga.

Für die meisten ist Bad Münstereifel nur ein Fleckchen Erde in Nordrhein-Westfalen. Für Lena Kücken war es aber der Startpunkt einer internationalen Reise. Mit starkem Willen und einer großen Leidenschaft für den Fußball hat die 19-jährige Mittelfeldspielerin den Sprung in die amerikanische College-Liga geschafft. Heute lebt und trainiert sie in Missouri – und verfolgt nicht nur den Traum einer sportlichen Karriere, sondern auch ihre akademischen Ziele.

Lenas Liebe zum Fußball begann früh: „Wir hatten ein kleines Soccerfeld bei uns in der Grundschule, da war ich immer in den Pausen mit den Jungs“, erinnert sie sich. Aus Spiel wurde Ernst, als ein Trainer aus Kirchheim sie für sein Training gewann. Es folgten Stationen in Jungsmannschaften in Lommersum und im Mädchenfußball in Bad Münstereifel. Parallel dazu trainierte Lena sechs Jahre lang im Leistungszentrum des Fußballverbands Mittelrhein, einer Talentschmiede in NRW.

Ihr Herzensklub, der 1. FC Köln, lehnte Lena Kücken ab

Auch wenn ein Probetraining beim 1. FC Köln, Lenas Herzensverein, nicht zur erhofften Aufnahme führte, ließ sie sich nicht entmutigen. Stattdessen spielte sie für den SV Merl in der Mittelrheinliga und erfuhr dort durch eine Mitspielerin von der Möglichkeit eines Sportstipendiums in den USA. Mithilfe der Agentur „Athletes USA“ begann sie, ihren Traum zu verfolgen.

Nach ein paar Gesprächen und der Vertragsunterzeichnung war es schließlich so weit: Lena reiste in die Vereinigten Staaten, um an einem Junior College in Philadelphia zu studieren und Fußball zu spielen. Doch die ersten Monate brachten auch Herausforderungen mit sich. „Unser Trainer hat die Herren- und Damenmannschaft gleichzeitig trainiert, und das Training entsprach nicht dem, was versprochen wurde“, kritisiert Lena. Sie wünschte sich mehr Teamevents und einen besseren Fußballplatz. Deshalb wechselte sie nach einem Jahr an das Jefferson College in Hillsboro in Missouri.

Die Teamchemie stimmt, gemeinsam unternimmt man viele Dinge

Ein Schritt, der sie von der Ostküste in den mittleren Westen der USA führte – und einer, den sie keineswegs bereut. Hier hat Lena bereits Anschluss gefunden. Sie teilt sich eine Wohnung mit drei anderen Studentinnen, das Training ist strukturierter und auch die Teamchemie stimmt: „Wir verbringen den ganzen Tag zusammen, ich bin eigentlich nie allein.“ Neben dem Training besucht man gemeinsam Sportveranstaltungen der anderen College-Teams, verbringt die Abende in der Billardhalle oder fährt ins eine Dreiviertelstunde entfernte St. Louis, um die Stadt zu erkunden. Für Lena fühlt es sich an „wie eine große Familie“.

Ihre Familie und Freunde in Deutschland vermisst sie trotzdem: „Natürlich ist es schwer, alles hinter sich zu lassen, man zieht halt auf die andere Seite des Ozeans. Aber irgendwann vergisst man, dass man so weit weg von zu Hause ist.“ Der Kontakt hält trotzdem, dank regelmäßiger Telefonate und Messenger-Dienste.

Lena Kücken freut sich über jedes Wiedersehen in Deutschland

„Es ist irgendwie komisch, sie nicht zu sehen, aber ich habe hier viele neue Freunde gefunden, sodass ich das ein bisschen ausblende“, beschreibt sie. Dennoch ist die Freude auf jedes Wiedersehen groß. Das Weihnachtsfest bot eine der wenigen Gelegenheiten, wirklich Zeit mit der Familie und alten Freunden zu verbringen. „Ich habe einen Monat frei, von Mitte Dezember bis Mitte Januar, das genieße ich sehr“, freut sich Lena.

Lena Kücken hockt vor dem Weihnachtsbaum, unter dem Geschenke liegen, und vor einer Krippe. Ein Hand lehnt auf einen Fußball auf dem Teppichboden.

Eine Weihnachtspause vom Fußball? Den Ball hat Lena Kücken aber immer griffbereit.

Im Januar kehrt sie für das Frühlingssemester nach Missouri zurück, wo sie sich mit ihrem Team auf die nächste Saison vorbereitet. Zunächst finden nur Freundschaftsspiele statt, Pflichtspiele stehen erst im Semester nach der Sommerpause an.

Nach dem College würde Lena Kücken gerne an eine Uni wechseln

Die Liga, in der Lena spielt, ist die National Junior College Athletic Association (NJCAA). Dort treten die Junior-Colleges wie das Jefferson College gegeneinander an. Junior Colleges bieten Studierenden die Möglichkeit, nach zwei Jahren einen Associate Degree zu erwerben. Ein solcher Abschluss dient oft als Sprungbrett für einen Wechsel an größere, vierjährige Universitäten. Lena studiert Sportmanagement.

Am meisten gefällt ihr die Interaktion mit ihren Kommilitonen, „das Gefühl, wieder im Klassenraum zu sitzen“. Aber auch die digitale Organisation findet sie hilfreich: „Man hat die ganzen Kurse auf einer App, und es wird alles online eingetragen. Ich kann durchgängig sehen, wie ich gerade in dem Kurs stehe.“ Für die Zukunft plant Lena, ihr Studium mit einem Bachelor-Abschluss an einer größeren Universität fortzusetzen.

Das Stipendium ist an einige Bedingungen geknüpft

Dafür muss sie sich auch auf dem Platz beweisen: „Ich muss gute Highlights haben, um andere Coaches zu beeindrucken.“ Und um das jetzige Stipendium nicht zu verlieren. Denn davon werden ihre Studiengebühren und Kosten für die Lehrmaterialien abgedeckt. Nur für Wohnen und Essen muss Lena selbst aufkommen. Doch die finanzielle Unterstützung ist an strenge Bedingungen geknüpft. Wer das Training verpasst oder schulisch nicht mithält, riskiert, das Stipendium zu verlieren. „Das geht schneller, als man denkt“, gibt Lena zu bedenken.

Disziplin und Eigenverantwortung sind entscheidend, um den Alltag zwischen Studium, Training und Freizeit zu meistern. Dafür sind die Stundenpläne aufs Training angepasst. Ein paar Vorteile genießt man als Athlet trotzdem. „Die Lehrer sind ein bisschen verständnisvoller, wenn man Stress mit den Hausaufgaben hat, weil man zum Auswärtsspiel fährt“, so Lena. Dann besteht der ganze Tag nämlich aus Hinfahren, Spielen, Zurückfahren, bei größeren Entfernungen wird geflogen.

Für Mitspielerinnen ist bayerische Musik das Deutscheste überhaupt

Vor jedem ihrer Spiele fühlt sie eine Mischung aus Anspannung und Vorfreude. In Erinnerung bleibt ihr besonders der Moment vor ihrem ersten Spiel, als die Nationalhymne der USA gespielt wurde: „Als ich die gehört habe, dachte ich: ‚Wow, ich bin in Amerika. Ich habe es geschafft, ich spiele in einem anderen Land Fußball.‘“ Ansonsten erfreut sich Lena an den kleinen Momenten vor jedem Spiel. Zum Beispiel, wenn alle in der Kabine Musik hören und sich gegenseitig motivieren: „Die Amerikaner mögen gerne Cro, das hat irgendwas für sie. Und alle denken, dass bayerische Lieder das Deutscheste ever sind.“ Für Lena ist das dann doch eher die kölsche Karnevalsmusik.

Langfristig sieht sie sich wieder in Deutschland – ihr Ziel ist die Bundesliga. „Es ist mein Traum, Fußballprofi zu werden. Nach meinem Bachelor möchte ich gucken, ob ich einen guten Job finde und vielleicht noch relativ hoch Fußball spielen kann“, sagt sie entschlossen. Sollte es sportlich nicht klappen, hat sie einen Plan B: „In irgendeinem Fußballverein hinter den Kulissen arbeiten, vielleicht sogar als Managerin.“

Das Essen von zu Hause vermisst Lena Kücken sehr

Zum Zeitpunkt des Gesprächs freute sie sich auf die Weihnachtszeit in Deutschland: „Ich vermisse das Essen. College-Essen ist nicht so gut. An Weihnachten gibt es bei uns ganz klassisch Kartoffelsalat und Würstchen.“ Danach geht es wieder zurück in die USA, wo neue Herausforderungen und Chancen auf Lena Kücken warten.

Mit ihrer Disziplin und Leidenschaft zeigt Lena, dass es möglich ist, große Träume zu verwirklichen – auch wenn der Weg vom Münstereifeler Soccerfeld in die College-Liga der USA steinig sein kann. Doch trotz aller Herausforderungen bereut Lena ihren Weg nicht: „Nach Amerika zu gehen, war die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe.“