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EinzelhandelWelche Branchen im Kreis Euskirchen von der Krise betroffen sind

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Lieber billig neu kaufen anstatt reparieren lassen? Ilhan Gönez, Inhaber des Schuhreparaturservices „Ali’s“ ist besorgt.

Kreis Euskirchen – Alles ist teurer geworden seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges: Strom, Gas, Benzin, Lebensmittel. Einige Menschen fürchten bereits jetzt, ihren Lebensstandard bald nicht mehr halten zu können. Ist infolgedessen auch eine Konsumzurückhaltung im Einzelhandel zu spüren? Kann man vielleicht sogar schon von einer Konsumflaute sprechen? Und welche Branchen sind davon besonders betroffen?

Elektrogeräte und Elektronik: „Weniger Spontankäufe“

Allgemein sei schon eine gewisse Kaufzurückhaltung der Kunden zu spüren, hat Vanessa Urfey, Geschäftsführerin des gleichnamigen Elektronikfachmarkts in Kommern, festgestellt: „Auf jeden Fall ist die Zahl der Spontankäufer geringer geworden.“ Das heißt aber auch: Wer den Weg in den Laden findet, der kommt meist auch mit einer festen Kaufabsicht.

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Heizgeräte gehen weg wie warme Semmeln, haben Vanessa Urfey (r.) und Mitarbeiterin Gisela Kautz festgestellt.

„Bei Haushaltsgeräten wird natürlich gekauft, wenn ein Ersatzbedarf besteht, aber gerade bei Unterhaltungselektronik, TV-Geräten und PCs ist die Nachfrage enorm zurückgegangen“, sagt die Geschäftsführerin. Elektrische Heizgeräte haben sich unterdessen zu einem echten Verkaufsschlager entwickelt. „Das ist sehr ungewöhnlich, dass wir bei 30 Grad Außentemperatur gerade so viele Heizlüfter und Radiatoren verkaufen“, so Urfey.

Normalerweise komme diese Ware erst verstärkt ins Sortiment, wenn die Kühl- und Klimageräte nach der Sommersaison aus den Regalen rausgeräumt werden. Grund für den Run auf die Heizgeräte ist natürlich auch hier die Angst vor hohen Heizkosten beim Gas. Um den fehlenden Umsatz auszugleichen, setzt die Firma Urfey auf Dienstleistung und Beratung: „Das ist doch unser großes Plus als Fachbetrieb, dass wir auch Komplett-Pakete inklusive Lieferung und Anschluss bieten können“, so die Chefin des insgesamt 33 Mitarbeiter zählenden Betriebs.

Möbel und Einrichtung: „Zurückhaltung im Neubauberich“

Ein neues Sofa oder sogar eine neue Küche? Bei Möbeln und anderen langlebigen Einrichtungsgegenständen kommen je nach Art und Umfang des Einkaufs schnell Summen im vier- oder sogar fünfstelligen Euro-Bereich zusammen. Schon seit Beginn des Krieges in der Ukraine merke man eine große Kaufzurückhaltung bei den Kunden, sagt der Sprecher eines großen Möbelhauses in der Region, der aber namentlich nicht genannt werden möchte. Davon seien derzeit alle Geschäftsbereiche betroffen.

Weniger Nachfrage stellt auch Schreinermeister Josef Klinkhammer fest, der in Mechernich zusammen mit seiner Frau ein Küchenstudio betreibt: „Seit etwa drei Wochen merken wir, dass es deutlich ruhiger wird.“ Auch durch die nach wie vor hohe Zahl an Neubauten in der Region könne dies nicht ausgeglichen werden, sagt Klinkhammer: „Im Neubaubereich ist die Zurückhaltung der Kunden eher sogar noch größer.“

Zukunftssorgen hat er für sich und sein fünfköpfiges Mitarbeiter-Team jedoch noch nicht: „Wir haben nach wie vor genug zu tun. Es sind zum Beispiel noch längst nicht alle Flutaufträge aus dem vergangenen Jahr abgearbeitet“, so der Küchenfachmann.

Mode: „Rückgang der Kauffreudigkeit“

„Früher haben die Kunden mehr Teile gekauft. Heute beschränken sie sich häufiger auf ein Teil“, erzählt Ute Baedorf von Donna 2000 an der Berliner Straße in Euskirchen. Außerdem falle auf, dass die Leute eher Bekleidung statt Accessoires kauften. „Viele Kollegen und Kolleginnen in der Branche haben den Rückgang der Kauffreudigkeit mitbekommen“, sagt Baedorf.

So auch Jill Schulte vom Modehaus Schulte in Euskirchen: „Unsere Stammkunden bleiben uns treu. Aber auch wir haben Laufkundschaft verloren.“ Vor allem aber merkt Schulte, dass die Krise die Leute beschäftigt. Sie reden viel über ihre Sorgen. Darüber, was die Zukunft bringe, so Schulte. Zu einem ähnlichen Urteil kommt auch Raphael Wehler von K&K Mode Cult nebenan: Auch hier seien die Kunden im Allgemeinen schlechter gelaunt, sorgenvoller. Sie würden auch eher auf die Preise gucken, als das vorher der Fall war. Ab 200 Euro sieht man oftmals in unglückliche Gesichter, so Wehler. Doch im Allgemeinen halte sich die Kaufzurückhaltung hier in Grenzen, denn es handele sich um einen zentralen Laden, und es gebe auch noch einen Online-Shop.

Christian Lange, Geschäftsführer des gleichnamigen Schuhhauses und Vorstand des Einzelhandelsverbands Bonn, Rhein-Sieg und Euskirchen, setzt ebenfalls auf einen Online-Shop. Umsatz-Einbrüche bemerkt er zur Zeit nicht. Die Umsätze seien sogar besser als vor Corona. Lange findet trotzdem klare Worte: „Größere Einbrüche und Konsumzurückhaltung werden sich erst später bemerkbar machen – vermutlich zum Herbst hin.“

Natürlich komme es aber auch auf die Konsumentenschicht an, so Lange. Vor allem untere Einkommensschichten würden durch die Krise bestraft. Vor allem würde es zunächst den Discountbereich und niedrigpreisige Kaufhäuser treffen. Allerdings warnt Lange: „Es kann aber alle gleichermaßen treffen, wenn dem Staat nichts einfällt, wie er gegen diese Entwicklung steuern kann.“

Beauty: „Kunden, die Entspannung suchen, bleiben aus“

„Die Leute gehen lieber einkaufen als auf die Sonnenbank“, erzählt eine Mitarbeiterin des Sonnenstudios California Sun am Europakreisel. Seit dem Spritpreisanstieg sei ein selbst für den Sommer ungewöhnliches Ausbleiben der Kundschaft bemerkbar gewesen. Auch Supanid Diaz Moran, Inhaberin des Massage- und Spa-Salons Euskirchen, berichtet: „Seit dem Hochwasser ist schon nichts mehr so geworden, wie es vorher war. Um den Salon sind Baustellen: Die Kunden, die Entspannung suchen, bleiben aus.“ In den vergangenen beiden Monaten sei es aber sogar noch schlimmer geworden. Die Kunden sparen sich Luxusbehandlungen wie eine Massage.

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Inhaber Emrah Salihi stellt fest, dass die Kunden ihr Geld eher für Grundnahrungsmittel wie Getreide ausgeben.

Nachhaltigkeit: „Materialien werden teurer“

Dass Partner oder Partnerin mithelfen müssen, den Lebensunterhalt zu bestreiten, weiß auch Ilhan Gönes, Inhaber von „Ali’s Schuh- und Schlüsseldienst“. Seine Frau hat nun einen Bürojob, weil sie das zweite Gehalt brauchen, so Gönes. „Das Material wird teurer, und wir versuchen, bis zum Winter unsere alten Preise beizubehalten. Am Ende bleibt da nicht viel übrig.“ Gönes befürchtet, dass die Kunden ihm eine Preisanpassung übel nehmen: „Man kann für wenig Geld neue Schuhe kaufen. Man merkt, dass die Leute sich gerade zweimal überlegen, ob sie ihre Schuhe für den gleichen Preis reparieren lassen.“

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Auch Emrah Salihi setzt sich für Nachhaltigkeit ein: Er ist Inhaber des Unverpackt-Ladens in der Neustraße. Auch hier war in den vergangenen Monaten ein verändertes Kaufverhalten zu beobachten: „Die Leute konzentrieren sich jetzt auf Grundnahrungsmittel. Die Verkaufszahlen von Getreide gehen hoch. Die gefriergetrockneten Himbeeren werden weniger gekauft.“

Auch Olaf Seyd vom Haus Bollheim in Oberelvenich stellt seit März einen Umsatzrückgang fest. Im Hofladen, auf dem Markt und bei der Belieferung von Naturkostläden sei insgesamt ein Umsatzrückgang von 20 Prozent zu verzeichnen. „Einige Kunden weichen in dieser Zeit auf den Supermarkt aus, aber die Kunden, die Bio wollen, die werden auch weiter Bio kaufen“, sagt Seyd.