52 Jahre hat er die Schulkinder gefahren: Nun geht Borislav Radovic mit 75 Jahren in Ruhestand und wird auf seiner letzten Fahrt gefeiert.
Kult-Busfahrer im RuhestandKaller Grundschulkinder stoppten Boros letzte Fahrt in Golbach
Die Wahrscheinlichkeit, dass diejenigen, die im vergangenen halben Jahrhundert aus der Gemeinde Kall oder den umliegenden Kommunen mit dem Bus zur Schule gefahren sind, Boro nicht kennen, ist vergleichsweise gering. Doch wer weiß, wie der sympathische Busfahrer, der unzählige Kinder und Jugendliche sicher zur Schule und wieder zurück gebracht hat, mit vollem Namen heißt? Da wird's wohl dünn.
Sein Name ist Borislav Radovic, er ist inzwischen 75 Jahre alt und hat am letzten Schultag vor den Ferien zum letzten Mal die Kinder zur Grundschule nach Kall gebracht. Dass einem wie ihm auf der letzten Tour ein gebührender Abschied bereitet werden muss, versteht sich. Etwa in Golbach. Elternsprecher Christian Schütten fragte dort an der Bushaltestelle die versammelten 21 Grundschulkinder, wer der beste Schulbusfahrer der Welt ist. Ohne Zögern ertönte es aus allen Kinder-Kehlen: „Boro, Boro!“
Als Schüler war Kalls Bürgermeister mit Boro auf Klassenfahrt
Als der Inhaber des Kaller Unternehmens „Boro-Reisen“ um kurz vor 8 Uhr die Haltestelle an der Kapelle anfuhr, erlebte er eine recht emotionale Überraschung: Die Kinder hatten die Straße mit einem rot-weißen Flatterband „abgesperrt“. Bevor ein letztes Gruppenfoto mit Boro gemacht wurde, überreichten die Kinder ihrem treuen Chauffeur ein Bild, auf dem alle Golbacher Grundschulkinder zu sehen sind.
„Das haben wir am Kirmesmontag gemacht, als alle Kinder komplett waren“, berichtete Schütten. Dazu gab's ein Dankschreiben der Eltern, das auch alle Kinder unterschrieben hatten, und eine Plakette mit der Inschrift: „Der immer früh aufsteht. Der immer in den Spiegel schaut. Der sicher fährt, und der Kinder mag – Bester Schulbusfahrer.“
„Wir und die Kinder werden dich vermissen“, sagte Schütten. Der so Gefeierte war zu Tränen gerührt, als er jedes Kind herzlich umarmte. Für ihn, sagt er, seien alle wie seine eigenen Kinder gewesen. Er berichtete, dass er schon die Eltern der heutigen Grundschulkinder zur Schule gefahren habe. Drei Lehrerinnen, die heute Grundschulkinder in der Gemeinde Kall unterrichten, sind als Kinder von Boro zur Schule gefahren worden. Und auch Kalls Bürgermeister Herman-Josef Esser ist als Blankenheimer Schüler mit Boro auf Klassenfahrt nach Frankreich gereist.
52 Jahre war Busfahrer Boro rund um Kall und Schleiden unterwegs
Christian Schütten bekennt freimütig, dass er damals die Grundschulkinder aus Sötenich beneidet habe, weil die mit Boro zur Schule fahren durften. „Boro ist nicht nur ein Busfahrer. Er ist genauso Kummerkasten und Motivator, einfach ein Mensch mit Herz und Seele“, so Schütten: „Er sorgte bei den Kindern schon zum Tagesbeginn für gute Laune.“
Wie beliebt Busfahrer Boro ist, zeigten die vielen Dankesschreiben von Kindern und Eltern, die sich am letzten Tag auf dem Armaturenbrett stapelten. So bedankte sich ein Kind dafür „dass Sie uns manchmal Süßigkeiten gegeben haben“. Und es war nicht verwunderlich, dass den Kindern der Abschied nicht leichtfiel. „Kinder aus Steinfeld haben geweint, als ich mich von ihnen verabschiedet habe“, so Boro.
Kaller Unternehmer hat noch keinen Nachfolger gefunden
Insgesamt 52 Jahre lang hat er Schüler im Schleidener Tal zu ihren Schulen und wieder zurück chauffiert. Zunächst war er sieben Jahre für das Schleidener Unternehmen Dardenne gefahren, bevor er sich vor 45 Jahren mit seinem eigenen Unternehmen „Boro-Reisedienst“ selbstständig machte. Seit seiner Selbstständigkeit fuhr er den Schulbusverkehr zunächst für die Post, dann für die Bahn und zuletzt für die RVK – die sich am letzten Schultag ebenfalls von ihm verabschiedete.
„Glücklich und zufrieden“, sagt er, blicke er auf die vielen Jahre am Steuer des Schulbusses zurück. Jetzt sei er aber doch froh, dass er morgens nicht mehr ganz so früh aufstehen muss. Der Beruf am Steuer eines Schulbusses geht auch mit hoher Verantwortung einher. Daher ist er froh, dass es nie Ärger mit Kindern, mit Eltern, der Schule oder der RVK gegeben habe. Und vor allem: Dass er als Fahrer von Unfällen verschont geblieben sei.
So ganz zur Ruhe setzen will sich Boro noch nicht. Ein oder zwei Jahre will er den Reisedienst noch weiterführen – bis er einen Nachfolger gefunden hat, der sein Unternehmen übernehmen will. Bisher sei die Suche erfolglos geblieben.