Kall – Nach der Flutkatastrophe Mitte Juli soll die Gemeinde Schutzmaßnahmen auf den Weg bringen. Das fordern die Kaller Grünen. Die Ratsfraktion hat unter anderem beantragt, dass eine Starkregengefahrenkarte für die Gemeinde auf Basis eines digitalen Geländemodells erstellt wird. Außerdem soll es ein sechsmonatiges Moratorium für alle Bauvorhaben geben, die im Gebiet der Urftauen im Bereich der Straße „Am Hallenbad“ vorgesehen sind.
Dazu gehören neben dem Hallenbad selbst und dem Feuerwehrgerätehaus auch die geplante Klimaschutzsiedlung samt Kindergarten. Mit Blick auf künftige Hochwasserereignisse sollen deren Standorte und die vorliegenden Planungen noch einmal überprüft werden.
Thema schon 2018 beantragt
„Unser früherer Sprecher Ekkehard Fiebrich hat schon 2018 beantragt, dass ein Entwurf einer Generalentwässerungsplanung mit der Darstellung der rechtlichen Aspekte im Hinblick auf die Haftung der Kommune im Schadensfall erstellt wird“, erklärt die neue Grünen-Sprecherin Friede Röcher. Wie wichtig dieses Thema sei, habe sich jetzt gezeigt. „Ende 2020 hat dann der Gemeinderat in Folge des Antrags beschlossen, Maßnahmen gegen die Folgen von Starkregenereignissen in das Abwasserbeseitigungskonzept aufzunehmen“, führt der Fraktionsvorsitzende Dr. Guido Huppertz in einem der Anträge aus.
Dazu gehörten auch die Ermittlung und Priorisierung von Gefahrenstellen mithilfe von Starkregengefahrenkarten. Auf Grundlage dieser Karten könnten zukünftig bauliche Maßnahmen zum Schutz gegen Starkregenereignisse ergriffen und Notfallpläne für die Beteiligten Einsatzkräfte optimiert werden. „Nach der Flutkatastrophe dieses Jahres ist die hohe Dringlichkeit dieser Maßnahme offensichtlich. Die Gemeinde muss im Hinblick auf den Schutz vor Hochwasser und Starkregenereignissen in den nächsten Jahren weitreichende Entscheidungen bezüglich Planungen und Baumaßnahmen treffen“, betont Huppertz.
Klimaschutzsiedlung könne in geplantem Neubaugebiet realisiert werden
Ohne fundierte Aussagen zu den damit verbundenen Risiken drohten „folgenreiche Fehlentscheidungen“. „Unsere Fraktion ist der Auffassung, dass der Rat diese Bauvorhaben vor dem Hintergrund der aktuellen Geschehnisse neu bewerten und bei seiner Entscheidung auch die Erkenntnisse aus der Starkregengefahrenkarte zu den zukünftigen Extremwetterrisiken berücksichtigen muss“, betont Huppertz. Die Klimaschutzsiedlung könne zum Beispiel in dem geplanten Neubaugebiet „Auf dem Fels II“ realisiert werden.
Neu aufgestellt
Nach dem altersbedingten Rückzug des langjährigen Fraktionsvorsitzenden und Sprechers Ekkehard Fiebrich haben sich die Kaller Grünen neu aufgestellt. Den Vorstand bilden jetzt Friede Röcher, Urgestein Herbert Lorenz und Corinna Wassermann, die auch im Gemeinderat sitzt.
Röcher, die schon lange mit den Grünen sympathisiert, aber erst im Januar eingetreten ist, folgt Dagmar Reger und bildet mit Lorenz, der schon lange die Partei vertritt, ein Sprecher-Duo. „Ich habe eine Nabu-Gruppe aufgebaut und mich in der Flüchtlingsarbeit engagiert. Außerdem bin ich bei den Omas gegen Rechts aktiv“, sagt Röcher. Sie werde versuchen, die junge Fraktion zu unterstützen.
Dazu gehört auch Wassermann, die Kassiererin im Vorstand ist und sich im Rat vor allem dafür einsetzt, dass der ÖPNV und der Fahrradverkehr ausgebaut und Kall familienfreundlicher wird. Sie und Jörg Jenke beerben Lorenz und Fiebrich im Rat, Dr. Guido Huppertz war schon in der Wahlperiode zuvor nachgerückt und übernahm den Posten des Fraktionsvorsitzenden. (wki)
Dr. Ulrich Meisen, der die Grünen als sachkundiger Bürger im Umweltausschuss vertritt, hat errechnet, dass bei der Flut im Juli auf einer Fläche von zehn Quadratkilometern 0,176 Kubikmeter Regen pro Quadratmeter gefallen seien. Das summiere sich zu einer Wassermenge von 1,76 Millionen Kubikmeter Wasser. „Das ist das doppelte Volumen der Steinbachtalsperre“, so Meisen. Mit derartigen und noch höheren Regenmengen müsse künftig gerechnet werden. Niemand könne aber sagen, wann es ein derartiges Ereignis wieder geben werde. Meisen fordert neben dem Erstellen der Starkregenkarte auch die Planung von zusätzlichen Regenrückhaltebecken.
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Ferner schlägt er vor, Grundstücke und Gewerbegebiete an das Klima anzupassen und so wenige Flächen wie möglich zu versiegeln. Regenwasser solle noch mehr aufgefangen und genutzt und die Erdgeschosse der Häuser erhöht errichtet werden. Um den Kernort besser zu schützen, könnten mit Abstand zu den Gewässern künstliche Erhöhungen wie Wälle und bei Bedarf Spundwände errichtet werden.
„Das Hochwasser hat auch gezeigt, dass wir alle Planungen überdenken müssen. Wir dürfen nicht an gleicher Stelle in gleicher Art wieder bauen“, fordert Meisen. Die Grünen fordern auch, dass ein Fragebogen an die betroffenen Haushalte verschickt wird, um die Schäden genau zu ermitteln. „Vorliegende Prüfberichte zu den Auswirkungen der Flut zeigen eine hohe Belastung der Böden mit Fäkalien, Öl und Benzin“, sagt Röcher.