Fachkräfte zu gewinnen, wird immer schwieriger. Darum lassen sich die Chefs des Kaller Unternehmens einiges einfallen– auch Überraschendes.
Millionen-InvestitionSo macht sich ein Kaller Planungsbüro für Fachkräfte attraktiv
„Unsere Fantasie geht da sehr weit. Wenn wir uns das leisten könnten, würden wir auch noch einen Kinderhort bauen“, sagt Bernd Becker, während Andreas Göttgens zustimmend nickt.
Die beiden Geschäftsführer des Kaller Planungsbüros PE Becker wollen ihr Unternehmen mit einem Millionenbetrag im mittleren einstelligen Bereich für die Zukunft rüsten und das Arbeitsumfeld für die Mitarbeiter so attraktiv gestalten, dass man im härter werdenden Wettbewerb um kluge Köpfe weiter gute Chancen hat.
Und noch eine Entscheidung der beiden Chefs weist in die Zukunft: Das Büro wurde in ein stiftungsgeführtes Unternehmen umgewandelt. Becker ist 63 Jahre alt, Göttgens vier Jahre jünger. Das Planungsbüro hat nach ihren Angaben zurzeit rund 40 Mitarbeiter, die sich um Projekte in den Bereichen Hoch- und Tiefbau, Städtebau sowie Bauleit-, Umwelt- und Freiraumplanung kümmern.
„Unsere Auftraggeber kommen aus einem Umkreis von rund 130 Kilometern und in einzelnen Fällen auch darüber hinaus“, erzählt Becker. Man übernehme aber keine Vorhaben in den benachbarten Benelux-Staaten.
In Kall wird das gesamte Arbeitsumfeld neu gestaltet
„Ursprünglich wollten wir nur eine neue Zufahrt zu unserem Gelände bauen, weil die vorhandene unübersichtlich ist“, sagt Göttgens. Doch dann sei die Corona-Pandemie gekommen und habe gezeigt, dass PE Becker auf Punkte wie digitale Konferenzen oder Heimarbeit nicht gut vorbereitet gewesen sei. „Da saßen dann manchmal drei Mitarbeiter in einem Büro und haben versucht, an verschiedenen Meetings teilzunehmen.“
Auch für das Thema Elektromobilität sei man derzeit nicht gerüstet. „Deshalb haben wir entschieden, auf diese veränderten Rahmenbedingungen zu reagieren und das komplette Arbeitsumfeld der Mitarbeiter neu zu gestalten“, berichtet Göttgens.
Die Beschäftigten seien nach der Corona-Pandemie wieder gerne ins Büro nach Kall gekommen, und das solle auch in Zukunft so bleiben. „Wir werden bei dem Projekt auch alle Register in puncto erneuerbare Energien ziehen“, sagt Becker mit Nachdruck.
PE Becker will bei erneuerbaren Energien „alle Register ziehen“
Nachhaltigkeit spiele eine große Rolle: „Das wird auch von den Mitarbeitern eingefordert.“ In einem ersten Schritt wird gerade eine Parkgarage mit 40 Stellplätzen gebaut. „Ein großer Teil der Kollegen wird auch künftig mit einem Auto zur Arbeit kommen“, sagt Göttgens. Aktuell sehe es so aus, dass in den nächsten 20 Jahren vor allem auf Elektromobilität gesetzt werde.
„Deshalb werden alle neuen Parkplätze auch mit Ladestationen ausgestattet“, so der 59-Jährige. Die Stationen wiederum sollen von einer Photovoltaikanlage auf dem Dach der Parkgarage gespeist werden.
„Der Fuhrpark mit zehn Firmenautos soll auch auf Elektrofahrzeuge umgestellt werden“, berichtet Göttgens. Umweltfreundlich seien schon die Mitarbeiter, die eines der 15 vergünstigten Jobräder gekauft haben, unterwegs.
Die Arbeiten an der Garage sollen im Frühjahr abgeschlossen sein. Anschließend soll der Anbau am Eingangsbereich abgerissen werden. „Für die betroffenen Mitarbeiter werden übergangsweise Bürocontainer auf die Parkgarage gestellt“, erklärt Göttgens.
Auch eine Play-Station für die Mitarbeiter ist im Gespräch
Der bislang eingeschossige Anbau am Eingangsbereich soll durch einen Neubau mit zwei Etagen ersetzt und so die Fläche auf rund 600 Quadratmeter verdoppelt werden. Auch ein Teil der nicht mehr benötigten Parkplätze werde bebaut. Damit die Sicht auf den schönen Altbau aber nicht zu stark beeinträchtigt wird, soll die obere Etage etwas versetzt in den Hang hinein errichtet werden.
„Wir brauchen einen größeren Konferenzraum mit Platz für alle Mitarbeiter, großzügige Aufenthaltsräume und Teeküchen“, sagt Becker. Auch Freizeitangebote wie beispielsweise ein Kicker, ein Billardtisch oder vielleicht auch eine Play-Station seien geplant. „Wir wollen Willkommenskultur leben.“
Zum Schluss soll dann der Altbau saniert werden. „Die Räume haben hohe Decken und bislang keine Klimatisierung. Das Gebäude muss modernisiert werden“, so Becker. Nach Abschluss der Arbeiten werde es in allen Abteilungen „nur Arbeitsplätze erster Klasse“ geben.
Becker und Göttgens halten „den Standort Kall für so gut, dass sich die Investition lohnt“. Man habe auch darüber nachgedacht, näher an die A1 zu ziehen, diesen Gedanken dann aber relativ schnell wieder verworfen. „Am gewachsenen Standort kann man seine Unternehmensphilosophie besser leben“, meint der 63-Jährige.
Becker und Göttgens halten den Standort Kall für zukunftsträchtig
„Eine Arbeitsstelle im ländlichen Raum hat Nachteile wie beispielsweise schlechte ÖPNV-Verbindungen. Auch, um die zu kompensieren, müssen wir den Mitarbeiter ein sehr attraktives Arbeitsumfeld bieten“, meint Becker.
Sein Kompagnon unterstreicht, wie wichtig gute Mitarbeiter sind: „Unser Büro bietet Dienstleistungsprozesse an, die im Kopf beginnen und dann in eine Planung münden. Da braucht man kreative Leute.“
Bislang habe man bei der Suche nach qualifiziertem Personal auch von einer Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Aachen profitiert. „Wir haben mit dem Büro schon fünf Bachelor- oder Masterarbeiten betreut.
Die Studenten kommen von hier und bleiben dann oft nach ihrem Examen bei uns.“„Ich wurde bei Bewerbungsgesprächen in den vergangenen Jahren immer mal wieder gefragt, wie lange ich noch an Bord bin“, erzählt Becker.
Die Frage sei angesichts seines Alters ja auch legitim. Er habe dann mit Göttgens überlegt und eine Lösung gefunden: „Um die Zukunft des Unternehmens unabhängig von Erbfolgen zu machen und die Arbeitsplätze langfristig zu sichern, haben wir entschieden, das Planungsbüro in ein stiftungsgeführtes Unternehmen umzuwandeln. Im Vorstand und im Aufsichtsrat der Stiftung sitzen die leitenden Mitarbeiter des Unternehmens.“
Wenn jemand altersbedingt oder aus anderen Gründen aus den Gremien ausscheide, werde er ersetzt. Göttgens betont: „Die Stiftungslösung ist für jüngere Leute in höheren Positionen eine Zukunftsperspektive.“ Mit dem gemeinnützigen Teil der Stiftung würden Studenten der FH Aachen unterstützt.
1960 wurde das Kaller Unternehmen PE Becker gegründet
„Mein Vater Karl-Wilhelm Becker war beim Bauamt des Kreises Schleiden beschäftigt und hat sich 1955 als Architekt selbstständig gemacht“, erzählt Geschäftsführer Bernd Becker. Das erste Büro habe sein Vater in der Kaller Bahnhofstraße eröffnet.
1960 wurde dann die Planungs- und Entwicklungsgemeinschaft K.W. Becker (Kurz PE) gegründet. „1974 hat mein Vater dann das Gebäude am heutigen Standort an der Kölner Straße gekauft. Das war das ehemalige Wohnhaus des Direktors der Kaller Bleihütte“, erinnert sich sein Sohn. Er übernahm das Planungsbüro im Jahr 2001.
Andreas Göttgens, den Becker schon von der Schulzeit in Steinfeld her kannte, kam 1995 in das Unternehmen und ist seit 2020 Geschäftsführer.