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Kreis EuskirchenEine Woche mit dem E-Auto unterwegs – Der große Test

Lesezeit 5 Minuten

Der e.Go hat eine Reichweite von nur 100 Kilometern. Das macht die Planung einer Tour umso wichtiger.

  1. Die Redaktion dieser Zeitung ist eine Woche lang mit einem E-Auto unterwegs.
  2. Sie testet den Wagen auf Reichweite, Komfort und Alltagstauglichkeit.
  3. Die Umstellung fällt leichter als gedacht, auch wenn manches besonders bleibt.

Kreis Euskirchen – Günther Schuh will es der Autoindustrie zeigen. Der Hochschul-Professor aus Aachen hat mit dem e.Go Life ein Elektro-Auto auf den Markt gebracht, das mit kleinem Akku, geringer Reichweite und kompakter Größe der perfekte Kurzstreckenfahrer sein soll. Mit David Muggli hat Schuh einen Vertriebspartner in Zülpich gefunden, der große Stücke auf die E-Mobilität hält. „Die E-Mobilität ist wie ein schöner Virus. Wer einmal davon infiziert ist, will sie nicht mehr missen“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Zülpicher Priogo AG.

600 e.Go will das Zülpicher Unternehmen bis Ende des Jahres noch ausliefern. Priogo hat der Redaktion einen e.Go Life zur Verfügung gestellt. Ich soll testen, wie der Kreis Euskirchen bei der E-Mobilität aufgestellt ist. Was läuft gut? Was nicht?

Kleiner City-Flitzer – oder doch nicht?

Nüchtern betrachtet, bringt der e.Go Life alles mit, was man für den Alltag in der Stadt braucht. Er ist zwar nur wenig größer (3,35 Meter) als ein Smart Fortwo, hat aber vier Sitzplätze. Allerdings: Wenn vier Personen im Auto sitzen, ist der Platz im kleinen Kofferraum recht überschaubar. Für einen Kasten Bier reicht er definitiv nicht aus. Das ändert sich, wenn die Rücksitze umgelegt werden. Dann kann der Wocheneinkauf locker transportiert werden.

Eins steht für mich schnell fest: Das Smartphone darf vor und während der Fahrt mit dem e.Go nicht fehlen. Die Reise mit dem E-Auto muss nämlich geplant sein. Ladesäulen gibt es zwar auch im Kreis Euskirchen immer mehr (allein die e-regio hat nach eigenen Angaben 125 Ladepunkte installiert), aber bei weitem nicht flächendeckend – auch nicht in Köln.

Ein Blick auf die TankE-App im Smartphone hilft mir bei der Planung der ersten richtigen Fahrt. Unter diesem Dach haben sich viele Betreiber öffentlicher Lade-Infrastruktur zu einem Netzwerk zusammengeschlossen und betreiben so bundesweit Ladestationen für Elektrofahrzeuge.

Doppelte und dreifache Planung hilft beim Erreichen des Ziels

Der Neumarkt in Köln ist von Euskirchen 43 Kilometer entfernt, da der e.Go aber nur eine Reichweite von 100 Kilometern hat, ist eine doppelte und dreifache Planung hilfreich. Schließlich ist es für mich eine E-Premier. Und trotz aller durchgespielten Eventualitäten ist die Fahrt nach Köln geprägt von einer großen Nervosität. Ich blicke ständig auf die Akku-Anzeige. Um noch ein bisschen sicherer als sicher zu gehen, übe ich mich in Enthaltsamkeit: keine Heizung, kein Radio, kein Vollgas. Als auf der Autobahn die Anzeige, die den Akkustand in Prozent angibt, gefühlt alle 500 Meter sinkt (zu vergleichen mit einem zwei Jahre alten Smartphone, mit dem man Musik hört und gleichzeitig Videos auf Youtube anschaut), wünsche ich mir eine Powerbank herbei und gehe meine Planung wieder und wieder durch.

In den Kofferraum des e.Go passen zwei Rucksäcke. Wenn die Rückbank umgeklappt ist, sogar der gesamte Wocheneinkauf.

In Köln angekommen, stellt sich heraus, dass sämtliche Sorgen unbegründet waren. Die Heizung hätte durchaus arbeiten können. Als ich auf die Vorgebirgsstraße abbiege, sind die beiden Ladesäulen im ausgeguckten Parkhaus noch besetzt. Plan B und C sind im Kopf schon konzipiert. Kurz vor dem Neumarkt schaue ich noch mal aufs Smartphone. Es gibt eine freie Ladesäule. Mit Vollgas ins Glück. Die Rückfahrt ist dann ein Kinderspiel – obwohl ich immer noch oft nach dem Schaltknüppel greife, den ich gar nicht benötige. Ich fahre in Saus und Braus und lebe die E-Auto-Dekadenz aus. Das Radio läuft – auch die Sitzheizung. Ein voller Akku und die Gewissheit, dass in Euskirchen die Konkurrenz um die Ladesäule auf dem Annaturmplatz geringer ist, als die in der Vorweihnachtszeit in der Kölner Innenstadt, lassen einen fast euphorisch werden.

Basisausstattung ist wirklich nur Basis

Ich merke dem e.Go an, dass darin viele Teile verbaut worden sind, die günstig zu haben waren. Das gilt auch für sämtliche technischen Features. Wer das Basismodell für 12.000 Euro (nach Prämienabzug) möchte, muss unter anderem auf Klimaanlage, Sitzheizung und Parkassistenten verzichten. Mit ein bisschen Komfort kratzt auch der e.Go Life schnell an der 20 000-Euro-Marke. Da das Test-Modell zur First Edition gehört, fehlt ein weiteres Feature, das moderne E-Autos eigentlich haben und meine Nerven geschont hätte: die Rekuperation. Die Zurückgewinnung von Energie ist für ein Elektroauto eine wichtige Eigenschaft, denn indem der E-Motor als Generator arbeitet und bremst, wird der Akku geladen. Das erhöht die Reichweite. Weil das Rekuperieren nicht funktioniert, ist der Verbrauch der First Edition entsprechend hoch, die Planung umso wichtiger.

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Auch das Laden dauert lange. Ist der Akku komplett leer, muss der e.Go sechs Stunden am Stromkabel hängen. In einer Zeit, in der das Handy am liebsten ohne Kabel geladen wird, Kopfhörer per Bluetooth mit dem Smartphone verbunden werden, ist das nicht zeitgemäß. Die Ladezeit gilt es vor Fahrtantritt zu bedenken. Nutzt man den e.Go als reines Stadtauto, ist das – zumindest bei den ersten Tests – zu verschmerzen.

„Ein Elektroauto macht nur in der Stadt richtig Sinn“, sagt Erfinder Schuh. Der Dozent an der RWTH Aachen kennt sich mit Elektromobilität aus: Er steckt hinter dem erfolgreichen Elektro-Transporter Streetscooter – und verkaufte dieses Unternehmen 2014 an die Deutsche Post.

Das Fahren ist übrigens purer Spaß. Der E-Motor beschleunigt von 0 auf 50 km/h in nur 3,4 Sekunden. Den ersten tiefergelegten Golf habe ich mit dem e.Go schon stehen lassen. Die Testfahrt in die Eifel kann kommen.