AboAbonnieren

Erdbeben in der AntikeGeologe verfolgt Theorie zum Römerkanal in Euskirchen

Lesezeit 4 Minuten
Römerkanal

Den Aufschluss des Römerkanals bei Breitenbenden zeigt Dr. Gösta Hoffmann  den Studenten der Uni Bonn. 

  1. Dr. Gösta Hoffmann von der Universität Bonn geht einer neuen Theorie nach.
  2. Gab es womöglich ein Erdbeben im Kreis und ist dieses mit dem Römerkanal nachzuweisen?
  3. Mit dem Geophysiker Prof. Dr. Andreas Kemna und der Wissenschaftlichen Mitarbeiterin Sabine Kummer erläuterte er seinen Ansatz.

Kreis Euskirchen – Gab es in der Antike ein starkes Erdbeben in der Eifel? Und kann dieses Ereignis in den Kalkablagerungen im Römerkanal von Nettersheim nach Köln möglicherweise heute noch abgelesen und vielleicht sogar genau datiert werden?

Das sind die Fragen, denen der Geologe Dr. Gösta Hoffmann von der Universität Bonn nachgeht. Denn er interpretiert zwei prägnante Stellen im Römerkanal anders, als das bisher der Fall ist. Veröffentlicht hat er seine These im International Journal of Earth Sciences, einer Fachzeitschrift mit Schwerpunkt Geowissenschaften.

Römerkanal

Als die Grenzen zweier Baulose seien bisher die beiden Befunde angesehen worden, mit denen er sich für seine Erdbeben-Theorie intensiv beschäftigt habe, erläuterte er einer Studentengruppe, mit der er eine Exkursion in die Eifel machte. Vom Grünen Pütz über das Sammelbecken in Eiserfey ging es nach Breitenbenden, wo es einen Aufschluss des Römerkanals gibt. Hier zeigte er der Gruppe Beschädigungen in der Besinterung des Kanals, die seiner Ansicht nach für seine Erdbeben-These sprechen.

Mit dem Geophysiker Prof. Dr. Andreas Kemna und der Wissenschaftlichen Mitarbeiterin Sabine Kummer erläuterte er seinen Ansatz. „Wir sind keine Archäologen“, betonte er. Dass aber der Römerkanal interessante Aufschlüsse für sein Fachgebiet geben könne, sei aufgefallen, als eine Mitarbeiterin eine Karte der verschiedenen geologischen Platten und eine des Römerkanals übereinander gelegt habe.

Reparaturspuren

Als „Holzheim Fault“ wird eine geologische Störung bezeichnet, an der zwei tektonische Platten aufeinandertreffen. An zwei Stellen in diesem Bereich kreuze der Römerkanal. Dort sei jeweils ein Versatz im Bauwerk dokumentiert. Dies sei einmal eine Stelle bei Lessenich, bei der ein Versatz von 35 Zentimetern festgestellt worden sei. Dort sei ein Bauwerk gefunden worden, das bislang als Tosbecken angesehen werde. Außerdem gebe es eine Stelle bei Breitenbenden mit einem Versatz von 15 Zentimetern. „Hier sind innerhalb des Kanals Reparaturspuren erkennbar“, so Hoffmann.

Dort seien auch die Spuren der Kanalbaustelle archäologisch gesichert worden. Besonders interessant sei, dass parallel zu dem Kanal über mehrere Jahre eine Holzleitung geführt worden sei. Genau in diesem Punkt sind die Experten uneinig (siehe „Für Prof. Grewe ist das Unsinn“). Die bisherige Lesart sei, dass der Durchstich durch den „Grünen Winkel“, einen Felssporn, noch nicht fertig gewesen sei. Da die Wasserleitung jedoch in Betrieb genommen werden sollte, habe man sich bis zur Fertigstellung des gemauerten Bauwerks mit der Holzleitung beholfen.

Andere Erklärungen

Doch es sei auch eine andere Erklärung möglich. Danach sei an dieser Stelle der Kanal durch das Erdbeben gekippt und habe durch die Schäden kein Wasser mehr führen können. Denn ein Erdbeben der Magnitude 5 bis 6 hätte sichtbare Schäden hinterlassen müssen. Um die Leckage zu umgehen, sei über vier Kilometer die Holzleitung geführt worden. Zur Reparatur sei an der zweiten Stelle bei Lessenich das Tosbecken errichtet worden.

Sollte sich die These bewahrheiten, so sei es möglich, den Zeitpunkt des Erdbebens genau zu bestimmen. Denn die als Besinterung bezeichneten Kalkablagerungen im Kanal ermöglichen laut Hoffmann, ganz ähnlich wie die Jahresringe eines Baumes, eine genaue Datierung der Störung.

Das könnte Sie auch interessieren:

„Der Kanal ist über 190 Jahre, von 80 bis 270 nach Christus in Betrieb gewesen“, so Hoffmann. Mit drei Proben des Kalksinters könnte eine Datierung erfolgen. Die Hoffnung sei, einen „Hiatus“ zu finden, also eine Zeitspanne, in der keine Ablagerungen erfolgt seien. „Das ist aber ein invasives Verfahren“, sagt Hoffmann. Das bedeutet, dass Teile der Ablagerungen zerstört werden müssen. Dafür habe er bislang keine Genehmigung durch die Behörden erhalten.

Doch Hoffmann, der bereits im Oman an Wasserkanälen, die seit Jahrtausenden in Betrieb sind, ähnliche Untersuchungen durchgeführt hat, ist zuversichtlich. „Das ist eine interdisziplinäre Fragestellung. Wir müssen lernen, mit anderen Fachgebieten zusammenzuarbeiten“, betont Hoffmann.

Außerdem seien diese neuen Fragestellungen ein wichtiges Argument, den Römerkanal unbedingt zu schützen und zu erhalten. Hoffmann: „Es gibt immer wieder neue Erkenntnisse.“