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„Et Elena lernt Karneval“Die elf liebsten Karnevalslieder unserer Volontärin

Lesezeit 6 Minuten
Axel Breuer und Elena Pintus sitzen am Wohnzimmertisch und sprechen über Musik.

Axel Breuer entführte Elena Pintus in seinem Wohnzimmer in Euskirchen vier Stunden in die karnevalistische Musik.

Volontärin Elena bekommt Nachhilfe in Sachen kölscher Musik und wählt ihre Top 11 Karnevalslieder aus.

Mit einer musikalischen Nachhilfestunde beginnt Tag Eins meines karnevalistischen Integrationsprogramms. Bevor ich kommende Woche richtig loslege, muss ich ausreichend vorbereitet werden. Textsicherheit auf Kölsch ist da ein Muss – oder zumindest sollte ich die wichtigsten Lieder erkennen. Also habe ich mich mit Axel Breuer, eingefleischtem Karnevalsmusiker und „Euskirchener Jung“ getroffen, um meine persönlichen Top 11 der besten kölschen Hits auszuwählen.

Ich kann so viel vorweg nehmen: Mein Lieblingslied hat am Ende alle überrascht und ist um die 40 Jahre alt. Wir treffen uns bei Axel zuhause im Wohnzimmer. Seelische Unterstützung für die nächsten vier Stunden erhalte ich von Haushund Benni. Die ist auch dringend nötig: Während wir die Songs besprechen und bewerten, diskutieren wir auch über Grundsatzfragen. Was dürfen Karnevalslieder, sind die Texte zuweilen sexistisch? Hat man als Außenstehende dabei überhaupt ein Mitspracherecht?

Karnevalsorden für 22 Lieder vergeben

Weil so viele Lieder für die Bewertung infrage kommen, hat ein karnevalsvernarrter Kollege eine Vorauswahl von 22 Songs getroffen. Darunter sind elf Klassiker und elf moderne Interpretationen. Das Beste: Ich weiß vorher nicht, was ich zu hören bekomme. Bewertet wird nach Schunkelfaktor, Stimmungsfaktor und Ohrwurmfaktor. Dafür gibt es dann zwischen einem und fünf Karnevalsorden. Los geht es mit „Treuer Husar“, das laut Axel „einfach zu jedem Karneval dazugehört“. Als ich anmerke, dass man dazu vermutlich gut schunkeln kann, werde ich korrigiert: „Schunkeln kann man eigentlich nur auf einen Walzer, also auf einen Dreivierteltakt.“

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Elenas jecke 11

Elenas jecke 11

Ich persönlich bin davon überzeugt, dass mich kein Takt vom Schunkeln abhalten kann. Ansonsten kann mich der treue Husar aber nicht überzeugen, deshalb gibt’s nur drei von fünf Orden. Weiter geht es mit „Denn wenn et Trommelche jeht“. Finde ich ganz schlimm, zwei von fünf Orden von mir.

Es geht um Zusammenhalt, dass alle gleich sind, egal wo man herkommt. Das macht für mich den Kölner Karneval aus.
Axel Breuer, Musiker

Übrigens: Axel hat parallel dazu auch eine eigene Wertung abgegeben. Allerdings lautet die durchgängig: „Fünf von fünf Orden!“ Diesen Enthusiasmus kann ich zumindest beim nächsten Lied teilen. „In unserem Veedel“ von den Bläck Fööss bekommt von mir vier von fünf Orden und hat es damit als erstes in meine Top 11 geschafft. Auch Axel ist begeistert. „Es geht um Zusammenhalt, dass alle gleich sind, egal wo man herkommt. Das macht für mich den Kölner Karneval aus. Veedel, das muss nicht unbedingt nur ‚Unser Viertel‘ bedeuten, das kann auch die Stadt oder das Dorf sein, wo man herkommt. Eben die Heimat.“

Ist „lecker Mädche“ sexistisch?

Mit „Blootwoosch, Kölsch un e lecker Mädche“ gehen unsere Meinungen aber auseinander. Wer sich erinnert: Jüngst entbrannte eine Diskussion darum, ob das Lindner-Hotel in Köln seine Bar mit jenem Spruch bewerben dürfe oder ob er sexistisch sei. Ich fände es nicht cool, in einem Zug mit Blutwurst und Kölsch genannt zu werden. Ich bin kein Konsumgut. Aber ich bin auch nicht von hier. Wer daran also seinen Spaß hat, der soll ihn weiterhin haben, wenn alle Beteiligten einverstanden sind.

„‚Lecker Mädche‘ ist das schönste Kompliment, das man einer Frau im Karneval machen kann, egal wie alt sie ist. Das kann ein junges Mädchen sein oder eine 90-Jährige“, erklärt Axel: „Lecker ist einfach als toll zu verstehen, nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich.“ Von mir gibt es trotzdem nur drei Orden – überzeugen kann mich die Argumentation nicht.

Liebeserklärungen an die Kindheitsfreundinnen

Um bei lecker Mädche zu bleiben, kommen wir nun zur Kategorie „Traurige Liebeslieder“, wie ich sie nenne. Was mich „Ming eetste Fründin“ (3,5 Orden) und „Polterovend“ (drei Orden) lehren: Kölsche Frauen heißen Marie und Katharina. Und kölsche Männer schreiben gern Lieder über Frauen, die einen anderen heiraten. Besser schneiden bei mir „Unsere Stammbaum“ und „Echte Fründe“ mit je vier Orden ab. Wenn es um Zusammenhalt und ein bisschen Heimweh geht, kriegt man mich. Und darum geht es, neben den leckeren Marien, häufig.

Meine ersten und in der Kategorie der traditionellen Lieder einzigen fünf Orden erhält „Dat Wasser vun Kölle“ – und wird in der Endwertung auch mein Gesamtsieger. Überraschend, aber „eine gute Wahl, eine sehr gute Wahl“, sagt Axel dazu. „Das ist ein echter Gospel“, erklärt er. Zudem sei der Text sozialkritisch: „Das Lied ist entstanden, als das Wasser im Rhein noch richtig übel war.“ Denn darum geht es ihm zufolge in dem Text: Um das schmutzige Kölner Wasser und um die Kölner, die trotzdem behaupten, dass das Wasser vollkommen in Ordnung sei. „Das ist ja auch so ein Ding: Wenn ich mich über meine Stadt beschwere, ist das ok. Aber wenn Leute das machen, die nicht von hier sind, dann will ich das nicht. Wenn wir uns als Euskirchener beschweren, dann weil wir etwas verbessern wollen.“

„Kölsche Jung“ von Willy Milowitsch und „Der schmucke Prinz“ schneiden bei mir mit drei, beziehungsweise 2,5 Orden ab, weil ich sie ein wenig altbacken finde. Insgesamt punkten die modernen Songs mehr bei mir. „Leev Marie“ erhält fünf Orden, auch wenn es ebenfalls in die Kategorie „Traurige Liebeslieder“ fällt. Ebenfalls fünf Orden erhalten die Brings-Version von „Kölsche Jung“ sowie „Guten Morgen Barbarossaplatz“. Beide Songs machen mir dann doch mehr Spaß als erwartet.

Sessionshit „Prinzessin“ schneidet weniger gut ab

Eher durchschnittlich fand ich dagegen „Prinzessin“ (3,5 Orden). Axel verrät mir, dass es sich dabei um den Hit der Session handeln könne. Auch wenn er aus Prinzip fünf Orden vergibt, so toll finde er den Song auch nicht. Auch „Wolkeplatz“, „Stääne“, „Bella Ciao“ und „Mir sind 1“ finde ich nicht schlecht, aber richtig abholen können sie mich nicht. Sie erhalten je 3,5 Orden. Ebenfalls in meine Top 11 schafft es „Stadt met K“ mit vier Orden. Weitere melancholische Heimweh-Lieder in meiner Top Elf sind „Et jitt kein Wort“ und „Su lang de Leechter noch brenne“ mit je vier Orden.

Und wer jetzt ganz aufmerksam gezählt hat, bemerkt, dass wir zwar 22 Lieder besprochen haben, aber nur zehn in meiner Top 11 sind. Deshalb stellen Axel und ich noch zwei Songs vor, die wir unbedingt dabei haben wollen. Für mich kommt „Nie mehr Fastelovend“ von Querbeat auf meinen Platz elf. Vielleicht, weil es das erste Kölsche Lied ist, das ich kennengelernt habe, nachdem ich nach Köln gezogen bin. Für Axel ist „Tommi“ von Annenmaykantereit unverzichtbar: „Es geht darum, als junger Mensch aus der Heimat zu ziehen. Aber irgendwann zieht es einen zurück in die Heimat, weil man will, dass die eigenen Kinder dort aufwachsen, wo man selbst großgeworden ist.“


Et Elena lernt Karneval

Gestatten: Ich bin’s, Elena. Der ein oder andere hat meinen Namen vielleicht schon mal in dieser Zeitung gelesen. Ich bin 27 Jahre alt und seit etwa anderthalb Jahren Volontärin in der Euskirchener Lokalredaktion. Ursprünglich komme ich aus der Nähe von Bremen.

Mit Karneval hatte ich daher bisher wenig Berührungspunkte. Für meine Kolleginnen und Kollegen ist ein Karnevalsmuffel in der Redaktion nicht vertretbar. Deshalb haben sie mir ein karnevalistisches Integrationsprogramm erstellt.

Begleitet mich zwei Wochen lang dabei, wie ich alle wichtigen Stationen des Euskirchener Karnevals durchlaufe und aus Sicht eines „Imis“ kommentiere. Mal kritisch, mal freudig überrascht, aber immer mit einem Augenzwinkern – eben genau, wie es zu Karneval passt.