Der Wasserverband Eifel-Rur und sechs beteiligte Kommunen skizzieren den aktuellen Stand der Hochwasserschutzplanung. Bis Oktober 2026 soll das Konzept stehen.
HochwasserSchutzkonzept für den Südkreis Euskirchen soll erst 2026 vorliegen
Wenn es regnet, dann kommt auch die Erinnerung. Sobald die Pegel an Urft und Olef steigen, gehen die Gedanken vieler Menschen in den von der Flutkatastrophe getroffenen Gebieten wieder zurück zum Juli 2021. Immer noch ist die Flutkatastrophe in vielen Köpfen präsent und die Angst vor einer Wiederholung der Ereignisse groß. Und immer wieder wird die Frage gestellt, was eigentlich gemacht wird, um ein neuerliches Hochwasser zu verhindern oder wenigstens zu reduzieren. Denn dass sich tatsächlich etwas ändert, ist vielfach (noch) nicht zu sehen. Zumindest äußerlich.
Hinter den Kulissen, sozusagen im Maschinenraum der verschiedenen Verwaltungen, herrschen rege Aktivitäten, von dem die Menschen an den Flüssen wenig mitbekommen. Um das zu ändern und den aktuellen Stand bei der Erstellung des Hochwasserkonzeptes öffentlich zu machen, haben der Wasserverband Eifel-Rur (WVER) und die sechs beteiligten Kommunen Hellenthal, Kall, Schleiden, Nettersheim, Dahlem und Blankenheim am Freitagmittag eine Pressekonferenz in das Schleidener Rathaus veranstaltet.
Hochwasserschutzkonzept soll erst im Oktober 2026 vorliegen
Zweieinhalb Jahre sind seit der Flut vergangen, doch die Zeitplanung für das Konzept hat andere Dimensionen. Bis zum Oktober 2026 soll es dauern, bis es abgeschlossen ist und konkrete Maßnahmen definiert worden sind, so das aktuelle Vorhaben.
Der Grund für diesen langen Zeitrahmen ist die aufwendige Erstellung eines digitalen Modells, an dem die verschiedenen Projekte in ihrer Wirksamkeit getestet werden können. „Die Maßnahmen sind teuer und sind nur zu finanzieren, wenn sie gefördert werden“, so Dr. Gerd Demny, Dezernent für Gewässer beim WVER. Das Konzept diene als Nachweis für die Sinnhaftigkeit der geplanten Projekte. Und wenn das Konzept fertig sei, dauere es noch, bis die definierten Hochwasserschutzmaßnahmen auch umgesetzt seien.
Ein „digitaler Zwilling“ der natürlichen Umgebung müsse erarbeitet werden, um damit die Auswirkungen von Projekten simulieren zu können. Die dafür nötigen Daten seien in den vergangenen Jahren erhoben worden. Zurzeit werde die Erstellung des digitalen Modells ausgeschrieben. Bis Anfang 2025 solle das fertig sein. Dann könne die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen geprüft werden.
„Die Umsetzung aller Maßnahmen dauert mit Sicherheit mehr als ein Jahrzehnt“, prognostizierte Dr. Joachim Reichert, Vorstand des WVER. Die einzelnen Projekte würden nach Priorität, aber auch nach der Möglichkeit der Realisierung abgearbeitet. Denn jede einzelne Maßnahme müsse noch genehmigt und gefördert werden. „Je besser das Konzept ist, desto schneller ist die Genehmigung möglich“, sagte er.
Land NRW muss für Finanzierung der Schutzmaßnahmen tief in die Tasche greifen
Eine Förderquote zwischen 40 und 80 Prozent sei möglich, je nach Förderprogramm, sie könne aber auch noch höher ausfallen, so Demny. „Da kommt viel an Förderbedarf, da auch andere Gebiete betroffen sind, zum Beispiel an der Erft“, warnte er. Es müsse sichergestellt sein, dass diese hohen Beträge auch über den langen Finanzierungszeitraum fließen. „Es wird sicherlich nicht funktionieren, wenn man diese Mittel nach Kassenlage bereitstellt“, warnte Reichert.
Der Politik, aber auch den Fachleuten sei klar, dass es ein Investitionsrahmenprogramm zum Thema Hochwasserschutz geben müsse „Man wird es nur schaffen, wenn man eine langfristige und solide, aber auch gerichtsfeste Finanzierungsgrundlage hat“, so Reichert.
Denn wenn alle vom Hochwasser betroffenen Kommunen gleichzeitig Finanzierungsbedarf anmeldeten, sei das Budget von derzeit 50 bis 60 Millionen Euro landesweit pro Jahr, die für den Hochwasserschutz bereitstehen, schnell erschöpft. Allein zwei Regenrückhaltebecken, die der WVER aktuell an Vicht und Inde plant, kosten 30 Millionen Euro. „Wenn die betroffenen Regionen alle ans Bauen kommen, muss da eine Null hinter den Betrag“, forderte Hermann-Josef Esser, Bürgermeister von Kall. Denn Hochwasserschutz sei Daseinsvorsorge.
Bau der neuen Platißbachtalsperre bei Hellenthal ist ein zentrales Projekt
Ein zentrales Projekt im Hochwasserschutz ist die Platißbachtalsperre. Zu der Machbarkeit erstellt der WVER eine Studie, die ihren Abschluss wie das Hochwasserschutzkonzept im Herbst 2026 finden soll. 27 potenzielle Standorte für eine Talsperre oder ein Rückhaltebecken wurden am Platißbach untersucht. Die sollen ein Volumen zwischen zwei und 25 Millionen Kubikmeter und eine Stauhöhe von rund 34 bis 57 Meter besitzen.
Außerdem wurden am Reifferscheider und am Manscheider Bach 25 Standorte für Rückhaltebecken definiert. „Der Reifferscheider Bach war ein großer Schadensbringer“, so Demny.
Was am Ende an Platiß- und Prethbach tatsächlich gebaut werden könnte, soll erst 2026 im Rahmen des Gesamtkonzeptes festgelegt werden, um auch die Auswirkungen auf die anderen Maßnahmen ermitteln zu können. Vorher eine Diskussion zu führen und Befürchtungen entstehen zu lassen, ergebe keinen Sinn, betonte Demny.
„Wenn man eine Talsperre bauen will, dann ist das nur möglich, wenn man nicht nur einen Nutzen hat, sondern mehrere, wie zum Beispiel den Hochwasserschutz und die Trinkwassergewinnung“, sagte Reichert. Auch werde das Talsperrensystem des WVER entlastet. Wenn einer aus der Phalanx von Nutznießern ausscheide oder Fläche nicht zur Verfügung gestellt werde, werde eine Talsperre nicht zu bauen sein. Deshalb müsse der Plan einer Talsperre die unterschiedlichsten Anforderungen unter einen Hut bringen. „Wir steuern auf einen Kompromiss zu“, prognostizierte er, doch ein solcher solle in Ruhe entwickelt werden.
Die ersten Sofortmaßnahmen in den Eifel-Gemeinden wurden umgesetzt
Neben der langwierigen Erstellung des Hochwasserschutzkonzeptes haben die beteiligten Kommunen eine Reihe von Sofortmaßnahmen entwickelt, die in der nächsten Zeit realisiert werden sollen oder teilweise sogar schon begonnen worden sind. Seit Oktober 2023 ist der förderunschädliche Maßnahmenbeginn durch die Bezirksregierung Köln erteilt worden.
Gemeinde Hellenthal: Oberhalb des Gewerbegebietes in Blumenthal soll ein Rückhaltebecken am Schmalebach gebaut werden. Hier seien bereits die ersten Gespräche mit den Grundeigentümern geführt worden, so Jonathan Klein von der Gemeinde Hellenthal. Die Bereitschaft zum Flächentausch sei da. Demnächst solle die Abstimmung mit der Bezirksregierung erfolgen.
Gemeinde Kall: Drei Maßnahmen stellte die Gemeinde Kall vor. So soll oberhalb von Urft ein Rückhaltebecken am Gillesbach entstehen. „Wir streben an, das über den Wiederaufbauplan zu finanzieren, weil wir die Bahntrasse und die Landesstraße damit schützen“, so Esser. Auch werde oberhalb des Sötenicher Sportplatzes eine Rückhalteeinrichtung gebaut, die auch einen neuen Abfluss benötige, erläuterte Eduard Zubiks. Dazu sollten zwei Regenrückhaltebecken am Kaller Gewerbegebiet ertüchtigt werden, so dass ihr Volumen von 2000 Kubikmeter auf 4000 Kubikmeter verdoppelt wird.
Gemeinde Nettersheim: Eine Maßnahme am Römerplatz konnte bereits abgeschlossen werden. Hier wurden ein Damm, eine Rechenanlage und Fluttore gebaut, die im Falle eines Hochwassers geschlossen werden können. Weitere Projekte sind in Planung.
Stadt Schleiden: Der Lompig-Bach, der unter der Gemünder Jugendherberge fließt, soll im Fall eines Hochwassers daran vorbeigeleitet werden. Neue Retentionsflächen sollen in Malsbenden geschaffen werden.