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EU-ProjektKreis Euskirchen will mit Miniwäldern und Schilfgras Folgen der Klimakrise mildern

Lesezeit 4 Minuten
Die Sonne scheint auf zahlreiche grüne Miscanthushalme, die in den blauen Himmel ragen.

Soll gut fürs Klima und für die Landwirte sein: Der Kreis Euskirchen möchte den Anbau von Miscanthus testen.

Der Kreis Euskirchen ist eine von sechs europaweiten Pilotregionen, in denen Konzepte zur Klimaanpassung getestet werden.

Es klingt wie eine Binsenweisheit: Es habe sich gezeigt, dass Landschaften mit intakten Ökosystemen am widerstandsfähigsten gegen Klimarisiken wie Dürreperioden, Hitzewellen oder die Verschlechterung landwirtschaftlicher Böden sind. So heißt es in der Beschreibung des EU-Projekts „Land4Climate“.

Das Projekt unter der Leitung der TU Dortmund will „der Natur in der kontinentalen Region Europas wieder mehr Raum verschaffen“. Und der Kreis Euskirchen ist eine von sechs Pilotregionen in Europa, die Teil dieses Vorhabens sind. Hier sollen Konzepte zur besseren Anpassung an die Klimakrise erforscht und umgesetzt werden. Dabei gehe es um naturbasierte Lösungen, heißt es in der Beschreibung weiter. Konkret: „Entsiegelung, Renaturierung und Begrünung von versiegelten und bewirtschafteten Flächen.“

Kleine Wälder und Parks sollen in Innenstädten im Kreis Euskirchen entstehen

Der Kreis Euskirchen will in diesem Rahmen Klimaparks und Miniwälder an größeren Wohnkomplexen von Innenstädten anlegen. „Diese sollen Hitzeinseln reduzieren, Wasser zum Beispiel bei Starkregen besser zurückhalten und die Biodiversität fördern“, teilt der Kreis auf Nachfrage mit. Bei den Klimaparks handele es sich um Grünanlagen mit Kräutern, Gehölzen und Bäumen. Die Miniwälder seien, wie der Name sagt, kleine Wälder, die mehr oder weniger die Größe eines Tennisplatzes haben sollen. Nach dem aktuellen Zeitplan sollen diese Maßnahmen im kommenden Frühjahr fertiggestellt sein, heißt es vom Kreis.

In beiden Fällen kooperiert er mit privaten Grundstückseigentümern. Das ist bei „Land4Climate“ so vorgesehen. „Dieser Ansatz ist wichtig, um naturbasierten Lösungen zum Durchbruch zu verhelfen und in der Gesellschaft zu verankern“, heißt es in der Projektbeschreibung.

Schilfgras – gut fürs Klima und die Landwirte?

Ebenfalls in Planung ist eine Kooperation mit Landwirten im Kreis. Dabei geht es um die Anpflanzung von Miscanthus, oder weniger wissenschaftlich: Schilfgras. Die Pflanze hat laut „Land4Climate“ viele Vorteile: „Miscanthus ist eine schnell wachsende Pflanze und kann daher eine beträchtliche Menge an CO₂ aus der Atmosphäre im Boden speichern.“

Daneben beuge sie Bodenerosion vor, diene als Puffer gegen Überschwemmungen, entziehe dem Boden Phosphor und könne zudem als Rückzugsort für Wildtiere und Insekten dienen. Denn das Schilfgras wird erst im Frühjahr geerntet, bleibt also über den Winter stehen.

Gleichzeitig könne die Pflanze vielseitig verarbeitet werden. Beispielsweise ließen sich daraus Pflanzensubstrat, Verpackungsmaterial, Hygieneartikel oder Heizpaletten herstellen. Damit könne das Schilfgras eine zusätzliche Einnahmequelle für Landwirte darstellen.

Kreis Euskirchen will mit Förderprogramm Schottergärten bekämpfen

Und noch ein weiteres Angebot will der Kreis im Rahmen von „Land4Climate“ in diesem Jahr starten. Mit Klimapatenschaften will man Grundstücksbesitzer motivieren, eigene Flächen, wie Schottergärten, klimafreundlicher zu gestalten. Das wird laut Kreis so funktionieren: Die Eigentümer entsiegeln die Flächen, der Kreis bepflanzt sie dann standortgerecht und klimaangepasst. „Voraussetzung ist hier, dass die Fläche in einem vom Klimawandel stark gefährdeten Bereich liegt“, teilt der Kreis mit. Genauere Informationen dazu sollen im Spätherbst folgen.

Schon im vergangenen Jahr wollte der Kreis Privateigentümer in Sachen Klimawandelanpassung mit ins Boot nehmen. Bei Klimaspaziergängen wollte man zeigen, wie ein klimafreundliches, naturnahes Grundstück aussehen könnte. Doch die Spaziergänge wurden alle mangels Interesse abgesagt.

Auch eine Umfrage zum Thema Klimawandelanpassung im Rahmen des „Land4Climate“-Projekts stieß nur auf geringes Echo. Rund 700 Menschen nahmen daran teil, weniger als ein Prozent der Kreisbevölkerung.

Vielleicht gelingt es mit der Aussicht auf ein hübsch bepflanztes Beet, mehr Menschen auf das Thema aufmerksam zu machen. Denn dass der Klimawandel nicht vor dem Kreis Euskirchen Halt macht, ist auch längst eine Binsenweisheit.


Klimawandel wirkt sich auch auf das Wetter im Kreis Euskirchen aus

„Bisher war es sehr, sehr nass.“ Die Analyse des bisherigen Jahres von Wetterexperte Dr. Karsten Brandt dürfte kaum jemanden überraschen. Brandt betreibt die Wetterstation Donnerwetter am Weißen Stein und sieht bereits deutliche Auswirkungen des Klimawandels in der Region.

Am Weißen Stein sei die Durchschnittstemperatur im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte um 2,5 Grad gestiegen. Während es dort in den 1950er- und 1960er-Jahren im Mittel fünf bis sechs Grad warm gewesen sei, sei man inzwischen bei acht Grad angekommen. Sichtbar werde das durch den Rückgang der Schneetage.

Warme Meere sorgen für mehr Niederschlag

Und auch in diesem Jahr habe die Durchschnittstemperatur in vielen Monaten über dem bisherigen Mittel gelegen. Je nachdem, wie die verbleibenden vier Monate verlaufen, könne es sogar noch eines der wärmsten Jahre aller Zeiten werden, so Brandt.

Doch auch wenn es Erderwärmung heißt: Den Klimawandel spürt man nicht nur durch steigende Temperaturen. Die Auswirkungen zeigten sich auch an den großen Witterungs-Schwankungen, sagt Brandt. Auf Phasen extremer Trockenheit folgten Phasen mit sehr viel Niederschlag. In Schleiden und Hellenthal werde bis Ende September so viel Regen gefallen sein, wie sonst in einem ganzen Jahr.

Der viele Regen hänge vor allem mit den hohen Temperaturen des Atlantiks zusammen. „Die Meere um uns herum sind so warm“, sagt Brandt. Das könne noch auf einen ruppigen Herbst hinaus laufen.